Klima und Energie kompakt vom 18.12.2020
Eine Konsultation zur EU-Taxonomie, transeuropäische Energienetze ohne fossiles Öl und Gas?, Sonder-Klimagipfel vom Wochenende, Banken und Konzerne für fossile Brennstoffe, Anpassung an den Klimawandel und ein Link zur Luftqualität.
Noch bis heute: Konsultation zu EU-Taxonomie
Wer sich noch an der öffentlichen Konsultation zu Klimaschutzaspekten des EU-weiten Klassifizierungssystems für nachhaltige Finanzprodukte (EU-Taxonomie) beteiligen möchte (EU-News vom 25.11.2020), kann dies noch bis heute Mitternacht tun.
Ein Bündnis von rund 130 Umweltorganisationen, Denkfabriken, Wissenschaftler*innen und Aktionär*innen, darunter der Deutsche Naturschutzring, der NABU, das Europäische Umweltbüro (EEB), Client Earth, Euronatur, Germanwatch, der WWF, die Naturfreunde International und das Umweltinstitut München, appellierte in diesem Zusammenhang an die EU-Kommission, die Kriterien in zehn Punkten nachzubessern. Beispielsweise müsse der Schutz kohlenstoffreicher Böden einen höheren Stellenwert erhalten. Auch würden die vorgeschlagenen Kriterien keine Wirkung entfalten, um die Herdengröße und die Viehbesatzdichte in Deutschland und der EU zu reduzieren. Zudem müsse die Förderung von Biomasse eingeschränkt und die von fossilen Energien konsequent gestoppt werden.
Darüber hinaus hat jede*r die Möglichkeit, einen entsprechenden Aufruf über die Website „Stop Fake Green“ an die EU-Kommission zu richten.
Civil society statement: ten priorities for the Climate Taxonomy
Kein Öl, kein fossiles Gas: Neue Schwerpunkte für transeuropäische Netzwerke
Die EU-Kommission will die Verordnung zu grenzüberschreitenden europäischen Netzwerken im Energiebereich (TEN-E) einschließlich der Liste für Projekte von gemeinsamem Interesse (projects of common interest, PCI) überarbeiten. Dazu hat sie am Dienstag einen Vorschlag vorgelegt. PCI-gelistete Energieprojekte erhalten besondere EU-Förderung und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Jedoch gab es zunehmend Kritik an den undurchsichtigen Auswahlkriterien dieser Projekte, zuletzt von der europäischen Bürgerbeauftragten Emily O'Reilly (EU-News vom 26.11.2020).
Darauf reagiert die Brüsseler Behörde nun anscheinend, denn in Zukunft soll es eine Verpflichtung für alle Projekte geben, verbindliche Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen und dem Prinzip der Schadensvermeidung (do no significant harm) zu folgen, wie es im Green Deal festgelegt ist.
Zudem sollen die Infrastrukturkategorien, die für eine Förderung in Frage kommen, aktualisiert und die Unterstützung für Erdöl- und Erdgasinfrastruktur beendet werden. Neue Schwerpunkte sollen stattdessen auf Stromnetzen von Offshore-Windanlagen und auf der Wasserstoffinfrastruktur liegen. Auch sollen vermehrt intelligente Stromnetze gefördert werden, um die Elektrifizierung und den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien voranzutreiben.
Klima- und Umweltschutzorganisationen bleiben jedoch skeptisch. Das Climate Action Network (CAN) Europe betonte, dass, auch wenn die direkte EU-Förderung für fossile Gaspipelines gestrichen wurde, die vorgeschlagenen Regeln immer noch gasbezogene Infrastrukturkategorien für grauen, d. h. aus fossilem Gas gewonnenen Wasserstoff und sogenannte „intelligente Gasnetze“ beinhalteten. Keine Kategorie schließe fossiles Gas explizit und endgültig aus. Ähnlich kritisch bewertete Tara Connolly von Friends of the Earth Europe den Vorschlag: „Die Kommission hat die Vordertür für die Finanzierung von fossilen Gaspipelines geschlossen, aber die Hintertür für Gasunternehmen geöffnet, um Subventionen für fossile Wasserstoffprojekte zu gewinnen.“
Nun seien das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten im Rat gefordert, den Kommissionsvorschlag im Gesetzgebungsverfahren zu ändern, sodass alle Schlupflöcher für fossiles Gas geschlossen werden.
CAN Europe: Europe does not need fossil gas infrastructure to reach climate neutrality
FoEE: European Commission throws a lifeline to fossil gas companies
Auftaktveranstaltung zum Europäischen Klimapakt
Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans gab am Mittwoch gemeinsam mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer Nico Rosberg und Christiana Figueres, frühere UN-Klimachefin, den symbolischen Startschuss für den Europäischen Klimapakt.
Ziel des Klimapaktes ist es, Personen, Gemeinschaften und Organisationen aktiv in die Umsetzung des Europäischen Grünen Deals einzubeziehen. Durch ihn sollen lokale Klimaschutz-Initiativen unterstützt, der Austausch gefördert und alle Teilnehmenden zu mehr Klimaschutz motiviert werden. Die deutsche Auftaktveranstaltung zum Klimapakt ist für den 20. Januar 2021 geplant, so die Kommission.
Engere Zusammenarbeit bei Erneuerbaren angestrebt
Nach dem Willen des Rates soll die EU-Kommission den bestehenden Rahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung grenzüberschreitender Projekte bei Offshore-Windkraft und anderen erneuerbaren Energien überarbeiten. Der Rat nahm vergangenen Freitag entsprechende Schlussfolgerungen an. Der Rat bittet insbesondere um Leitlinien für die Umsetzung grenzüberschreitender Energieprojekte und den Abschluss der damit verbundenen bilateralen und multilateralen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten, einschließlich Analysen für eine gerechte Verteilung von Kosten und Nutzen und eine gerechte grenzüberschreitende Kostenverteilung.
Council Conclusions on Fostering European Cooperation in Offshore and Other Renewable Energies
EU-Parlament: Anpassung an Klimawandel
Das EU-Parlament nahm am Donnerstag eine Entschließung an, die von der EU-Kommission eine überarbeitete Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels einfordert.
Diese neue Strategie muss verbindliche und quantifizierbare Ziele sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene beinhalten, um sicherzustellen, dass die EU-Länder auf dem richtigen Weg sind, die Anpassungsziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
Da die negativen Auswirkungen des Klimawandels einige Regionen und Gruppen unverhältnismäßig stark treffen werden, mahnen die Abgeordneten, dass „die EU auf Klimaflüchtlinge vorbereitet sein muss und dass die Menschenrechte der von den Auswirkungen des Klimawandels bedrohten Bevölkerungsgruppen geschützt werden müssen.“
Die Mitgliedstaaten werden außerdem aufgerufen, Präventions- und Reaktionspläne für Klimakatastrophen wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren zu entwickeln.
EU-Parlament: Climate change adaptation: MEPs want the EU to be better prepared
Climate Ambition Summit
Am Samstag fand anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Pariser Klimaabkommens ein virtueller Klimagipfel unter der Schirmherrschaft von UN, Vereinigtem Königreich und Frankreich statt.
Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch zog eine gemischte Bilanz. Zwar begrüßte sie die angekündigten höheren Klimaziele vieler Länder, darunter Kolumbien, Jamaika und die EU, kritisierte aber fehlende Zusagen zur finanziellen Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Ländern des globalen Südens. Einige große Emittenten – wie Australien, Brasilien und Saudi-Arabien – nahmen nicht teil und hätten nur noch wenig Zeit, die Vorgabe des Paris-Abkommens umzusetzen, 2020 eine Nachbesserung ihrer Klimaziele bei den Vereinten Nationen einzureichen. Rixa Schwarz von Germanwatch bleibt dennoch optimistisch: „Der Druck auf diese Staaten ist durch die neu vorgelegten Emissionsziele vieler anderer Länder heute massiv gestiegen.“
Banken in unheilvoller Allianz mit fossilen Konzernen
Vor dem Jahrestag des Pariser Abkommens veröffentlichten 18 zivilgesellschaftliche Organisationen einen Bericht, der zwölf fragwürdige Kohle-, Öl- und Gasprojekte weltweit vorstellt, die derzeit geplant oder erweitert werden. Diese Expansionsprojekte allein würden laut Bericht drei Viertel des Kohlenstoffbudgets verbrauchen, das bleibt, wenn die Vertragsstaaten die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen wollen.
Zudem zeigt der Bericht „Five Years Lost“ (Fünf verlorene Jahre) auf, 1) welche Banken und Investor*innen jene Unternehmen unterstützen, die diese Projekte entwickeln, 2) welche CO2-Emissionen diese Projekte verursachen und 3) wie sie die Umwelt zerstören sowie die Menschenrechte und die Rechte indigener Völker verletzen.
Report „Five Years Lost. How finance is blowing the Paris Carbon Budget“
Synergie zwischen Luftqualität und Klimaschutz
Die EU-Mitgliedstaaten berichten getrennt über ihre Politiken und Maßnahmen zur Reduzierung der Luftverschmutzung und der Treibhausgasemissionen. Aus einem vergangene Woche veröffentlichten Briefing der Europäischen Umweltagentur (EEA) geht hervor, dass die Mitgliedstaaten bei etwa einem Drittel der von ihnen gemeldeten Maßnahmen, die zur Verringerung der Luftverschmutzung geplant sind, Verbindungen zu Klimaschutzmaßnahmen herstellen.
Die EEA schlussfolgert daraus, dass eine harmonisierte Berichterstattung über Politiken und Maßnahmen in den Bereichen Luftverschmutzung, Energie und Klimawandel Bürokratie abbauen, die Kohärenz der Politiken fördern und Synergien bei den Bemühungen um Nullverschmutzung und Klimaneutralität schaffen könne.
Redakteurin: Ann Wehmeyer