Einigung im Nitrat-Streit, Glyphosat Bewertung, Appell gegen Gene Drives
EU-Kommission billigt Ausweisung nitratbelasteter Gebiete. Glyphosat als nicht-krebserregend eingestuft. Tausende EU-Bürger:innen fordern Moratorium für Gene Drives.
Fortschritt für den Gewässerschutz
Die EU-Kommission akzeptiert den Entwurf des deutschen Landwirtschaftsministeriums zur Neuausweisung mit Nitrat belasteter Gebiete. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft teilte gestern mit, dass die Kommission die neugefasste Vorschrift zur Ausweisung der sogenannten Roten Gebiete billige. Damit zeichnet sich eine Einigung im jahrelangen Konflikt zwischen EU-Kommission und Deutschland ab. Zugleich forderte die Brüsseler Behörde eine zügige Umsetzung ein. Die neue Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung (AVV) konkretisiert die Vorgaben der Düngeverordnung. Ziel ist die Minderung des Nitrateintrags in Gewässer und Grundwasser. Das Bundeslandwirtschaftsministerium strebt an, die Regelung noch vor der Sommerpause im Bundesrat zu beschließen.
Mit diesem Schritt könnte Deutschland das laufende Vertragsverletzungsverfahren beenden und die Zahlung von Strafgeldern wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie vermeiden. Bislang beanstandete die Kommission die deutsche Düngeverordnung als unzureichend und forderte mehrfach Nachbesserungen. Bei Nichteinhaltung drohen Strafzahlungen in Höhe von mindestens 11 Millionen Euro plus ein Zwangsgeld von bis zu rund 800.000 Euro täglich, rückwirkend bis 2018. Im Entwurf der neuen AVV wird auf die Anwendung des emissionsbasierten Ansatzes über Modellierung verzichtet. Stattdessen wird ein einheitliches, mehrstufiges Verfahren eingeführt. Dafür soll auch das Messstellennetz ausgeweitet werden. Nach ersten Berechnungen der Bundesländer könnte die Fläche der Roten Gebiete somit um etwa 45 Prozent zunehmen. Damit würden auf etwa 2,9 Millionen Hektar Landwirtschaftsfläche strengere Regeln zur Ausbringung von Düngemitteln gelten. Umweltverbände begrüßten die Einigung. So sprach die Deutsche Umwelthilfe (DUH) von einem guten Tag für den Grundwasserschutz und forderte die Bundesländer auf, einer auf wissenschaftlichen Daten basierenden Einigung zuzustimmen und sie effektiv in die Praxis umzusetzen.
Glyphosatbewertung sorgt für Kritik
Der Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) stuft das umstrittene Totalherbizid Glyphosat weiterhin nicht als krebserregend ein. Die Behörde bestätigte damit ihre Einschätzung aus dem Jahr 2017. Der Wirkstoff sei für Wasserlebewesen giftig und könne schwere Augenschäden verursachen. Eine Einstufung als krebserzeugend bei Menschen wurde jedoch nicht vorgenommen. Die Stellungnahme soll im August an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übermittelt werden. Bis Juli 2023 will die EFSA die Risikobewertung von Glyphosat abschließen. Die aktuelle Zulassung für Glyphosat in der EU läuft bereits Ende 2022 aus.
Die Einschätzung der EU-Chemikalienagentur stieß auf entschiedene Kritik von Umweltverbänden. Die zivilgesellschaftliche Koalition zum Verbot von Glyphosat ("Ban Glyphosate") lehnt die Schlussfolgerung der ECHA ab und betont, dass die Einschätzung wissenschaftlichen Erkenntnisse ignoriere. Peter Clausing, Toxikologe und Mitglied des Bündnisses, kommentierte: "Es ist traurig zu sehen, dass die ECHA offensichtlich ihr wissenschaftliches Fehlverhalten von 2017 wiederholt hat.“ So wird kritisiert, dass die Risikobeurteilung sich einseitig auf Studien und Argumente der Industrie stütze.
300.000 EU-Bürger*innen fordern: Gene Drives stoppen
Etwa 300.000 EU-Bürger:innen appellieren mit einer Petition an die EU-Umweltministerinnen und Minister sich für ein globales Gene Drive Moratorium einzusetzen. Am 31. Mai fand in Berlin die Übergabe der Unterschriften an die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke statt. Mit der Petition der Kampagne „Stop Gene Drives“ soll verhindert werden, dass durch Gene Drive veränderte Organismen in die Natur freigesetzt werden. Unter Gene Drives werden Methoden verstanden, um bestimmte Eigenschaften im Erbgut von Tier- und Pflanzenpopulationen einzuführen und zu verbreiten. Dabei werden Gene durch neue Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas verändert. Die Regulierung der Methode wird seit 2018 im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention diskutiert. Bei der voraussichtlich im Spätsommer in China stattfindenden 15. Vertragsstaatenkonferenz des UN-Abkommens über biologische Vielfalt (CBD COP15) steht die Regulierung der Gene Drives nun wieder auf der Tagesordnung. [bp]
Pressemitteilung Bundeslandwirtschaftsministerium zur Nitratrichtlinie
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe zur Ausweisung Roter Gebiete
EU-Chemikalienagentur (ECHA) Glyphosat Risikoeinschätzung
Pressemitteilung PAN Europe/Ban-Glyphosate-Coalition zu Glyphosat Bewertung