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10 grüne Tests: Witaj Polen, Viszlát Ungarn
EU-News | 09.01.2025
#EU-Umweltpolitik

10 grüne Tests: Witaj Polen, Viszlát Ungarn

Texttafel "Make this world better"
© pixabay/Alexas_Fotos

Der europäische Umweltdachverband Europäisches Umweltbüro (EEB) begrüßt traditionell die jeweiligen EU-Ratsvorsitze mit zehn umweltpolitischen Prioritäten, die als „grüne Messlatte“ an deren Aktivitäten gelegt werden. Die Bewertung des Ende 2024 ausgeschiedenen ungarischen Ratsvorsitzes fällt gemischt aus.

Am 1. Januar hat Polen für ein halbes Jahr den Staffelstab für die Ratspräsidentschaft von Ungarn übernommen und stellt damit den ersten Ratsvorsitz mit neu besetztem EU-Parlament und vollständig im Amt befindlicher EU-Kommission. Im Programm der polnischen Ratspräsidentschaft sind Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit als Schlüsselthemen für die sechsmonatige Amtszeit gesetzt.

Aus EEB-Sicht sind die Erwartungen trotz oder wegen des gewandelten geopolitischen Kontextes hoch, die polnische Präsidentschaft entscheidend, da sie als erster Partner der Triopräsidentschaft Polen-Dänemark-Zypern (Januar 2025 bis Juni 2026) auch den Ton für die nächsten 18 Monate bestimmen dürfte. Und es gibt viel zu tun: Ein Rückstau von wichtigen Dossiers zum Europäischen Green Deal muss abgearbeitet werden. Die polnische Ratspräsidentschaft wird sich mit den bestehenden Dossiers wie Abfallrahmenrichtlinie, Bodenüberwachungsgesetz, Green Claims-Richtlinie, Richtlinie über prioritäre Stoffe, Verordnung über die Vermeidung von Verschmutzung durch Kunststoffgranulate sowie mit Altfahrzeugen und dem Chemikalienpaket (One Substance One Assessment – OSOA)-auseinandersetzen müssen. Aber auch die von der EU-Kommission angekündigten Gesetzesvorstöße, darunter den am 26. Februar erwarteten Clean Industrial Deal, die Überarbeitung des europäischen Klimagesetzes, die Vision über die Zukunft der Landwirtschaft, Dossiers zur Kreislaufwirtschaft, die Resilienzstrategie für Wasser sowie Plänen für Klimaanpassung dürften auf der Agenda stehen [siehe auch unseren EU-Ausblick auf 2025].

Dass Polen zugesagt hat, auf dem informellen Treffen der Umweltminister*innen im April 2025 in Warschau gegen Desinformation vorzugehen, insbesondere in Bezug auf Klima- und Umweltmaßnahmen, begrüßt das EEB ausdrücklich. „Dies ist ein zentrales Anliegen für die meisten Umweltmaßnahmen und für die Gesellschaft im Allgemeinen, da Desinformation den sozialen Zusammenhalt und faire demokratische Prozesse untergräbt und damit Risiken für die EU und ihre Mitgliedstaaten birgt“, so der Verband. Dabei gehe das Thema Desinformation weit über das hinaus, was die Richtlinie über Umweltaussagen (Green Claims) behandelt.

Nicht zuletzt beginnen die informellen Diskussionen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), der auch Finanzierungsinstrument für den europäischen Green Deal sein müsse. Und dies alles begleitet von einer vermutlich aus dem Pariser und anderen internationalen multilateralen Abkommen ausscheidenden USA unter Donald Trump und einem in Europa tobenden Ukrainekrieg. Polen müsse die EU aktiv in ihrer Führungsrolle stärken. 

Zehn grüne Tests für die polnische Ratspräsidentschaft

Das EEB beobachtet die polnische EU-Ratspräsidentschaft in den nächsten sechs Monaten besonders in folgenden Bereichen:

  1. Den Europäischen Green Deal umsetzen und vorantreiben – damit er ein umfassender grüner und sozialer Deal für eine Ein-Planeten-Wirtschaft wird 
  2. Wegbereiter sein für einen sauberen industriellen Übergang, um die EU zu einem globalen Vorreiter bei Dekarbonisierung, Entgiftung, Schadstoffreduzierung und Wiederherstellung zu machen
  3. Fortschritte erreichen auf dem Weg zu fairen und nachhaltigen Lebensmittelsystemen, die durch eine ökologisch und sozial nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei gestützt werden 
  4. Beschleunigte Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise und zur Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit 
  5. Umsetzung einer naturfreundlichen Agenda für Land, Süßwasser und Ozeane, Schutz der biologischen Vielfalt und Förderung der Klimaanpassung und Widerstandsfähigkeit
  6. Den Druck auf Oberflächen- und Grundwasser bewältigen und sauberes und sicheres Wasser für alle gewährleisten
  7. Das Recht auf saubere Luft garantieren und die Exposition und vermeidbare Sterblichkeit und Krankheit durch Umweltverschmutzung verhindern
  8. Förderung eines umweltfreundlichen Übergangs zu sichereren, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Chemikalien und Lieferketten
  9. Ressourcennutzung regeln und Chancen der Kreislaufwirtschaft für Wirtschaft und Gesellschaft nutzen 
  10. Förderung der ökologischen und sozialen Gerechtigkeit durch verbesserte rechtliche Beteiligungsmechanismen und Unterstützung der Zivilgesellschaft.

Ein Dutzend Forderungen für das neue Trio

Für das im Dezember im Rat für auswärtige Angelegenheiten vorgelegte 18-Monatsprogramm der Ratspräsidentschaften von Polen, Dänemark und Zypern (Januar 2025 bis Juni 2026) gibt es ebenfalls politische Forderungen des Europäischen Umweltbüros. Zu den Dutzend Prioritäten des EEB gehören neben den bereits für den polnischen Vorsitz gedachten „10 green tests“ unter anderem ausreichende und umfassendere Finanzinstrumente für einen glaubwürdigen und fairen Übergang zu einer Ein-Planeten-Wirtschaft, wobei „die Stimme der Jugend und anderer, die zu oft vergessen werden“ gehört werden müssten. Auch die Um- und Durchsetzung der EU-Gesetzgebung zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit und unserer Gesundheit, zur Förderung der Umwelt und sozialer Gerechtigkeit sowie des Engagements der Zivilgesellschaft werden genannt. Das EEB erwartet außerdem eine Debatte über die Zukunft Europas und die Solidarität bei der EU-Erweiterung, bei der die Vorteile des europäischen Green Deals auf alle Länder und Fortschritte bei der globalen Klima- und Umweltgerechtigkeit thematisiert werden.

Bewertung der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft: „überwiegend dürftig“

Im Rückblick auf das letzte Halbjahr 2024 unter dem EU-Ratsvorsitz von Ungarn zieht das EEB eine gemischte Bilanz. Der ungarische Ratsvorsitz habe positive Anstrengungen im Bereich der biologischen Vielfalt und der schädlichen Chemikalien unternommen. Es gab „begrüßenswerte Anstrengungen“, um sich dem im EU-Parlament initiierten Rollback von Rechtsvorschriften zu widersetzen. „Aber die Gesamtergebnisse in Bezug auf die Förderung des europäischen Green Deals und internationaler Abkommen waren überwiegend dürftig und können nur als eine verpasste Gelegenheit für Fortschritte angesehen werden“, kommentierte der europäische Dachverband. In Sachen Energiesicherheit, saubere Luft, verbesserte Rechtsstaatlichkeit und Umweltgerechtigkeit habe es jedoch an Engagement gefehlt. Ungarn habe es nicht geschafft, mit den früheren Bemühungen Belgiens und Spaniens Schritt zu halten. Trotz des schwierigen Kontextes eines wechselnden Parlaments und einer neuen Kommission hätte mehr getan werden können und müssen, so das EEB. [jg]

EEB-Memorandum für die polnische Ratspräsidentschaft (engl., 41 Seiten, PDF, ca. 3 MB) 

EEB-Priorities for the 2025-2026 Trio Presidency 

Assessment of the Hungarian Presidency of the EU 

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