Agora-Studie zeigt: 90 Prozent weniger Treibhausgase bereits 2040 machbar
Die Denkfabrik Agora Energiewende hat anhand von Modellierungen dargelegt, dass die EU-Klimaziele früher erreichbar sind als gedacht. Die Studie gibt ein deutliches Signal an die Politik, sich für ambitioniertere Einsparziele bei fossilem Gas und dem Ausstoß von Treibhausgasen einzusetzen.
Umweltverbände kritisieren schon länger, dass die im „Fit for 55"-Paket anvisierten Emissionsreduktionsziele nicht ausreichen. Bei einer Verringerung des Treibhausgasausstoßes von nur 55 Prozent bis 2030 sei die 1,5-Grad-Grenze nicht einzuhalten; es müssten ambitioniertere Ziele vereinbart werden. Wissenschaftliche Unterstützung für diese Forderung kommt nun von der Denkfabrik Agora Energiewende. „Wir haben einen detaillierten Übergangspfad entwickelt, wie Industrie-, Energie- und Gebäudesektor früher aus der Nutzung von fossilem Gas aussteigen können“, erklärt Michael Buck, Leiter des Bereichs Europäische Energiepolitik anhand der im Mai erschienenen Studie „Breaking free from fossil gas - a new path to a climate-neutral Europe“.
So zeigen Modellierungen, dass sich bereits 2040 das Treibhausgas-Einsparziel von minus 90 Prozent erreichen lässt, bezogen auf das Niveau von 1990. Damit würden 3,3 Gigatonnen weniger Treibhausgase ausgestoßen, als im EU-Klimazielplan 2020 prognostiziert.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der fossile Gasverbrauch schon im Jahr 2030 um 46 Prozent niedriger liegen könnte als im Vergleichsjahr 2018. Bis zum Jahr 2040 könnte der Verbrauch um 90 Prozent reduziert sein. Zudem könne der europaweite Kohleausstieg schon bis 2035 vollzogen und die Stromerzeugung aus Öl bis 2025 nahezu eingestellt werden.
Elektrifizierung kommt Schlüsselrolle zu
Für den Gebäudesektor hieße das, den Verbrauch von fossilem Gas bis 2040 weitgehend zu beenden. Die Studie empfiehlt unter anderem, den Verkauf neuer Anlagen zur Verbrennung fossiler Gase in Gebäuden rasch zu beenden und ehrgeizige Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der EPBD-Richtlinie zu verabschieden. Außerdem sollten laut Agora Energiewende mit der Richtlinie ab 2024/25 alle direkten Subventionen für Heizgeräte mit fossilen Brennstoffen verboten werden.
Eine Schlüsselrolle für einen derartig beschleunigten Übergang zur fossilfreien Zukunft spielt die Elektrifizierung. Das würde aber auch eine Verdoppelung des Strombedarfs bis 2050 auf 6.000 Terrawattstunden bedeuten.
Neben der ambitionierten Erhöhung der Einsparziele empfiehlt die Studie den EU-Mitgliedstaaten, das Paket zur Dekarbonisierung der Wasserstoff- und Gasmärkte neu zu bewerten und die REPowerEU-Ziele für Wasserstoff und Biomethan zu senken. Begründet wird dies damit, dass im prognostizierten Szenario der Studie weit weniger Wasserstoff und Biomethan benötigt werde als bisher vorgesehen. So liege der Bedarf an „grünem“ Wasserstoff lediglich bei einem Fünftel der bislang vorgesehenen Menge. Gefordert wird außerdem, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Energie- und Klimapläne aktualisieren, um sie mit dem "Fit for 55"-Paket in Einklang zu bringen.
Weniger Treibhausgasemissionen, weniger handelbare Zertifikate
Die Europäische Statistikbehörde Eurostat hat am 15. Mai eine unterstützende Statistik veröffentlicht. Demnach sind im vierten Quartal 2022 die Treibhausgasemissionen der EU-Wirtschaft um vier Prozent gesunken, nämlich auf insgesamt 938 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (2021 waren es im gleichen Quartal 978 Millionen Tonnen).
Eine gute Nachricht für den Klimaschutz kam am Montag von der EU-Kommission in Brüssel: CO2-Verschmutzungszertifikate im Wert von 2,5 Milliarden Tonnen, die unter das EU-Emissionshandelssystem (ETS) fallen, wurden annulliert. Die Gesamtzahl der im Umlauf befindlichen handelbaren Emissionszertifikate lag Ende 2022 bei 1.134 Millionen. [ym]
Agora Energiewende: Breaking free from fossil gas
Eurostat: EU economy greenhouse gas emissions: -4% in Q4 2022
EU-Kommission: Mitteilung im Amtsblatt