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Bestätigt: Jessika Roswall und Christophe Hansen
EU-News | 08.11.2024
# sozial-ökologische Transformation #Biodiversität und Naturschutz #EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Landwirtschaft und Gentechnik

Bestätigt: Jessika Roswall und Christophe Hansen

Roswall während der Anhörung
© Europäisches Parlament
Roswall während der Anhörung

In ihren Anhörungen betonten Roswall und Hansen die Umsetzung des Green Deals, doch der Fokus auf Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit dominierte. Frische Ideen oder soziale Aspekte kamen kaum zur Sprache. Besonders Jessika Roswall konnte im ENVI-Ausschuss kaum überzeugen, ihre Eignung bleibt fraglich.

Die Anhörungen der designierten EU-Kommissar*innen boten einen ersten Blick auf die Zielsetzungen der neuen Kommission: Jessika Roswall aus Schweden (EVP), als Kommissarin für Umwelt, Wasserresilienz und Kreislaufwirtschaft vorgesehen, und Christophe Hansen aus Luxemburg (EVP), für Landwirtschaft und Ernährung designiert, traten vor die zuständigen Ausschüsse und bekräftigten ihre Verpflichtung zum Green Deal. Allerdings blieben ihre Visionen weitgehend auf die Mission Letters beschränkt, und die soziale Dimension fand nur wenig Beachtung. Roswalls schwache Vorstellung führte sogar zunächst zur Vertagung ihrer Bestätigung.

Jessika Roswall: Ein wenig überzeugender Auftritt im Bereich Umwelt- und Klimaschutz

Jessika Roswall, die für das Ressort Umwelt, Wasserresilienz und Kreislaufwirtschaft vorgesehen ist, konnte am 5. November im ENVI-Ausschuss kaum überzeugen. In der Anhörung wurde ihre fehlende Erfahrung im Umwelt- und Naturschutz spürbar: Oft antwortete sie nur allgemein, zeigte wenig fachliche Tiefe und schien manche Fragen sogar misszuverstehen. Daraufhin verlangten S&D, Renew und die Grünen eine Vertagung, um die Entscheidung über ihre Bestätigung zu überdenken. Ihre Bestätigung wurde schließlich durch einen Deal gesichert, der ihre Ernennung mit der von Hadja Lahbib aus Belgien (zuständig für Krisenmanagement und Gleichberechtigung) verband (Euractiv).

Inhaltlich legt Roswall ihre Prioritäten auf einen Circular Economy Act, dessen Zeitplan jedoch unklar bleibt. Bis 2025 plant sie zudem ein „Industrial Chemical Package“, das eine Vereinfachung von REACH sowie mehr Klarheit bei der Regulierung von PFAS (per- und polyfluorierten Alkylverbindungen) enthalten soll. Die Themen Wasserresilienz und Bioökonomie sollen ebenfalls durch neue Strategien adressiert werden.

Positiv ist ihre Positionierung als Juristin, die immer wieder die Notwendigkeit von Rechtssicherheit, Policy-Kohärenz und Planungssicherheit betont. Interessant ist auch ihre Differenzierung beim Thema Vereinfachung: Sie spricht explizit von einer effizienteren Umsetzung und betont, dass Vereinfachung keine Form der Deregulierung darstellen soll. Ihr Schwerpunkt scheint auf der Umsetzung bestehender Vereinbarungen zu liegen. Eigene Visionen ließ sie jedoch vermissen, ebenso wie konkrete Maßnahmen und Lösungsansätze, beispielsweise zur konkreten Umsetzung des Nature Restoration Law – ein deutlicher Schwachpunkt für eine Umweltkommissarin.

Mehrfach wurde Roswall auf die Rücknahme von Umwelt- und Naturschutzgesetzen unter der aktuellen schwedischen Regierung angesprochen, der sie angehört, zu der sie wenig hilfreiche oder überzeugende Antworten geben konnte. Ihre Glaubwürdigkeit und Eignung blieb somit fraglich. 

Christophe Hansen: Fürsprecher der Landwirtschaft, aber ohne Ernährungspolitik

Als designierter Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung bekannte sich Christophe Hansen im AGRI-Ausschuss am 4. November klar zu den Zielen des Green Deals und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dem Vorschlag von Kommissionspräsidentin von der Leyen, die GAP über nationale Haushalte zu finanzieren, erteilte er eine Absage und forderte stattdessen einen spezifischen Agrarhaushalt. Hansen betonte: „Wenn wir das derzeitige Budget auf dem gleichen Niveau erhalten können, wäre ich schon froh.“ 

Hansen zeigte sich offen für eine Kappung der GAP-Zahlungen, also eine Begrenzung der Förderhöhen, und ist bereit, die Mittel verstärkt auf aktive Landwirt*innen und „bedürftige Betriebe“ auszurichten, die besondere finanzielle Unterstützung benötigen. Darüber hinaus betonte Hansen, dass das GAP-Budget durch zusätzliche Einkommensquellen für Landwirt*innen ergänzt werden müsse. Dazu gehören Initiativen zur Förderung der Bioökonomie und von Carbon Farming, was Landwirt*innen ermöglicht, CO₂-Zertifikate zu verkaufen und damit zusätzliches Einkommen zu generieren. Ebenso sprach er sich für den verbesserten Zugang zu Krediten und Maßnahmen zur Erhöhung der Erzeugerpreise aus, um die wirtschaftliche Lage der Landwirt*innen nachhaltig zu verbessern. Besonders wichtig war ihm, dass die Abhängigkeit von importierten Futtermitteln reduziert wird, was Teil einer neuen „sustainable livestock strategy“ sein soll. In den ersten 100 Tagen plant er eine neue „Vision for Agriculture and Food“, die auf den Empfehlungen des „Strategic Dialogue on Agriculture“ basiert, sowie Initiativen zur Stärkung von Genossenschaften und zur grenzübergreifenden Umsetzung der Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken (UTP).

Was aus Sicht der Zivilgesellschaft fehlte: neue Impulse zur Ernährungspolitik. Zwar sprach Hansen sich für mehr Kohärenz bei Lebensmittellabels aus und plant ein Update der Proteinstrategie, doch blieb die Ernährungssicherung als Thema für ihn nebensächlich. Kritisch positionierte sich Hansen gegenüber der Einführung eines möglichen Emissionshandelssystems (ETS III) für die Landwirtschaft. 

Fazit: Gute Ansätze, doch wenig Visionen für sozial gerechten Klimaschutz

Der Gesamteindruck der Anhörungen zeugt von einer starken Unterstützung des Green Deals, eine wesentliche Grundlage für die kommenden Jahre. Aber beide Kandidat*innen scheinen, wie das gesamte VdL-II-Kabinett, Klimaschutz in erster Linie als „Business Case“ zu betrachten und interpretieren den Green Deal größtenteils als Green Industrial Deal. Die Argumentationen beziehen sich häufig auf Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz, der Naturschutz spielt bestenfalls als ökonomische Grundlage eine Rolle. Leider bleibt die Just Transition – also der sozial gerechte Übergang in die Klimaneutralität – weitgehend unberücksichtigt, und es gibt nur wenig neue Akzente, die über die Mission Letters hinausgehen. 

Besonders problematisch ist der schwache Auftritt von Jessika Roswall. Ihre geringe Erfahrung im Natur- und Klimaschutz könnte für ihr Amt zu einem entscheidenden Nachteil werden. Sie scheint den Fokus allein auf die Implementierung zu legen, ohne konkrete Ideen für eine innovative und ambitionierte Umweltpolitik zu haben. 

Problematisch ist die starke Betonung von Bürokratieabbau – eine Strategie, die keinesfalls zulasten von Standards und wichtigen Klimamaßnahmen gehen darf! Auch wenn die Kommissar*innen betonen, dass es um Effizienz statt Deregulierung geht, werden Umweltverbände hier genau hinschauen müssen. [ks]

DNR: Der Mission Letter für Christophe Hansen

DNR: Der Mission Letter für Jessika Roswall

EU-Kommission: Anhörung (Videoaufnahme) von Christophe Hansen

EU-Kommission: Anhörung (Videoaufnahme) von Jessika Roswall

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