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Alles fließt - von Erfolgen und Zerstörung am Weltflusstag
EU-News | 28.09.2020
#Wasser und Meere

Alles fließt - von Erfolgen und Zerstörung am Weltflusstag

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c. pixabay

Man steigt nie in den gleichen Fluss zweimal, denn alles fließt (πάντα ῥεῖ), wussten schon die alten Griechen. Aber der Zustand mancher Flüsse ist so bedenklich, dass das Hereinsteigen lieber unterlassen bleibt. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist lange nicht soweit, wie sie sein sollte, darauf wiesen am Weltflusstag am 27. September verschiedene Organisationen hin. Doch es gibt auch gute Nachrichten.

Euronatur meldet einen Erfolg für Albanien, denn das geplante Wasserkraftwerk Kalivaç werde nicht gebaut, da seien sich nach jahrelangem Engagement der Zivilgesellschaft für den Fluss Vjosa sowohl der albanische Premierminister Edi Rama als auch der zuständige Umweltminister einig. Zudem hat die Regierung die Obere Vjosa zum Nationalpark erklärt.

Der WWF Ungarn meldet einen "außergewöhnlichen Naturschutzerfolg", da dank einer erfolgreichen Petition, die von 10.000 Menschen unterzeichnet wurde, und durch Proteste anderer Umweltorganisationen und Einwohner von Budapest unterstützt wurde, einige der letzten verbliebenen Donauauen geschützt wurden. Auf der Hajógyári Insel werden keine umweltschädlichen Investitionen in einen Hochwasserschutz fließen, die den natürlichen Überschwemmungszyklus auf der Insel gestoppt hätte. Die Folgen für das Donauauengebiet wären verheerend für diese grüne Insel im Herzen der Hauptstadt und das gesamte Ökosystem gewesen. In den Hochwasserschutzplänen für die Insel war vorgesehen, mindestens 1000 Bäume aus dem wertvollen Auwald zu fällen. Über 80 Prozent der Auen entlang der Donau und ihrer Hauptzuflüsse sind bereits verloren gegangen - und mit ihnen bedeutende Fischbestände und andere wertvolle Ökosystemgüter und -dienstleistungen, mahnte der WWF.

In Rumänien arbeitet die Partnerschaft für eine lebendige Donau an der Wiederherstellung des Feuchtgebiets Garla Mare. In den nächsten acht Jahren haben der WWF Zentral- und Osteuropa (CEE), die Internationale Donau-Schutzkommission (International Commission for the Protection of the Danube River, ICPDR) sowie die Stiftung eines US-amerikanischen Limonadeherstellers viel vor: Die Renaturierung soll die Wasserrückhaltekapazität um 4.800 olympische Schwimmbäder (12 Millionen Kubikmeter) erhöhen und bis Juni 2021 eine Fläche von über 7.422 Fußballfeldern Feuchtgebietslebensräume (53 Quadratkilometer) wiederherstellen. Bislang hat die Partnerschaft in neun Projekten auf fast 6.000 Hektar in Österreich, Bulgarien, Kroatien, Ungarn, Rumänien und Serbien Feuchtgebiete wiederhergestellt.

Der NABU hat in seinem Blog Naturschütze retten darauf hingewiesen, dass das Bleischrotmunitionsverbot in Feuchtgebieten nach der erfolgreichen Abstimmung im REACH-Regelungsausschuss (EU-News 03.09.2020) erst beschlossen ist, wenn  - neben dem EU-Rat - auch das EU-Parlament zustimmt. Normalerweise sei die Zustimmung des Parlaments und seiner Ausschüsse nach einer so eindeutigen Abstimmung durch die Mitgliedstaaten eine reine Formalie. Beim Thema Bleischrot sei das anders, denn es gehe "um gewichtige finanzielle Interessen und die europäische Munitionsindustrie, darunter vor allem auch deutsche Hersteller", die die "weltweite Entwicklung hin zu bleifreier Jagdmunition verschlafen" haben. Ein Briefing soll die Parlamentarier*innen überzeugen, dem Bleimunitionsverbot in Feuchtgebieten zuzustimmen. Aber eine Umstellung auf bleifreie Jagd sei auch generell möglich.

Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit weisen Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt (UBA) daraufhin, dass sich die Wasserqualität vieler Flüsse sichtbar und messbar verbessert habe. Als 1990 die erste gesamtdeutsche Gewässergütekarte erstellt werden sollte, sei zur Beschreibung der Wasserqualität vieler ostdeutscher Flüsse eine zusätzliche Güteklasse eingeführt worden, nämlich "ökologisch zerstört". Vor 1990 hätten die ostdeutschen Flüsse zu den am stärksten mit Abwässern belasteten Gewässern Europas gehört. So sei zum Beispiel die Belastung mit Schwermetallen wie Quecksilber und persistenten organischen Chemikalien in vielen größeren ostdeutschen Flüssen seit Anfang der 1990er um mehr als 95 Prozent gesunken. UBA-Präsident Dirk Messner mahnte dennoch: "Die Ökosysteme in der Elbe erholten sich nach 1990 sehr schnell. Aber: Trotz der positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre erreichen aktuell nur sieben Prozent der Fließgewässer in Deutschland einen guten ökologischen Zustand, wie er nach EU-Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 erreicht sein soll. Und kein einziger Fluss ist in einem guten chemischen Zustand. Es bleibt viel zu tun."

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte zum Tag der Flüsse einen konsequenten Schutz für Fließgewässer und ihre Arten. Weltweit habe es einen drastischen Einbruch der Anzahl von Süßwasser-Lebewesen gegeben - ein Verlust von 84 Prozent in den letzten 50 Jahren. Die Bestände der europäischen Wanderfische seien um 93 Prozent eingebrochen. Die Bundesländer müssten die Renaturierung von Flüssen ambitionierter vorantreiben. Besonderes Augenmerk widmet die DUH der Weißen Elster, den Feuchtgebieten im Drömling und - zusammen mit polnischen Organisationen - der Oder.

Das BMU berichtet von einem "Meilenstein für die ökologische Entwicklung an der Unteren Mittelelbe" in Sachsen Anhalt, wo zurzeit eine Insel und damit neuer Lebensraum entsteht. Das BUND-Projekt "Lebendige Auen für die Elbe", das seit 2012 im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wird, soll dieses Jahr abgeschlossen werden. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt sagte: "Jungfische von strömungsliebenden Arten wie Zander, Aland oder Rapfen und Insekten, wie etwa Libellen, werden hier neue Lebensräume finden. Daher leistet diese Maßnahme auch einen bedeutenden Beitrag, um den ökologischen Zustand der Elbe im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu verbessern. Für den guten ökologischen Zustand, den die Richtlinie bis 2027 vorgibt, bedarf es jedoch noch vieler weiterer Anstrengungen."

Ein "ökologischer Trittstein" am Rhein, einer der meistbefahrenen Wasserstraßen Europas ist nun offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt: Auf 2,5 Kilometern Länge wurde innerhalb des größten hessischen Naturschutzgebiets "Kühkopf-Knoblochsaue" die Uferbefestigung entfernt und naturnah gestaltet. "So erhält der Oberrhein an dieser Stelle seine natürliche Dynamik zurück und neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen können entstehen", lobte das BMU. Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) überreichte die Auszeichnung und würdigte dabei das besondere Engagement der Bundeswasserstraßenverwaltung: "Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oberrhein hat hier ein beispielhaftes Projekt umgesetzt und dem Rhein am Kühkopf einen naturnahen Uferabschnitt zurückgegeben. Die Schifffahrt ist auch in Zukunft weiterhin ungehindert möglich. Die engagierten Kolleginnen und Kollegen haben damit gezeigt, dass es sich lohnt, die vorhandenen Möglichkeiten zur Renaturierung zu nutzen."

Bei allen Erfolgen der Renaturierung: Besser wäre es, so vorausschauend zu planen, dass dieser aufwendige Prozess gar nicht erst nötig wäre. Nach den Kriterien der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist auch der Zustand der Altmühl nicht zufriedenstellend. Der Bayrische Rundfunk berichtet über Renaturierungsprojekte und den Verlust ganzer Ökosysteme, dank der Begradigung vieler europäischer Flüsse Anfang des 20. Jahrhunderts. Nun wird für viel Geld ein Rückbau versucht, der aber Geduld braucht. Der BR zitiert den Gewässerökologen Andreas Hoffmann: "Was man über Jahrzehnte vermurkst hat, kann man nicht in wenigen Jahren zurückfahren und wieder in den natürlichen Zustand überführen". [jg]

Euronatur: Eilmeldung: Wasserkraftwerk Kalivaç wird nicht gebaut, so Premierminister Edi Rama

WWF Ungarn: Ill-Conceived Flood Control System is halted on Hajógyári Island in the Hungarian Danube

WWF CEE: Living Danube Partnership restoration of Garla Mare wetland in Romania is expected to further increase capacity for water retention by a 5.2 million m3

NABU-Blog: Europaparlamentarier: Bleischrotmunition jetzt verbieten!

UBA zu 30 Jahren Deutscher Einheit

DUH: Zum Tag der Flüsse fordert die Deutsche Umwelthilfe konsequenten Schutz für Fließgewässer und ihre Arten

BMU: Meilenstein für die ökologische Entwicklung an der Unteren Mittelelbe. Projekt „Lebendige Auen für die Elbe“ bei Lenzen endet mit Baggerbiss 

Renaturiertes Rheinufer in Hessen wird Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt

BR: Renaturierung: Flüsse erholen sich nur langsam

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Pestizide in europäischen Gewässern

Das Europäische Themenzentrum für Binnen-, Küsten- und Meeresgewässer (ETC/ICM) hat sich mit in Europa verfügbaren Daten zu Pestiziden befasst. Der Bericht "Pesticides in European rivers, lakes and groundwaters - Data assessment" analysiert Informationen über 180 Stoffe, die je nach Verwendung, Wirkungsweise, Umweltqualitätsnormen und analytischen Quantifizierungsgrenzwerten charakterisiert wurden. Bei Flüssen und Seen wiesen im Zeitraum 2007 bis 2017 zwischen 5 und 15 Prozent der Überwachungsstationen Überschreitungen der Umweltqualitätsstandards durch Herbizide und 3 bis 8 Prozent durch Insektizide auf. Die Überschreitungen im Grundwasser betrugen 7 Prozent bei Herbiziden und weniger als 1 Prozent bei Insektiziden. Es handelt sich dabei um das sogenannte Informationssystem zu Wasserdaten WISE-SoE im europäischen Umweltdatennetzwerk Eionet. Bei den für die Wasserrahmenrichtlinie WRRL erhobenen Daten zwischen 2010-2015 wiesen nur 0,4 Prozent bedenkliche Werte auf - allerdings werden bei der WRRL sehr viel weniger als 180 Stoffe überhaupt untersucht.

Technical Report 1/2020

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Das grüne Band Europas

Jedes Jahr im September finden die European Green Belt Days statt. EuroNatur nennt den grenzüberschreitenden Naturschutz entlang des Eisernen Vorhangs ein "zentrales europäisches Friedensprojekt". Über 12.500 Kilometer erstreckt sich das Grüne Band Europa als Korridor von Lebensräumen mit außergewöhnlicher Artenvielfalt entlang der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West von der Barentssee bis zum Schwarzen und Adriatischen Meer. Das Grüne Band Europa ist eine im Jahr 2003 von EuroNatur gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) ins Leben gerufene internationale Initiative. Das Grüne Band verbindet acht biogeographische Regionen und 24 Staaten miteinander. EuroNatur ist Regionalkoordinatorin des Abschnitts Grünes Band Balkan und Vorsitzende des Vereins European Green Belt Association e.V., der von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aus ganz Europa getragen wird. www.europeangreenbelt.org

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