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Bestätigt: Wopke Hoekstra und Dan Jørgensen
EU-News | 08.11.2024
# sozial-ökologische Transformation #Europawahl #Klima und Energie

Bestätigt: Wopke Hoekstra und Dan Jørgensen

Wopke Hoekstra während der Anhörung
© European Parliament
Wopke Hoekstra während der Anhörung

Vergangene Woche boten Anhörungen der designierten EU-Kommissar*innen einen ersten Einblick in die Schwerpunkte und Ziele der neuen Kommission. Dan Jørgensen, vorgesehen als Kommissar für Energie und Wohnungswesen, sowie Wopke Hoekstra, der das Klimaressort übernehmen soll, traten vor die zuständigen Ausschüsse und betonten ihre Verpflichtung, den Green Deal umzusetzen. 

Eine Einordnung von Katharina Schuster, DNR

Die Anhörungen von Wopke Hoekstra (7.11.) und Dan Jørgensen (5.11.) hätten die Chance geboten, eigene Ideen für eine ambitionierte Klimapolitik einzubringen. Stattdessen blieben sie größtenteils bei den Vorgaben ihrer Mission Statements und setzten kaum neue Impulse. Immerhin: Die soziale Dimension kam zur Sprache – doch konkrete Maßnahmen bleiben rar.

Wopke Hoekstra: CO2-Bepreisung bleibt Herzstück europäischer Klimapolitik

Wopke Hoekstra, der designierte EU-Kommissar für Klima, Netto-Null-Ziele und sauberes Wachstum, hat in seiner Anhörung vor den Ausschüssen ECON, ENVI und ITRE seine Vorstellungen für die europäische Klimapolitik präsentiert. Er überzeugte durch Fachkompetenz und ein klares Bekenntnis zum Green Deal, einschließlich den Klimaziele für 2030 und 2050. Leider blieb Hoekstra konkrete Details zur Umsetzung des 90-Prozent-Emissionsreduktionsziels bis 2040 schuldig. 

Insgesamt ging er nur selten über die allgemeinen Aussagen seines Mission Statements und seiner Antworten auf die schriftlichen Fragen hinaus. Seine Ausführungen zur Klimapolitik waren stark auf die Schaffung eines Level-Playing Field ausgerichtet, wobei er – wie bereits in den schriftlichen Antworten – die CO₂-Bepreisung als zentrales Element der EU-Klimapolitik hervorhob.  Hoekstra verteidigt sowohl das bestehende Emissionshandelssystem (ETS1) als auch das für Gebäude und Straßenverkehr geplante ETS2, das er trotz Widerständen durchsetzen möchte. Gleichzeitig zeigte er sich offen dafür, negative Emissionen in das ETS einzuschließen (Überprüfung im Review 2026). Ebenfalls unkonkrete Aussagen machte Hoekstra zum Thema Energieeffizienzziele und zum Einsatz von CCS (Carbon Capture and Storage) im 2040-Ziel. 

Ein Schwerpunkt von Hoekstras Arbeit wird auf der Wettbewerbsfähigkeit und der Förderung der sauberen Industrie liegen. Er hat angekündigt, in den ersten 100 Tagen einen „Clean Industrial Deal“ (CID) vorzustellen, der günstige Rahmenbedingungen für erschwingliche Energie und Investitionen in saubere Technologien schaffen soll. Der CID soll Genehmigungsverfahren vereinfachen, Kapital für Clean Tech mobilisieren und gezielte Unterstützung für den Ausbau von Kompetenzen und die Entwicklung grünen Stahls bieten. Wie der Clean Industrial Deal aus Umweltsicht aussehen sollte, hat der DNR kürzlich in einem Forderungspapier skizziert.

Hoekstras Ziel ist es, eine Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Stärke zu finden, indem er Bürokratie abbaut, ohne dabei Umweltstandards zu gefährden. Sein Fokus auf ein „Level-Playing Field“ ist besonders im internationalen Kontext von Bedeutung, da er sicherstellen möchte, dass europäische Unternehmen nicht durch ambitionierte Klimaziele benachteiligt werden. Hier sieht er im CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ein wirkungsvolles Instrument gegen Carbon Leakage und möchte dessen Überprüfung von 2027 auf 2025 vorziehen. Ebenfalls positiv zu bewerten ist seine Zusage, fossile Subventionen im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) abzubauen. Auch mit den Mitgliedstaaten will Hoekstra eng zusammenarbeiten, um Subventionen fossiler Energieträger endlich einzustellen.

Unkonkret blieb Hoekstra bei der Anhörung in Bezug auf zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten oder eine deutliche Erweiterung der sozialen Flankierung der Transformation. Hoekstra sieht in bestehenden EU-Fonds wie dem Innovationsfonds, dem Modernisierungsfonds und dem Klima-Sozialfonds eine ausreichende Basis, um eine gerechte Transformation zu finanzieren. Für ihn gehe es weniger um die Schaffung neuer Mittel als um die effektive und zielgerichtete Nutzung der vorhandenen Gelder. 

Im Verkehrssektor setzt Hoekstra auf Elektrifizierung zur Dekarbonisierung des Straßenverkehrs und lehnt den Einsatz von Biokraftstoffen in diesem Bereich ab – sieht allerdings Potenzial für Biokraftstoffe in anderen Sektoren. Zudem wird es, wie angekündigt, eine Ausnahme für E-Fuels beim Verbrenner-Aus geben. Ein geplanter Automobile Summit soll mit der Industrie den Weg zu den CO₂-Standards diskutieren. Die CO₂-Flottenziele für 2025, 2030 und 2035 sollen bestehen bleiben. Hoekstra plant keine vorzeitige Überarbeitung der Standards und lehnt eine Aussetzung der Strafzahlungen für Überschreitungen ab. 

Der Abbau von Bürokratie und die Vereinfachung von Verfahren werden eine zentrale Rolle in Hoekstras Agenda spielen. Dabei betonte er jedoch ausdrücklich, dass diese Maßnahmen keinesfalls zu einem Abbau der geltenden Standards führen sollen. Sein Ziel sei es, den administrativen Aufwand zu reduzieren und Prozesse effizienter zu gestalten, ohne die hohen Anforderungen und Standards in der Klimapolitik zu gefährden.

Dan Jørgensen: Fokus auf erneuerbare Energien und bezahlbares Wohnen

Als designierter Kommissar für Energie und Wohnungswesen präsentierte sich Dan Jørgensen am 5. November in den Ausschüssen EMPL und ITRE als souveräner und integrativer Verhandlungspartner. Jørgensen betonte, dass seine Hauptprioritäten im Ausbau erneuerbarer Energien und in der Unabhängigkeit von russischen Energieimporten liegen. Er kündigte an, in den ersten 100 Tagen einen „Action Plan for Affordable Energy“ und eine „Roadmap Towards Ending Russian Energy Import“ zu entwickeln, die Teil des sogenannten Clean Industrial Deal sein werden. Gleichzeitig plant er den Start eines Stakeholder-Dialogs zum Wohnungswesen, um die drängenden Fragen der Wohnraumknappheit und der sozialen Auswirkungen des Wohnens zu adressieren. Auch mittelfristig will Jørgensen mit einem „Clean Energy Investment Plan“ und einem „Electrification Action Plan“ wichtige Impulse setzen, die die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung sicherstellen sollen. Sein langfristiger Plan sieht zudem ein Ziel für erneuerbare Energien für das Jahr 2040 vor. 

Positiv hervorzuheben ist, dass Jørgensen sich gegen eine EU-Finanzierung für Atomkraftwerke ausspricht, was in vielen Kreisen Zustimmung finden dürfte. Sein Versprechen, russische Energieimporte „so schnell wie möglich“ zu beenden, bleibt jedoch unkonkret, und er verwies auf das Ziel der Kommission, bis 2027 kein russisches Gas mehr zu importieren – ein nicht bindendes Ziel. Die Roadmap, die er in den ersten 100 Tagen vorlegen will, könnte hier Klarheit schaffen. Kritisch zu sehen ist auch seine oft betonte Technologieoffenheit: Obwohl er eine EU-Finanzierung für Atomkraftwerke ablehnte, betrachtet er Atomkraft als einen „integrierten Teil des europäischen Energiemixes“ und betont ihre Bedeutung für den Klimaschutz. Er plant eine starke Unterstützung für den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur und die Förderung von CCS. Auch kritisch: Jørgensen formuliert kein Energieeffizienzziel für 2040

Wie Hoekstra orientierte sich auch Jørgensen überwiegend an den Vorgaben seines Mission Letters und brachte insgesamt wenig Neues ein. Beide stehen vor der Herausforderung, einen Weg zu finden, der nicht nur wirtschaftliche Interessen wahrt, sondern die sozialen und ökologischen Dimensionen der Wirtschafts- und Energiewende gleichermaßen berücksichtigt. „Die soziale Abfederung der Transformation wurde von den zukünftigen Kommissar*innen bisher unzureichend adressiert. Hier müssen sie nachbessern und konkreter werden“, kommentierte Judith Hermann, Referentin EU-Klima- und Energiepolitik beim DNR, die Anhörung der beiden. „Als Umweltverbände werden wir genau im Blick haben, dass der viel betonte Bürokratieabbau nicht auf Kosten von Umweltstandards und dringend notwendigen Klimaschutzmaßnahmen geht.“

Hoekstra und Jørgensen wurden nach ihren Anhörungen von den Ausschüssen bestätigt. Bevor sie ihre Ämter offiziell übernehmen können, muss jedoch noch das gesamte Europäische Parlament zustimmen. Diese Abstimmung ist für die Woche vom 25. November vorgesehen. Sollte das Parlament die Nominierungen aller designierten Kommissar*innen annehmen, könnte die neue Kommission am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. 

Europäische Kommission: Anhörung (Videoaufnahme) von Wopke Hoekstra 

Europäische Kommission: Anhörung (Videoaufnahmen) von Dan Jørgensen

Europäische Kommission: Mission Letter für Dan Jørgensen 

DNR: Mission Letter für Wopke Hoekstra

DNR: Von der Leyen präsentiert Team der EU-Kommission

DNR: Forderungspapier (Clean Industrial Deal)

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