EU-Bodenschutz als Dauerbaustelle
Die EU-Kommission hat eine neue Bodenbeobachtungsstelle eingerichtet. Bis einschließlich heute kann noch der Fahrplan für eine neue EU-Bodenstrategie kommentiert werden. Am Weltbodentag fanden zahlreiche Aktivitäten statt. Umweltverbände fordern verbindliche Regelungen für den europäischen Bodenschutz beziehungsweise einen neuen Anlauf für eine EU-Bodenrahmenrichtlinie.
Daten und Informationen über Böden in Europa
Ende letzter Woche hat die EU-Kommission eine neue Bodenbeobachtungsstelle gestartet. Diese ist Teil der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (JRC) und soll Daten sowie Informationen über Böden öffentlich zugänglich machen. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, dass 75 Prozent aller Böden bis 2030 "gesund" sind. EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski sagte: „Die Gesundheit des Bodens rückt zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses und unterstreicht seine Bedeutung für die Ernährungssicherheit, sauberes Wasser, die biologische Vielfalt und eine bessere Bewältigung des Klimawandels. Forschung und Innovation werden entscheidend sein, um Lösungen zu finden, die vor Ort getestet und aufgegriffen werden können.“
Feedback zum Fahrplan der für 2021 erwarteten EU-Bodenstrategie
Zurzeit läuft noch eine Sammlung von Kommentaren zum kürzlich veröffentlichten Fahrplan für eine EU-Bodenstrategie. An der Befragung hat sich auf der Basis des Forderungspapiers zum europäischen Green Deal auch der Deutsche Naturschutzring beteiligt. Eine Konsultation zur Strategie selbst wird im dritten Quartal 2021 erwartet. Kommentare zum Fahrplan haben u.a. der BUND, das Umweltbundesamt und der Verband der Chemischen Industrie eingereicht. Letzterer ist strikt gegen eine EU-weite Regelung.
Der DNR argumentiert pro rechtsverbindliche Regeln in der EU, beispielsweise durch eine europäische Bodenrahmenrichtlinie. Schließlich habe die EU bereits im 6. und 7. Umweltaktionsprogramm festgestellt, dass ein einheitlicher europäischer Bodenschutz notwendig ist. Der bislang vernachlässigte Schutz der Bodenbiodiversität und die Erhaltung und Förderung der Ökosystemleistungen des Bodens insgesamt müssten außerdem in alle Politikbereiche integriert werden. Die langfristige Erhaltung des Bodenlebens und der Bodenfruchtbarkeit müsse Vorrang vor kurzfristigen Produktivitätssteigerungen, der Verdichtung des Bodens und übermäßiger Versiegelung haben. Eine Bodenschutzstrategie müsse die Vielfalt der natürlichen Böden im Blick haben und nicht nur die landwirtschaftlich produktiven Böden. Bodenerosion und Kontaminierung müssen verhindert werden, ein flächendeckendes Monitoring mit Dauerbeobachtungsflächen und die Entwicklung eines Bodenpasses sei auszubauen. In der EU fehle es bisher an konkreten verbindlichen Zielen für einen guten ökologischen Bodenzustand und Regelungen zur Flächeninanspruchnahme, Maßnahmen und Förderprogrammen sowie Vorgaben für EU-weite Qualitätsanforderungen z. B. für Schadstoffbelastung, Versiegelungen, Humusgehalt, Mikroplastik und Biodiversität mit Umsetzungsfristen. Auch die Gemeinsame Agrarpolitik muss einen ausreichenden Schutz der Umwelt und speziell der Bodenbiodiversität gewährleisten. Nicht nur zum Schutz des Klimas sei jegliche Bewirtschaftung, die zum Humusabbau führt, zu vermeiden, so der DNR in seiner Kommentierung zum Fahrplan.
Dass der Handlungsbedarf in puncto Bodenschutz in Deutschland und Europa "riesig, augenfällig und überfällig" ist, hat ein Bündnis aus Umweltbehörden, Wissenschaft und Verbänden schon im September angemahnt und gefordert, dass der Schutz dieses Umweltmediums in alle Politikbereiche integriert werden muss (EU-News 09.09.2020). Ein Bericht der Weltnaturschutzunion IUCN belege, dass die Pflege der Bodenbiodiversität die Erträge in der Landwirtschaft erhöhen kann.
Im Juni hatte ein Bündnis aus Umwelt-, Naturschutz- und Ökolandbauverbänden einige Kernthesen vorgelegt ("Die gemeinsame Basis für Landbau und Naturschutz ist der lebendige Boden").
Weltbodentag am 5. Dezember 2020
Weltweit haben Aktivist*innen am Welttag des Bodens auf die Gefährdungen der Bodenvielfalt und des Bodenlebens hingewiesen. Die Welternährungsorganisation FAO stellte den Tag unter das Motto "Böden lebendig halten und Bodenbiodiversität schützen".
Der WWF kritisierte, dass sowohl Deutschland als auch die EU zu wenig für den Bodenschutz täten. Die Organisation forderte einen "Neuanlauf für eine EU-Bodenrahmenrichtlinie". Der letzte Versuch sei 2014 auch am Widerstand Deutschlands gescheitert. „Es ist höchste Zeit, dass die EU mit Deutschlands Unterstützung einen neuen Anlauf für verbindlichen Bodenschutz in der Europäischen Union startet, sonst verlieren wir weiter wertvollen Boden unter den Füßen“, sagt Dr. Rolf Sommer, Leiter des Bereichs Landwirtschaft und Landnutzung beim WWF Deutschland. "Leider kommt es nur über den Mechanismus des Ordnungsrechtes und mittels Sanktionen zu Bewegung bei den Mitgliedsstaaten. Das erleben wir aktuell in Deutschland am Beispiel der EU-Nitratrichtlinie", so Sommer. Der WWF forderte ein EU-weites Verbot des weiteren Umbruchs von Weideland in Ackerland, da Dauergrünland ein äußerst effektiver Kohlenstoffspeicher sei. Ebenso müssten intakte, natürliche Moorflächen geschützt werden; es fehle eine Strategie zur Renaturierung von bereits ausgetrockneten Moorflächen. Zudem sollten für den Ackerbau Vorgaben für eine standortangepasste Bodenbewirtschaftung gemacht werden, die Fruchtfolgevielfalt, ganzjährige Bodenbedeckung, die Reduktion des Pestizideinsatzes und den Vorrang für organischer Düngung beinhalten.
Der BUND warnte vor einer "stillen Plastikkrise in unseren Böden", die Deutsche Bundesstiftung Umwelt machte auf die Klimarelevanz von Waldmooren aufmerksam und empfahl, den Nutzen der Böden als Wasserspeicher und Kohlenstoffsenke "stärker als gesellschaftlichen Vorteil anzuerkennen – auch finanziell". [jg]
Pressemitteilung EU-Kommission: Neue Beobachtungsstelle für gesunde Böden in Europa startet
Fahrplan für eine neue EU-Bodenstrategie/Konsultation
Feedback vom DNR zum Fahrplan der EU-Kommission zur neuen Bodenstrategie
Pressemitteilung WWF: Böden vorm Burn-Out
Pressemitteilung BUND: Tag des Bodens: Wertvollen Humusdünger schützen, Plastikschreddern verbieten – BUND warnt vor stiller Plastikkrise in unseren Böden
Pressemitteilung Deutsche Bundesstiftung Umwelt: Leistungen der Ökosysteme durch finanzielle Anreize wertschätzen
Why soil matters
Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth hat zusammengetragen, warum Bodenschutz für die Klimapolitik, den Artenschutz, die Erhaltung der Biodiversität und nicht zu vergessen die Ernährungssicherheit von entscheidender Bedeutung ist. Das Auftauen der Permafrostböden stelle eine Bedrohung fürs Klima dar, intensive Landwirtschaft gefährde das Grundwasser. Die Organisation setzt sich dafür ein, dass die verschiedenen Themen, die sich aus der Bodenverschmutzung ergeben, alle unter einem Dach betrachtet werden. Die "Farm to Fork"-Strategie, die Biodiversitätsstrategie und der Null-Schadstoff-Aktionsplan der EU müssten ineinandergreifen, damit der Bodenschutz Teil derselben Diskussion wird und die Mitgliedstaaten realistische und konkrete Maßnahmen entwickeln können. Die Böden müssten nicht zuletzt für kommende Generationen erhalten werden. Weiterlesen
Lössboden ist der Boden des Jahres 2021
Bei einer Veranstaltung am 4. Dezember in Hannover haben das Kuratorium Boden des Jahres und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) offiziell den Lössboden als Boden des Jahres 2021 gekürt. Der Lössboden speichere neben Wasser auch wichtige Nährstoffe für die Pflanzen. Gleichzeitig halte er aufgrund seiner guten Speichereigenschaften schädliche Stoffe zurück und trage so zum Schutz des Grundwassers bei, sagte Festredner Tamás Harrach. „Gerade der Lössboden leistet mit seinen vielseitigen Funktionen wichtige Beiträge für die Landwirtschaft, zur Ernährungssicherheit oder zum Grundwasserschutz“, betonte die diesjährige Schirmherrin Elisabeth Winkelmeier-Becker, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Weiterlesen