EU-Osterweiterung 2.0?
Am 8. November hat die EU-Kommission ein Erweiterungspaket verabschiedet. Mit der Ukraine und Moldau sollen Verhandlungen aufgenommen werden. Georgien ist nun offiziell im Kandidatenstatus, mit Bosnien und Herzegowina soll es bald Beitrittsverhandlungen geben. Alles unter der Voraussetzung, dass Unerledigtes umgesetzt wird.
Insgesamt möchten zehn Staaten der EU beitreten, teilweise hängen sie schon seit Jahren in der Warteschleife. Denn es gibt viele Bedingungen, bevor überhaupt Verhandlungen aufgenommen werden, geschweige denn ein Kandidaten- oder Beitrittsstatus erreicht ist. Insofern ist es historisch bedeutend, dass mit der Ukraine und Moldau so schnell verhandelt werden soll. Der gesamte sogenannte Acquis communautaire, also alle Rechte und Pflichten, die für jedes EU-Mitglied verbindlich sind, muss zuvor in nationales Recht übertragen sein. Und es handelt sich dabei laut Bundeszentrale für politische Bildung schon seit 2019 um mehr als 100.000 Gesetzesakte. Außerdem müssen weitere wirtschaftliche und politische Kriterien erfüllt sein. Parallel hat die EU-Kommission einen neuen Wachstumspakt für den Westbalkan vorgelegt.
In Montenegro, Serbien, Nordmazedonien, Albanien und im Kosovo gibt es laut EU-Kommission positive Fortschritte, allerdings auch noch sehr viel Veränderungsbedarf. Die Türkei sei nach wie vor „ein wichtiger Partner“ für die EU, allerdings sind die Beitrittsverhandlungen seit 2018 zum Erliegen gekommen, wobei sich der „negative Trend der Entfernung von der Europäischen Union“ nicht umgekehrt habe.
Da zum Acquis communautaire auch Umwelt- und Naturschutzrecht gehören und außerdem Klima-, Verschmutzungs- und Biodiversitätskrise nicht vor Grenzen haltmachen, sind EU-Erweiterungen durchaus Thema für Umweltverbände. Bei den Länderberichten, in denen Fortschritte analysiert werden, gibt es beispielsweise auch Kapitel, die die "grüne Agenda" der EU betreffen. Hierzu gehören unter anderem Klimapolitik, Verkehr, Luftqualität, Abfallprobleme, Naturschutz oder Chemikalien und Zivilschutz. EuroNatur verweist in einem X-Post darauf, dass es noch ein langer Weg für die Westbalkan-Staaten ist, wenn es um den EU-Naturschutz geht. So kritisiere die EU-Kommission beispielsweise Wasserkraftprojekte und den Flughafen Vlora in Albanien.
Die letzte große Osterweiterung der EU hatte es 2004 gegeben, als Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern der EU beitraten. [jg]
Pressemitteilung der EU-Kommission zum Erweiterungspaket
Albanien: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Bosnien und Herzegowina: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Kosovo: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Montenegro: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Nordmazedonien: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Serbien: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Türkei: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Ukraine: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Moldau: MEMO; Bericht; Länderfactsheet
Georgien: MEMO; Bericht; Länderfactsheet