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Weniger Ressourcenverbrauch durch das Recht auf Reparatur
News | 07.12.2022
#Kreislaufwirtschaft

Weniger Ressourcenverbrauch durch das Recht auf Reparatur

Einfaches Werkzeug zum Auschtausch von Ersatzteilen
© Maria Domnina/Pixabay
Einfaches Werkzeug zum Austausch von Ersatzteilen

Um das Potenzial der Reparatur für eine nachhaltigere Ressourcennutzung auszuschöpfen, braucht es eine entsprechende politische Förderung. Denn beim Thema Reparieren klaffen Wunsch und Wirklichkeit häufig weit auseinander. Mit dem Recht auf Reparatur soll das Reparieren wieder einfacher und attraktiver werden. Der Weg dorthin ist jedoch nicht einfach und von Verzögerungen gekennzeichnet.

Die Forderung nach diesem Recht und das Entstehen einer internationalen Reparaturbewegung ist einer Entwicklung der letzten Jahrzehnte geschuldet: Produkte werden in immer höheren Stückzahlen und augenscheinlich immer preisgünstiger hergestellt. Gleichzeitig haben sich aber auch die Bedingungen für das Reparieren von Produkten ständig verschlechtert, was dazu führt, dass wir die Dinge in unserem Alltag immer kürzer nutzen und schneller entsorgen.

Es liegt auf der Hand, dass diese Art und Weise zu konsumieren nicht nachhaltig ist. Nicht nur die Sammlung und Wiederverwertung von Elektroaltgeräten muss also viel besser funktionieren. Wir brauchen auch einen generellen Wandel im Umgang mit unseren Produkten und eine Wiederbelebung der Reparaturkultur. Defekte Elektrogeräte werden derzeit nicht einmal in einem von vier Fällen repariert. Das Potenzial, den Verbrauch wertvoller Rohstoffe für neue Produkte sowie von tonnenweise CO2 zu reduzieren, das vor allem bei der Produktion von Geräten entsteht, ist noch riesig, wie eine Studie im Auftrag des Unternehmens Wertgarantie zeigt.

Der Weg zu einer neuen Reparaturkultur

Viele Menschen möchten zwar gerne häufiger reparieren, schrecken aber vor hohen Reparaturkosten zurück, erhalten keine Ersatzteile oder die Diagnose „unreparierbar!“ Deshalb braucht die Reparatur bessere Rahmenbedingungen in Form eines Recht auf Reparatur. Dieses Recht beinhaltet die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen in Bezug auf eine Reparatur und die Frage, ob ein Produkt repariert wird, was genau repariert wird und durch wen die Reparatur erfolgen soll.

Eine Säule des Recht auf Reparatur bezieht sich dabei auf das Produkt selbst: Smartphones, Kühlschränke, Toaster, Schuhe und Co. müssen reparaturfreundlich designt sein. Typische Ersatzteile – bei einem Smartphone wären das beispielsweise Display, Akku und Lampe, bei einem Schuh die Sohle oder der Absatz – sollten mit normalem Werkzeug austauschbar sein, ohne dass beim Austausch andere Teile des Produkts in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die zweite Säule betrifft den Zugang zu Ersatzteilen: Hersteller, Händler und Importeure müssen ab Inverkehrbringen eines Produkts einen diskriminierungsfreien Zugang zu Ersatzteilen, Informationen und Diagnosetools schaffen – auch für unabhängige Reparaturwerkstätten und Verbraucher*innen. Wichtig hierbei: Der Preis der Ersatzteile sollte in einem begründbaren Verhältnis zum Neupreis des Produkts stehen, damit er eine Reparatur nicht verhindert.

Drittens müssen Verbraucher*innen bessere Informationen über Möglichkeiten der Reparatur zur Verfügung stehen: Informationen über Ersatzteilkosten, Reparierbarkeit und die Dauer der Software-Unterstützung sollten am Verkaufsort über einen Reparierbarkeitsindex deutlich sichtbar sein und Reparaturfreundlichkeit zum Verkaufsargument machen. Darüber hinaus sollten breit angelegte Informations- und Aufklärungskampagnen den Stellenwert einer längeren Produktnutzung für den Ressourcen- und Umweltschutz deutlich machen und die Bedeutung von Reparaturmöglichkeiten hierfür herausstellen.

Katrin Meyer
Typische Ersatzteile – bei einem Smartphone wären das beispielsweise Display, Akku und Lampe, bei einem Schuh die Sohle oder der Absatz – sollten mit normalem Werkzeug austauschbar sein.
Katrin Meyer, Runder Tisch Reparatur
Koordinatorin

Neben diesen drei Säulen gibt es weitere wichtige Elemente eines Rechts auf Reparatur, beispielsweise die Pflicht zur langfristigen Bereitstellung von Software-Updates und das Untersagen von Reparatur verhindernder Software. Auch ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Reparaturdienstleistungen und eine Subventionierung in Form eines Reparaturbonus können die Kosten für Reparaturen senken und diese für Verbraucher*innen attraktiver machen.

Reparieren attraktiver machen und Verbraucher*innen entlasten

Sowohl die EU als auch die Bundesregierung haben die Notwendigkeit und das Potenzial der Reparatur inzwischen anerkannt. Das Right to repair ist ein wichtiges Element der europäischen Kreislaufwirtschaftspolitik und wird bereits durch Reparierbarkeitsanforderungen für verschiedene Produktgruppen teilweise umgesetzt. Vor wenigen Tagen einigten sich die Vertreter*innen der Mitgliedstaaten darauf, dass in der EU auf den Markt gebrachte Smartphones und Tablets künftig besser reparierbar werden müssen.

In Deutschland wurde mit dem Regierungswechsel 2021 das Recht auf Reparatur auch zum ersten Mal als Ziel im Koalitionsvertrag verankert. Kurz nach Amtsantritt kündigte die Ampel-Koalition ein Aktionsprogramm an, um Reparaturen bundesweit zu fördern. Die Inhalte des Programms stehen jedoch ein Jahr nach Regierungsbildung noch nicht fest – die Veröffentlichung der Strategie verschiebt sich von Monat zu Monat. Damit vergibt die Regierung die Chance, Reparaturpolitik als Entlastungspolitik zu nutzen. Denn wer Reparieren wieder attraktiver macht, entlastet nicht nur unsere Ressourcen, sondern auch die Bürger*innen finanziell.

Dabei kann die Bundesregierung sich an europäischen Nachbarn orientieren, die es mit der Reparaturförderung ernster nehmen als Deutschland. So erleichtern Frankreich, Österreich oder Schweden mit Maßnahmen wie Reparaturbonus-Systemen, einem Reparaturindex oder der Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturen nicht nur Reparaturen im eigenen Land, sondern treiben auch die EU-Gesetzgebung voran.

Denn auch die Brüsseler Gesetzgebung stockt. Ökodesign-Prozesse verzögern sich auf unbekannte Zeit und die ursprünglich für Juli 2022 angekündigte Initiative der EU-Kommission für ein Recht auf Reparatur wurde von einem internen Kontrollgremium gestoppt. In den Verhandlungen über europäische Anforderungen zu Ersatzteilverfügbarkeit, reparaturfreundlichem Produktdesign und die Verfügbarkeit von Software-Updates kommen viele Stimmen zu Wort – auch die der internationalen Tech-Giganten. Umso wichtiger ist die Arbeit der europäischen Reparaturbewegung, die auf die Probleme der Reparierenden aufmerksam und sich in den politischen Prozessen für ein ambitioniertes Recht auf Reparatur stark macht.

Die Autorin

Katrin Meyer arbeitet als Koordinatorin für den Runden Tisch Reparatur, der sich als Netzwerk aus Umwelt- und Verbraucherschützer*innen, ehrenamtlichen und gewerblichen Reparateur*innen und weiteren Akteuren für ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur in Deutschland und Europa einsetzt.

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