Europäische Energiewende: gerechter Übergang im Fokus
Eine bevorstehende Abstimmung im Regionalausschuss über den Fonds für einen gerechten Übergang bereitet 62 NGOs Kopfzerbrechen. Auch EU-Kommission und Mitgliedstaaten beschäftigt der Fonds. Wie eine klimafreundliche Energieversorgung gelingen kann, zeigt derweil ein NGO-Bericht.
„Unheilvolle Allianz“ von Gasförderern?
Am Montag stimmt der Ausschuss für regionale Entwicklung (REGI) im EU-Parlament voraussichtlich über seinen Bericht zum Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Funds, JTF) ab. Der Fonds soll EU-Länder und -Regionen, die stark von der Kohleförderung und –nutzung abhängig sind, dabei unterstützen, bis 2050 treibhausgasneutral zu werden. 62 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter das Climate Action Network (CAN) Europe, das Europäische Umweltbüro (EEB), ClientEarth, Friends of the Earth Europe, Greenpeace, Transport & Environment und der WWF, befürchten aber, dass Abgeordnete der Fraktionen EVP (konservative Europäische Volkspartei), EKR (Europäische Konservative und Reformer) sowie Renew Europe ein Schlupfloch für die Förderung von Erdgas und dessen Infrastruktur offenlassen. Aus diesem Grund wenden sich die Organisationen in einem offenen Brief an den REGI. Sie fordern die Mitglieder auf, alle fossilen Energieträger, auch Gas, aus dem Fonds auszuschließen – so wie es die Mitgliedstaaten im Rat vergangene Woche getan hätten.
Außerdem stimmen die Ausschussmitglieder über zwei Stellungnahmen ab: zum europäischen Klimaschutzgesetz und zum Europäischen Jahr der Schiene 2021.
Open letter to REGI Members: Just Transition has to be fossil fuel-free
NGOs: Klimaneutralität bis 2040 ist machbar
Eine neue Untersuchung des Climate Action Network (CAN) Europe und des Europäischen Umweltbüros (EEB) zeigt, dass die EU bereits im Jahr 2040 treibhausgasneutral werden kann. Auch ein höheres europäisches Klimaziel 2030, nämlich CO2-Einsparungen von 65 Prozent im Vergleich zu 1990, ist möglich. Das Paris-kompatible Szenario für Energie-Infrastrukturen haben die beiden Organisationen gemeinsam mit Netzbetreibern, Industrievertreter*innen und Wissenschaftler*innen entwickelt und am Dienstag vorgestellt.
Laut Analyse kann der EU-weite Energiebedarf bis 2040 durch Einsparmaßnahmen um die Hälfte gesenkt werden. Insbesondere energetische Gebäudesanierungen, mehr Effizienz im Verkehrsbereich, Modernisierung von Produktionsprozessen in der Industrie, sparsamere Haushaltsgeräte sowie der Einsatz von mehr Sekundärrohstoffen (durch Wiederverwendung und Recycling) tragen zur Effizienz bei, so EEB und CAN Europe.
Darüber hinaus muss der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere Wind- und Solarenergie, in den kommenden Jahren massiv vorangebracht werden. Fossile Energieträger und Atomenergie haben hingegen keinen Platz im Szenario.
Report: Building an Paris Agreement Compatible (PAC) energy scenario
EU-Parlament: Speichertechnologien für Energie
Die Mitglieder des Industrieausschusses (ITRE) im EU-Parlament haben am Montag einen Bericht über Strategien zur Energiespeicherung beschlossen. Ihrer Ansicht nach ist mehr Speicherkapazität für eine sichere Energieversorgung erforderlich, da Solar- und Windenergie keine konstante Leistung haben. Deshalb schlagen sie Optionen zur Entwicklung von Wasserstoff und Batterien vor. Hierbei sollen dezentrale Speichermöglichkeiten wie Haus- und Autobatterien gefördert werden. Auch betonen die Abgeordneten, dass Forschung und Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft in der EU unterstützt werden sollen. Dies sei notwendig, um die Kosten von grünem Wasserstoff zu senken und ihn wirtschaftlich rentabel zu machen.
Der Bericht wird voraussichtlich während der Plenarsitzung vom 8. bis 10. Juli zur Abstimmung gestellt.
Dekarbonisierung: Europaabgeordnete wollen Energiespeicherung in der EU fördern
EU-Kommission: Plattform für einen gerechten Übergang
Die EU-Kommission hat am Montag die Plattform für einen gerechten Übergang (Just Transition Platform) offiziell gestartet. die Kohleregionen beim Wandel unterstützen soll. Die Plattform soll nach Angaben der Kommission den Ländern und Regionen der EU dabei helfen, sich die im Rahmen des Mechanismus für einen gerechten Übergang zur Verfügung stehende Unterstützung zu erschließen. Die Plattform soll als zentrale Anlaufstelle dienen, wenn Hilfestellung und Fachwissen im Zusammenhang mit dem gerechten Übergang benötigt werden. Alle relevanten Fakten sollen auf der Plattform ausgetauscht werden, einschließlich Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten‚ einschlägigen regulatorischen Neuerungen oder sektorenspezifischen Initiativen.
Plattform für einen gerechten Übergang
Ministerrat: Energiesektor und Fonds für einen gerechten Übergang
Vergangenen Donnerstag verabschiedete der Rat Schlussfolgerungen, in denen er dem Energiesektor eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Erholung der EU zuschreibt. Auch müsse „die europäische Wirtschaft grüner, kreislauforientierter und digitaler werden und gleichzeitig weltweit wettbewerbsfähig bleiben“. Für künftige Investitionen in die Dekarbonisierung müssten weitere Anreize geschaffen werden, „unter anderem durch eine Verbesserung des CO2-Marktes der EU sowie die gleichzeitige Ausarbeitung eines CO2-Grenzausgleichssystems, bei der die WTO-Regeln einzuhalten sind.“
Ebenfalls in der vergangenen Woche hat sich der Ausschuss der Ständigen Vertreter im Rat der EU auf eine partielle gemeinsame Verhandlungsposition bezüglich des Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fonds, JTF) geeinigt. Fossile Energieträger, auch Gas, sollen vollständig von der Förderung ausgeschlossen werden. Partiell ist die Position deshalb, da über die konkrete finanzielle Ausstattung erst mit dem Abschluss der Verhandlungen um den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR 2021-2027) beraten werden kann. [aw]
Reaktion auf die COVID-19-Pandemie im Energiesektor der EU: Rat nimmt Schlussfolgerungen an
Just Transition Fund: Council agrees on its partial negotiating position