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Wind Power Action Plan: Booster für die EU-Windkraftindustrie
EU-News | 09.11.2023
#Klima und Energie

Wind Power Action Plan: Booster für die EU-Windkraftindustrie

Windräder im Meer
© pixabay / PTNorbert

Steigende Zinsen, langwierige Verfahren und ein verschärfter Wettbewerb: Die Gründe für den schleppenden Ausbau der Windenergie in Europa sind vielfältig. Mit dem Mitte Oktober vorgestellten EU-Windpaket will die EU-Kommission das Ziel von 500 Gigawatt installierter Windenergieleistung bis 2030 erreichen.

Michael Bloss, EU-Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, forderte, beim Ausbau der Windkraft den „Booster“ einzuschalten: 2022 wurde mit 16 Gigawatt nicht einmal die Hälfte der Windenergieleistung installiert, die die EU benötigt, um ihre Klimaziele bis 2030 zu erreichen. „Europa darf nicht länger zurückbleiben, während die USA und China den Windenergie-Sektor dominieren. Eine kluge Industriepolitik bringt Markt und Staat zusammen“, so Bloss. Abhilfe will die EU-Kommission mit dem EU-Windpaket schaffen, das sie am 24. Oktober präsentierte. Es besteht aus dem „Europäischen Windenergie-Aktionsplan“ und einem Bericht mit Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau der Offshore-Windenergie.

Dem Konkurrenzdruck durch billigere Anbieter etwa aus China will die EU-Kommission durch einen veränderten Bieterwettbewerb begegnen: So sollen die Mitgliedstaaten, um die Wirtschaftlichkeit für europäische Anbieter zu erhöhen, bei ihren Auktionen und Ausschreibungen von der reinen Orientierung am günstigsten Angebot abrücken. Vorgesehen ist, dass künftig „objektive und nichtdiskriminierende Kriterien in Bezug auf Cybersicherheit und Datenspeicherung, Nachhaltigkeit und Schutz des Meeresbeckens sowie Maßnahmen zur Maximierung der Umsetzungsrate der Projekte“ in die Verfahren aufgenommen werden. Auch von „handelspolitischen Schutzinstrumenten“ und „Wachsamkeit gegenüber ausländischen Direktinvestitionen“ ist im Communiqué die Rede. Damit soll sichergestellt werden, dass die europäische Energieinfrastruktur in europäischer Hand bleibt und gleichzeitig europäischen Herstellern der Zugang zu ausländischen Märkten erleichtert wird. Bis Ende März 2024 will die EU-Kommission dazu Empfehlungen und Leitlinien vorlegen.

Beschleunigte Genehmigungsverfahren und Fachkräfteförderung

Steigende Zinsen, Inflation und höhere Stahl- und Rohstoffpreise machen das Geschäft mit der Windenergie für die Turbinenhersteller immer unrentabler. Dem will die Kommission unter anderem mit dem Net-Zero Industry Act und einem erleichterten Zugang zu EU-Finanzierungen und Subventionen entgegenwirken.

Als weiteres Hemmnis für Windkraftprojekte identifiziert die EU-Kommission die schleppende Umsetzung der Genehmigungsverfahren: Abhilfe soll ein Online-Tool schaffen, das die Mitgliedstaaten bei den Genehmigungsverfahren unterstützt. Auch von der Digitalisierung der Verfahren erhofft man sich eine schnellere Projektrealisierung.

Neben Finanzierungs- und Verfahrensfragen ist der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften im Windenergiesektor ein Problem beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier setzt die EU-Kommission auf den „Kompetenzpakt“ (Pact for Skills), der Projekte fördern soll, welche die Kompetenzentwicklung für den Sektor der erneuerbaren Energien unterstützen. In der Diskussion sind zudem spezielle Schulungsprogramme durch so genannte „Netto-Null-Akademien“.

Mit dem Bericht über die „Umsetzung der EU-Ziele im Bereich der erneuerbaren Offshore-Energie“ sollen Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, welche die länderübergreifende Zusammenarbeit beim Stromnetzausbau voranbringen. Dazu will die EU-Kommission noch im November einen „Aktionsplan zur Erleichterung des Netzausbaus“ vorlegen.

Umweltverbände appellieren, Nachhaltigkeitskriterien nicht zu vernachlässigen

Grundsätzlich begrüßen viele Umweltverbände, dass das EU-Windpaket die überragende Relevanz der Windenergie für das Erreichen der EU-Klimaziele und der Energiesicherheit hervorhebt. Auch die Qualifizierung von Fachkräften sowohl in den Genehmigungsbehörden wie bei den Anlagebauern und die Digitalisierung der Verfahren stößt auf Zustimmung.

Kritisiert wird jedoch, dass es unter dem Vorwand der Verfahrensbeschleunigung meist zum Abbau von Beteiligungsrechten kommt. „Die Einschränkung öffentlicher Erörterungstermine, die Reduzierung des inhaltlichen Prüfprogramms und die Beschränkung des Rechtsweges sorgen für weniger Bürgerbeteiligung, Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit“, betonte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) anlässlich der Verabschiedung des sogenannten „Deutschlandpakts“ zur Planungsbeschleunigung durch Bund und Länder am 6. November. Statt immer mehr etablierte Standards abzubauen, sollten die zahlreichen bereits beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüfen werden.

„Europa muss aufpassen, Natur- und Klimaschutz nicht endgültig zu Gegnern zu machen“, kommentierte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger den geplanten Ausbau der Offshore-Windenergie im EU-Windpaket. Auf Druck der deutschen Bundesregierung sei die EU-Notverordnung verlängert worden. „Das wollen selbst Teile der Windenergiebranche nicht, sie befürchten insbesondere auf dem Meer Rechtsunsicherheiten durch den Verzicht auf Umweltverträglichkeitsprüfungen. Den Ausbau der Windenergie auf Kosten von Arten und Lebensräumen voranzutreiben, führt zu nichts anderem, als dass sich Klimakrise und Artensterben wechselseitig verstärken”, so Krüger weiter. Er warb eindringlich dafür, eine kluge, nachhaltige Standortentscheidung zu treffen: „Mehr Tempo bei zu hohen nationalen Ausbauzielen in der kleinen Nordsee in schlechtem Zustand führt zur ökologischen Katastrophe!“ [ym]

 

Pressemitteilung EU-Kommission: Commission sets out immediate actions to support the European wind power industry

EU-Kommission: European Wind Power Action Plan (Download)

Pressemitteilung Michael Bloss: Wind Power Action Plan: Vorfahrt für Windräder

Artikel Euractiv: Brüssel plant neues Paket zur Unterstützung der EU-Windindustrie

Deutschlandfunk: Interview mit DNR-Geschäftsführer Florian Schöne

Deutsche Umwelthilfe (DUH): Deutschlandpakt als Vorwand

WWF: Pressestatement zum EU-Windpaket und dem State of the Energy Union Report

NABU: Windkraftpaket der EU-Kommission: Zwei Schritte vor, einer zurück

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