Das waren die Gipfel
Die G7-Länder haben Maßnahmen für Klimaschutz, Ernährungssicherheit, Energieunabhängigkeit und globale Gesundheit vereinbart. Der Europäische Rat hat am 23. und 24. Juni beschlossen, weiteren Staaten den EU-Beitrittsstatus zu ermöglichen, darunter die Ukraine.
Klimaclub vor Schlosskulisse
Das bayrische Schloss Elmau hatte am letzten Wochenende (26.-28. Juni) hohen Besuch aus aller Welt. Neben den G7-Staaten Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Vereinigtes Königreich und den USA waren auch andere Länder beim Gastgeber Deutschland anwesend. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte Vertreter*innen aus Argentinien, Indien, Indonesien, dem Senegal, Südafrika und der Ukraine (virtuell). Für die EU nahm Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Beobachterin teil. In Garmisch-Patenkirchen und München gab es Proteste.
Laut Bundesregierung sind die G7-Beschlüsse in Kürze:
- Finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Ukrainehilfe „so lange wie nötig“;
- Gründung eines Klimaclubs als globale Antwort auf die Klimakrise; das Konzept enthalte „ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen, industrielle Transformation durch beschleunigte Dekarbonisierung, enge Zusammenarbeit und Unterstützung über G7 hinaus“;
- globales Ernährungsbündnis;
- Unabhängigkeit von russischer Energie „ohne Abstriche bei Klima- und Umweltzielen“; das heißt: „Ausstieg aus russischer Kohle und Öl, Entlastung der Verbraucher sowie Ausbau von erneuerbaren Energien, erneuerbarem Wasserstoff und Energieeffizienz“; Preisobergrenzen zur Stabilisierung der Energiemärkte werden geprüft;
- globale Stärkung von Gesundheit/Pandemievorsorge und -reaktion.
Deutschland will außerdem selbst „bis zum Jahr 2025 mindestens 6 Milliarden Euro zu internationaler Klimafinanzierung“ beitragen. Als Anhang zum Abschluss-Kommuniqué haben die G7-Chefs außerdem einen "G7 Ocean Deal" zum Schutz der Meere beschlossen.
Reaktionen auf G7-Gipfelbeschlüsse: von problematischen Signalen bis Blendwerk
Germanwatch kritisierte, dass die Reaktionen der G7-Staaten auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine die Ergebnisse im Bereich Klima und Energie „negativ beeinflusst“ hätten. Um so schnell wie möglich von russischen Gas-Importen unabhängig zu werden, hätten die G7-Regierungschefs „weitere Gas-Investitionen im Ausland als ‚angemessene‘ Reaktion beurteilt“. Zudem seien Details zu G7-Initiativen weiter unklar: So seien die Grundzüge des von Bundeskanzler Scholz beworbenen „Klimaclubs“ zwar veröffentlicht worden, aber weitere Informationen solle es erst im Laufe des Jahres geben. „Ob dieser Klimaclub wirklich zu mehr Klimaambition beitragen wird, bleibt also weiterhin unklar“, so Germanwatch. Auch Fragen zur Klimafinanzierung, insbesondere zum Umgang mit Schäden und Verlusten und einem globalen Schutzschirm für die Verwundbarsten, seien aufgeschoben worden. Damit seien die G7-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel „deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben“.
Der WWF urteilte, dass die G7-Abschlusserklärung ein „Problematisches Signal in Richtung COP27“ [der nächsten UN-Klimakonferenz] sende. Die G7 hätten sich immer noch nicht zum Ende des fossilen Zeitalters bekannt, auch wenn es mit der Zusage zu einem vollständig oder überwiegend dekarbonisierten Stromsektor bis 2035 Fortschritte gebe. Energiesicherheit dürfe nicht als „Ausrede gelten“, stattdessen gelte es, den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren und konkret zu werden, was die Zusage der Industrieländer angeht, 100 Milliarden US-Dollar jährlich für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen und ein neues Finanzierungsziel ab 2025 auszuarbeiten, so der WWF.
Der NABU kritisierte, dass der G7-Gipfel „ohne Impulse für Biodiversität und Klimaschutz“ zu Ende gegangen sei. Die Weltnaturkonferenz sei damit nach wie vor „unzureichend vorbereitet“. NABU-Klimachef Sebastian Scholz ergänzte mit Blick auf den Klimaschutz: “Neben der Dringlichkeit bei der Biodiversität bestehen auch beim Klimaschutz weiterhin große Lücken. Der aktuelle Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz, neue Gasfelder für die Energiesicherheit zu erschließen, widerspricht einer ernsthaften Bekämpfung der Klimakrise. Wenn die in Paris formulierten Klimaziele nicht nur Fassade sein sollen, ist genau jetzt der Zeitpunkt sich besonders auf naturverträgliche erneuerbare Energien zu konzentrieren. Diesen Zeitpunkt haben Scholz und die G7 für den Moment verpasst.”
Oxfam nannte die Beschlüsse angesichts multipler Krisen ein „historisches Versagen“ und ein „Blendwerk“, das den Hunger nicht beenden werde. Um die aktuellen Hungerkrisen zu bekämpfen, brauche es deutlich mehr Geld als die zugesagten 4,5 Milliarden US-Dollar, nämlich 28 Milliarden. Die G7 hätten Schulden streichen müssen, damit Hilfsgelder überhaupt bei den Schwachen ankommen. Gegen die Klimakrise hätten sich die G7 auf stärkere Minderungsziele und Unterstützung einkommensschwacher Länder verständigen müssen. Zudem sei die Verwässerung der im letzten Jahr eingegangenen Verpflichtung, die öffentliche Finanzierung von klimaschädlichen fossilen Energieprojekten zu beenden, „unverantwortlich und wird die Klimakrise weiter verschärfen“. Und nicht zuletzt sei der Kampf gegen die COVID-19-Pandemie auf dem Gipfel nur ein Randthema gewesen, kritisierte die Organisation.
Ergebnisse Europäischer Rat
Die Staats- und Regierungsoberhäupter haben beim Europäischen Rat vom 23. auf den 24. Juni für den Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine und die Republik Moldau gestimmt. Auch Georgien kann der Kandidatenstatus zugesprochen werden, sobald bestimmte Reformen erfüllt sind. Vagere, aber grundsätzlich positive Zusagen gibt es für weitere Westbalkanstaaten wie Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien – hier müssen Beschlüsse einstimmig erfolgen. Um Mitgliedstaat der EU zu werden, bedarf es eines Anpassungsprozesses, um den sogenannten Acquis communautaire – also alle Rechte und Pflichten, einschließlich der Umwelt- und Naturschutzgesetzgebung – in nationales Recht zu übertragen.
Außerdem wurde ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland und die Unterstützung von Ernährungskorridoren zur Ausfuhr von Getreideerzeugnissen aus der Ukraine beschlossen. Die Ergebnisse Konferenz für die Zukunft Europas – der „einzigartige[n] Gelegenheit, die europäischen Bürgerinnen und Bürger anzuhören“ – nahm der Rat zur Kenntnis und forderte deren Umsetzung oder entsprechende Folgemaßnahmen im Einklang mit den Verträgen. Es sei wichtig, die Bürger*innen über die Folgemaßnahmen zu den im Bericht enthaltenen Vorschlägen zu informieren.
Zum Schluss: Eines der Ergebnisse des Nato-Gipfels in Madrid ist die Nato-Norderweiterung: Finnland und Schweden wollen der Nato beitreten. [jg]
Rat: G7 Leaders’ Communiqué - Executive summary
Kommission zum G7-Gipfel: Von der Leyen: G7-Gipfel im Zeichen „kulminierender Krisen“
Bundesregierung: Ergebnisse G7-Gipfel im Überblick
Reaktionen
Germanwatch: Kraftvolles Signal zur Eindämmung der Klimakrise bleibt aus
WWF zur G7-Abschlusserklärung: „Problematisches Signal in Richtung COP27“
NABU: G7 ohne Impulse für Biodiversität und Klimaschutz
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates und Videoausschnitte