WWF: „Wahlprogramme von Union und SPD bleiben weit hinter dem Notwendigen zurück“
CDU/CSU und die SPD haben am 17. Dezember ihre Wahlprogramme für die Bundestagwahl präsentiert. Der WWF hat sie analysiert und festgestellt, dass beide Programme die systemischen Zusammenhänge zwischen Klimaschutz, Naturschutz und wirtschaftlicher Transformation nicht ausreichend thematisieren. Die Wahlprogrammentwürfe anderer Parteien sind noch nicht final beschlossen.
Lesen Sie hier den Kommentar von Heike Vesper, Vorständin Transformation und Politik beim WWF Deutschland:
„Die nächste Bundesregierung - egal in welcher Konstellation - muss Klima- und Naturschutz als zentrale Zukunftsaufgaben begreifen und mit konkreten, ambitionierten Maßnahmen unterlegen. Ein bloßes ‚Weiter so’ wird den Herausforderungen nicht gerecht. Die Wahlprogramme von Union und SPD bleiben bei den drängenden Zukunftsthemen Klimaschutz und Artenkrise deutlich hinter dem Notwendigen zurück. Beide Parteien müssen nachlegen, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Schutz der biologischen Vielfalt und der Umbau der Wirtschaft müssen in der kommenden Legislaturperiode deutlich beschleunigt werden. Die rückwärtsgewandten Pläne der Union – wie das Zurück zur Atomenergie und das Festhalten am ‚Verbrenner’ – helfen nicht dabei, dass Land zu modernisieren. Als einzige der drei Parteien bekennen sich die Grünen zum Kohleausstieg 2030 und zum ‚Auslaufmodell’ der fossilen Energieerzeugung. Der Atomausstieg steht für die Grünen nicht zur Disposition – und das ist richtig so.
Wir brauchen flexible und zielgerichtete Investitionsmöglichkeiten, um unsere Zukunft und unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Zur Finanzierung des notwendigen Umbaus zeigen SPD und Grüne mit der Reform der Schuldenbremse und dem Deutschlandfonds konkrete Wege auf, lassen aber noch klare Förderkriterien für Unternehmen vermissen. Die CDU erkennt den hohen Investitionsbedarf in die Infrastruktur. Sie verpasst aber die Chance, auf wirksame Lösungen wie eine grundlegende Reform der Schuldenbremse oder ein Infrastruktur-Sondervermögen zurückzugreifen. Stattdessen gräbt sie eine Wirtschaftspolitik vergangener Jahrzehnte wieder aus und hofft, so das Wirtschaftswachstum anzukurbeln: mit einem großen Paket an Steuerentlastungen, ohne zu sagen, wie das finanziert und wie sozialer Ausgleich gestaltet werden soll.
Auch beim Naturschutz zeigen sich grundlegende Unterschiede und große Leerstellen: Die Union räumt dem Thema zwar etwas Platz ein, lässt den Naturschutz aber überall dort zurücktreten, wo es zu Konflikten mit Landnutzenden kommen könnte. Statt Kompromisse zu suchen, ordnet die Union konsequent den Naturschutz rein kurzfristigen Wirtschaftsinteressen unter. Die SPD beschränkt sich weitgehend auf unverbindliche Naturschutzprosa, lässt konkrete gesetzliche Maßnahmen vermissen und blendet die internationale Dimension völlig aus. Lediglich die Grünen werden bei der Umsetzung internationaler Verpflichtungen wie der EU-Renaturierungsverordnung und der Montrealer Weltnaturschutzkonvention konkret und nennen auch Maßnahmen zur Bereitstellung der notwendigen Flächen.
Die systemischen Zusammenhänge zwischen Klimaschutz, Naturschutz und wirtschaftlicher Transformation werden in den Wahlprogrammen nicht ausreichend thematisiert. Der ökologische Umbau braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen, Zielvorgaben und transparente Förderkriterien für Unternehmen. Zudem muss das Aktionsprogramm ‚Natürlicher Klimaschutz’ auch als naturbasierte Lösung gegen Wetterextreme mit ausreichender Finanzierung fortgeführt und die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie mit Leben gefüllt werden. Nur wenn Klimaschutz, Naturschutz und Wirtschaftspolitik zusammen gedacht werden und eine Beteiligung der Menschen im Land etwa mit einem Klimageld – wie im Programm der Grünen – gestaltet wird, kann die Transformation gelingen.“
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