Transformation des EU-Fischereisektors überfällig
Our Fish und Low Impacts Fishers of Europe (LIFE) haben einen Kriterienkatalog für den nachhaltigen Umbau der EU-Fischerei vorgelegt. Oceana fordert die Mittelmeerländer auf, die Fischerei transparenter und nachhaltiger zu gestalten. Zwischen Frankeich und Großbritannien knirscht es nach dem Brexit weiterhin.
Kriterienkatalog für nachhaltigen und sozial gerechten Umbau der europäischen Fischerei
Die Initiative Our Fish mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie Low Impacts Fishers of Europe (LIFE) haben einen schnellen Umbau der Industrie hin zu einer umweltschonenden, CO2-armen und sozial gerechten Fischerei sowie ein Ende der jahrelang zu hohen Fangquoten gefordert. Das bisherige System sei ungeeignet, um der Biodiversitäts- und Klimakrise zu begegnen. Die DUH betonte, dass der dafür eingeführte Artikel 17 der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der Europäischen Union nun in allen EU-Mitgliedstaaten schnellstmöglich Anwendung finden müsse.
„Aktuell mangelt es in der Europäischen Union vor allem am politischen Willen und klaren Verfahren, um die Gemeinsame Fischereipolitik umzusetzen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Durch Artikel 17 erhielten Fischereibetriebe, die umweltfreundliche und nachhaltige Fangmethoden einsetzen, als erste Zugang zu Fischereiressourcen. Umweltschädliche Fischereimethoden wie mit Grundschleppnetzen könnten hingegen ausgeschlossen werden. Da einige Fischpopulationen in desolatem Zustand seien, sei schnelles Handeln dringend erforderlich. Die Europäische Union müsse bei der derzeitigen Erarbeitung des Aktionsplans zur Erhaltung der Fischereiressourcen die Umsetzung von Artikel 17 vorantreiben und die Neuverteilung der Fischereiquoten nach ökologischen Kriterien einleiten.
„Seit vielen Jahren haben die von den Mitgliedstaaten verwendeten Mechanismen zur Zuteilung ihrer Fangquoten dazu geführt, dass sich die Fangmöglichkeiten in den Händen einiger weniger großer Akteure konzentriert haben, zum Nachteil der kleinen, umweltschonenden Fischer und der Meeresumwelt“, kritisierte Brian O'Riordan von Low Impact Fishers of Europe. „Das derzeitige System ist ungeeignet, da es diejenigen belohnt, die am meisten fischen. Vielmehr brauchen wir ein System, das diejenigen belohnt, die am nachhaltigsten fischen und der Gesellschaft den größten Nutzen bringen.“
Oceana fordert die Mittelmeerländer auf, die Fischerei transparenter und nachhaltiger zu gestalten
Auch die Meeresschutzorganisation Oceana ist mit der bisherigen Situation unzufrieden. Die Organisation forderte die Mittelmeeranrainer auf, Informationen über zugelassene Fischereifahrzeuge zu veröffentlichen, um die illegalen Fischeraktivitäten besser identifizieren zu können. Zudem sollte es in einem 800 Quadratkilometer großen Gebiet zwischen Spanien und Marokko ein Fischereiverbot geben, um außergewöhnliche Tiefseekorallen zu schützen.
22 Mittelmeer- und Schwarzmeerländer sowie die Europäische Union müssten auf ihrer Jahrestagung der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) am 2. November das Fischereimanagement verbessern und ihre Liste der zugelassenen Schiffe modernisieren. Beispielsweise müssten Informationen über Fanglizenzen veröffentlicht werden, aus denen hervorgeht, welche Schiffe unter welchen Bedingungen legal fischen dürfen, insbesondere bei Schiffen, die in und in der Nähe von Schutzgebieten tätig sind. Zudem müsse es Fischereisperren geben, um empfindliche Lebensräume und Jungfische zu schützen und die Erholung der Fischpopulationen zu unterstützen. An illegaler Fischerei beteiligte Schiffe müssten auf die schwarze Liste für illegale, nicht gemeldete und unregulierte Schiffe (IUU) aufgenommen werden. Entsprechend abschreckende Sanktionen bei Gesetzesübertretungen müssten ebenfalls vereinbart werden.
„Wir müssen wissen, wer welche Arten, wo, wann und wie viel fischen darf, und wir müssen in der Lage sein, Fischereidaten unter den GFCM-Vertragsparteien und darüber hinaus mit Forschern und Nichtregierungsorganisationen abzugleichen. Dies ist der richtige Weg, um illegale Aktivitäten auf See aufzudecken, die Rechenschaftspflicht zu stärken und den Fischern, die sich an die Regeln halten, Vorteile zu verschaffen", sagt Helena Álvarez, Meereswissenschaftlerin bei Oceana im Europabüro.
Oceana hat Hinweise auf irreguläre Fischereipraktiken in Schutzgebieten im Mittelmeer, die aufgrund der Geheimhaltungspraxis in dem Sektor weiter gediehen. Seit 2018 habe es laut einer Studie der Organisation wiederholt Fälle von potenziell illegaler Grundschleppnetzfischerei in der Straße von Sizilien gegeben. Die neue GFCM-Strategie 2030, die bei der Jahrestagung offiziell verabschiedet werden soll, müsse die Verpflichtungen aus der MedFish4Ever-Erklärung von 2017 erfüllen, von denen viele noch nicht umgesetzt wurden, beispielsweise ein Fahrplan für Fischereisperrzonen, um empfindliche Lebensräume und fragile Ökosysteme vor den Auswirkungen zerstörerischer Fischereipraktiken wie der Grundschleppnetzfischerei zu schützen. Das Mittelmeer sei nach wie vor das am stärksten überfischte Meer der Welt.
Fischerei nach dem Brexit: Streit zwischen Frankreich und Großbritannien
Laut dpa-Europaticker gibt es im Zwist um Fischereilizenzen zwischen den Fischereinationen des Ärmelkanals neue Streitigkeiten. Am Dienstag meldete die Agentur, dass die EU sowie Frankreich auf einige Lizenzen zur Fischerei in britischen Gewässern verzichtet habe, da es Schwierigkeiten mit notwendigen Nachweisen gebe. Am heutigen Donnerstag wiederum geleitete nach dpa-Angaben die französische Küstenwache ein britisches Schiff nach Le Havre, weil es die erforderlichen Lizenzen zur Fischerei in französischen Gewässern habe. Außerdem solle es künftig strenge Sicherheits- und Zollkontrollen für Schiffe aus Großbritannien geben. Den Fischen dürfte es dagegen egal sein, welche Fahne über dem Schiffe mit den Netzen hängt. [jg]
Pressemitteilung DUH: Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Kriterienkatalog für nachhaltigen und sozial gerechten Umbau der europäischen Fischerei
Oceana: Oceana urges Mediterranean countries to make fisheries more transparent and sustainable
dpa-Europaticker: Brexit: Brüssel und Paris verzichten auf mehrere Fisch-Lizenzen sowie «Kein Krieg, aber Gefecht»: Fischereistreit im Ärmelkanal eskaliert