Fischereirat hat bis Ende des Jahres einiges vor
Per Videokonferenz haben die für Fischerei zuständigen Minister*innen am 29. Juni ihre letzte unter kroatischer Ratspräsidentschaft fallende Sitzung abgehalten. Es stand viel auf der Agenda, doch entschieden wurde nichts. Dabei ist 2020 das Jahr, in dem die Überfischung ein Ende haben und der gesunde Zustand der Meere hergestellt sein soll. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat auch in puncto Meere und Fischerei viel zu tun.
Nachdem die EU-Kommission vor kurzem ihre Bilanz, ihre Empfehlungen und eine Konsultation zur Fischereipolitik veröffentlicht hat (EU-News 18.06.2020), ist zumindest allen klar, dass es noch viel zu entscheiden gibt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die für den Termin eigens nach Zagreb gereist war, äußerte sich jedoch eher vorsichtig zu den Themen auf der Tagesordnung: Der neue Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF) dürfe die Fangkapazitäten der EU nicht noch erhöhen (Hintergrundinformationen), die Fischereikontrollverordnung (Fortschrittsbericht des kroatischen Vorsitzes) müsse noch diskutiert werden ebenso wie die Fangquoten in der Ostsee (Mitteilung/Bilanz/Ausblick der EU-Kommision). Ausdrücklich begrüßt hat die Ministerin den Vermerk der EU-Kommission zur Verringerung von Beifängen wie Delfinen, wobei sie sich für konkretere Maßnahmen aussprach. Laut dpa-Europaticker beobachte Klöckner "eine positive Entwicklung", was die nachhaltiger befischten Fischbestände angeht, aber man sei noch lange nicht am Ziel. Dabei müssten aber sowohl die Ursachen als auch die Anliegen der Küstenfischerei beachtet werden.
Weitere Schritte
Fangquoten 2021:
- Mai/Juni/Oktober: Veröffentlichungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) über Fischbestände
- Bis Ende August: Öffentliche Konsultation zu den Fangmöglichkeiten 2021
- Ende August: Kommissionsvorschlag für Fangquoten in der Ostsee
- Mitte September: Kommissionsvorschlag für Fangquoten in Mittelmeer und Schwarzem Meer
- Oktober: Fischereiministerrat: Ostseefangquoten; EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag für Tiefseefischbestände
- Ende Oktober: Kommissionsvorschlag für Fangquoten in Atlantik und Nordsee
- November: Fischereiministerrat: Fangquoten Tiefseefischbestände; voraussichtlich Fangquoten Mittelmeer/Schwarzes Meer
- Dezember: Fischereiministerrat: Fangquoten: Atlantik/Nordsee
Europäischer Meeres- und Fischereifonds (EMFF) 2021-2027
Bis Ende des Jahres müsste der EMFF, der Teil des übergeordneten Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU ist, beschlossen sein, damit er am 1. Januar 2021 in Kraft treten kann. Die deutsche Ratspräsidentschaft muss MFR, EMFF, den 750-Millionen-Euro schweren EU-Wiederaufbauplan, den Haushalt 2021 und etliche weitere Finanzentscheidungen koordinieren.
Brexit und EU-Fischereipolitik
Auch der Brexit soll bis Ende des Jahres fertig verhandelt sein - und die in der Nordsee vorhandenen Fischbestände spielen dabei eine Rolle. Denn die EU möchte gern weiter in britischen Gewässern fischen, aber Großbritannien bindet keine völkerrechtliche Verpflichtung, EU-Flotten in den eigenen Regionen zuzulassen, dafür gibt es aber diverse bilaterale Abkommen und nicht zuletzt eine Kooperationspflicht unter UN-Gesichtspunkten (Hintergrundartikel Legal Tribune Online). Da auch deutsche Schiffe in britischen Gewässern fischen, werden diese Verhandlungen wohl einiger Diplomatie bedürfen, schon weil Boris Johnson die "Kontrolle zurückhaben" will. Dabei erlaubt der Vorschlag für die britische Fischereipolitik (Fisheries Bill) selbst schon die Überfischung der eigenen Gewässer, wie die Meeresschutzorganisation Oceana Mitte Juni kritisierte.
Deutschland übernimmt HELCOM-Vorsitz
Neben der EU-Ratspräsidentschaft und dem UN-Sicherheitsratsvorsitz übernimmt Deutschland ab dem 1. Juli auch den Vorsitz über die Ostsee-Meeresschutzkommission (Helsinki-Kommission, HELCOM). In diesem regionalen Meeresschutzabkommen arbeiten nicht nur die EU und die Ostseeanrainer-Staaten Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden, sondern auch Russland zusammen. Die Federführung hat hier allerdings das Bundesumweltministerium (BMU). Deutschland will laut BMU "die zentralen Umweltprobleme der Ostsee angehen: die Überversorgung mit Nährstoffen, Munitionsaltlasten, Meeresmüll, Unterwasserlärm und Klimawandel". Außerdem soll der Schutz mariner Arten und Lebensräume verbessert und dafür das Netzwerk mariner Schutzgebiete und sein effektives Management weiterentwickelt werden. Eine vertiefte Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen, Interessenverbänden und der Wissenschaft ist ebenfalls geplant - auch, um die Harmonisierung der HELCOM-Ziele mit der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu erreichen. [jg]
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