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Agrarausschuss zur künftigen EU-Forststrategie
EU-News | 04.09.2020
#Biodiversität und Naturschutz

Agrarausschuss zur künftigen EU-Forststrategie

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c. Pixabay

Der Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments (AGRI) hat in seiner Sitzung Anfang September mit 36 Ja-Stimmen gegen acht Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen eine nichtlegislative Entschließung zur künftigen EU-Forststrategie angenommen. Die EU sollte Bewirtschaftungsmodelle fördern, die die ökologische, aber auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Wälder gewährleisten sollen, erklärte der AGRI. Voraussichtlich im Oktober soll das Plenum abstimmen.

Die EU-Kommission hat für Frühjahr 2021 eine neue EU-Forststrategie angekündigt. Der Parlamentsausschuss positioniert sich schon jetzt mit einer eigenen Entschließung. Aus Sicht des AGRI sollte die künftige EU-Forststrategie die Fortdauer der multifunktionalen Rolle der Wälder gewährleisten und mit dem Europäischen Green Deal und den damit verbundenen Strategien "Vom Acker auf den Tisch" (Farm to Fork) und für Biodiversität in Einklang gebracht werden. Hierzu gehöre die Förderung einer ausgewogenen nachhaltigen Waldbewirtschaftung und verantwortungsbewusster Eigentümer, die Stärkung der Katastrophenresilienz und Frühwarnmechanismen für Brände, Dürren, Überschwemmungen, Stürme, Schädlingsbefall, Krankheiten und Erosion sowie die Förderung einer nachhaltigen Forstwirtschaft weltweit einschließlich der Bekämpfung von Importen von illegal gerodetem Holz. Außerdem müssten primäre Wälder und Urwälder - wobei es eine EU-weite Definition geben müsse, was darunter zu verstehen ist - besser geschützt werden.

"Die Verhandlungen waren komplex, aber es ist uns gelungen, ein sehr konstruktives Kompromisspaket zu schaffen. Generell bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Auch die Standpunkte der Ausschüsse für Umwelt und Industrie wurden bei den Verhandlungen berücksichtigt", sagte der Berichterstatter Petri Sarvamaa (EVP, Finnland).

Die Abgeordneten wollen den Naturschutz zu einem Teil der nachhaltigen Waldbewirtschaftung machen, ohne Schutzgebiete zu erweitern, und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in die künftigen strategischen Pläne der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aufnehmen. Für ökonomische Verluste wegen Schutzmaßnahmen solle es einen fairen Ausgleich geben. Die Co-Vorsitzende der Intergruppe "Nachhaltige Forstwirtschaft" und EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer (EVP, Österreich) sagte: "Die Bedeutung der Bioökonomie muss mehr in den Vordergrund gestellt werden – die nachhaltige Nutzung von Holz als Energielieferant und Baustoff muss zunehmen, wenn wir die CO2-Belastung der Atmosphäre durch Gas und Öl vermindern wollen."

Gegenüber dem Umweltinformationsdienst ENDS Europe nannte die Waldschutzorganisation FERN die Inhalte der Entschließung eine "verpasste Chance". Denn es gebe kaum Veränderungen zu früheren Positionen, die zu einem "desolaten Zustand der europäischen Wälder" geführt hätten, den die Abgeordneten nun wieder "selbstgefällig" in Kauf nähmen oder ignorierten. Dieses Weiter so sei "eine schlechte Nachricht für Europas Wälder" zititert ENDS die FERN-Sprecherin Kelsey Perlman.

Hintergrund

Wälder und andere bewaldete Flächen bedeckten derzeit rund 43 Prozent der Fläche der EU, was mindestens 182 Millionen Hektar und etwa fünf Prozent des globalen Waldbestandes entspricht. Die Hälfte des Natura-2000-Netzes bestehe aus Waldflächen (rund 37,5 Millionen Hektar) und 23 Prozent aller Wälder in Europa gehörten zu Natura-2000-Gebieten, schreibt das EU-Parlament.

Rund 60 Prozent der Wälder in der EU befänden sich in Privatbesitz, wobei ein hoher Anteil kleiner Waldbetriebe (weniger als 3 Hektar) und 40 Prozent in öffentlichem Besitz seien. Über 60 Prozent der produktiven Wälder in der EU seien nach freiwilligen Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung zertifiziert. Damit habe der Anteil des Rundholzes aus zertifizierten Wäldern, die von der Holzindustrie verarbeitet werden, in der EU 50 Prozent erreicht. Der Sektor beschäftige EU-weit mindestens 500.000 Menschen direkt und 2,6 Millionen Menschen indirekt.

Wälder absorbierten über 10 Prozent der Treibhausgasemissionen der EU. [jg]

Pressemitteilung AGRI

Reaktion Schmiedtbauer/Bauernzeitung.at

ENDS-Artikel (kostenpflichtig): MEPs accused of complacency in forest strategy vote

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"Waldnaturschutz jetzt! Schlimmste Schäden seit 200 Jahren" - eine Zusammenschau von der Arbeit der 1982 gegründeten Naturschutzorganisation zum aktuellen Status Quo in den Wäldern lesen Sie hier.


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