Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Letztes Plenum und ein Berg von Beschlüssen
EU-News | 03.05.2024
#Emissionen #EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Kreislaufwirtschaft #Rohstoffe und Ressourcen #Wirtschaft

Letztes Plenum und ein Berg von Beschlüssen

EU-Flaggen
© AdobeStock/ugiss
EU-Flaggen vor dem Berlaymont-Gebäude

Das EU-Parlament hat in der letzten Plenarsitzung vor den Europawahlen zahlreiche Gesetzesakte abgestimmt: Netto-Null-Industriegesetz, Sorgfaltspflichten für Unternehmen und ÖkoDesign-Verordnung sind nur einige davon.

Normalerweise ist die Übersichtsagenda für die Plenarsitzung maximal ein Zwei-Seiter, doch diesmal brauchte es vier Seiten im Querformat, um alle Themen in Kurzform aufs Papier zu bringen.

Netto-Null-Industrie-Verordnung (Net-Zero Industry Act - NZIA)

Das EU-Parlament hat mit 361 Ja- und 121 Nein-Stimmen am 25. April dafür gestimmt, den EU-Binnenmarkt für die Dekarbonisierung der Industrie fit zu machen, Schlüsseltechnologien zu fördern, die zur Erreichung der EU-Klimaziele nötig sind, und schnellere Genehmigungen für bestimmte Regionen zu erteilen: sprich die Netto-Null-Industrie-Verordnung (NZIA) formal gebilligt. Diese sieht vor, dass Europa bis 2030 rund 40 Prozent der CO2-freien Technologien auf der Grundlage der nationalen Energie- und Klimapläne der EU-Mitgliedstaaten produziert und dass die jährliche EU-Fertigungskapazität für Netto-Null-Technologien mindestens 15 Prozent der weltweiten Nachfrage nach den entsprechenden Technologien deckt. Zu den zu fördernden Technologien gehören Technologien für erneuerbare Energien, Atomenergie, die Dekarbonisierung der Industrie, Netztechnologien, Energiespeichertechnologien und die Biotechnologie. Außerdem soll es „Netto-Null-Schnellstart-Regionen“ geben, also Gebiete, wo derlei industrielle Tätigkeiten beschleunigt genehmigt werden. Nationale Förderprogramme für den Umstieg auf Technologien wie Solarzellen und Wärmepumpen, müssen Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien berücksichtigen. Die Gesetzgebung wird die Finanzierung aus nationalen Einnahmen des Emissionshandelssystems (ETS) und für die meisten strategischen Projekte durch die Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) vorsehen - ein Schritt in Richtung eines europäischen Souveränitätsfonds.

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) reagierte auf X erfreut, dass es Unterstützung für klimafreundliche Technologien in der EU gibt, allerdings bewertete der DNR negativ, dass Die Netto-Null-Technologie Liste auch nicht nachhaltige Technologien wie Atomenergie und CCS umfasst: „mehr Gießkannenprinzip als Fokus auf saubere Technologien“.

Lieferkettengesetz: Sorgfaltspflicht in Unternehmen (Corporate Sustainability Due Diligence Directive - CSDDD)

Die EU-Abgeordneten haben am mit 374 Ja- zu 235 Nein-Stimmen für neue Sorgfaltspflichtvorschriften für Unternehmen aus der EU und aus Drittstaaten gestimmt, die sich zukünftig besser um die Einhaltung von Regeln für Menschenrechte und Umweltschutz kümmern müssen. Die neuen Regeln gelten für Unternehmen mit mehr als 450 Millionen Euro Umsatz sowie Franchiseunternehmen mit über 80 Millionen Euro Umsatz. Die Unternehmen sowie ihre vor- und nachgelagerten Partner – darunter Zulieferer und Partner in den Bereichen Herstellung und Vertrieb – müssen negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt vorbeugen, sie abmildern oder beheben. Das betrifft unter anderem Sklaverei, Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeitskräften, Artenschwund, Umweltverschmutzung und die Zerstörung von Naturerbe. Darüber hinaus müssen diese Unternehmen Übergangspläne schaffen, die dem Übereinkommen von Paris und der Begrenzung der Erderhitzung gerecht werden. Für Schäden müssen die Unternehmen haften, bei Verstößen drohen außerdem Geldstrafen.

Die Initiative Lieferkettengesetz kommentierte auf X: „ein wichtiges Signal an einem symbolträchtigen Tag, dem Jahrestag des Fabrikeinsturzes #RanaPlaza“. Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßte die Entscheidung. Der BUND lobte auf X, dass das EU-Parlament „sich vom heftigen Lobbydruck nicht beeindrucken“ ließ: „Ein Gewinn für Umwelt, Mensch u. Klima!. Der WWF Europa nannte die Verabschiedung einen „entscheidenden Schritt, um die globalen Lieferketten von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu befreien“. Allerdings würden „zahlreiche Schlupflöcher“ das Potenzial des Gesetzes beeinträchtigen, so der WWF, beispielsweise „der Freifahrtschein für Finanzakteure, Schäden zu verursachen, die Abdeckung nur eines Bruchteils aller Umweltschäden und der lächerlich begrenzte Geltungsbereich für Unternehmen“. Der WWF appellierte an die EU-Mitgliedstaaten, im Rat rasch ihre endgültige Zustimmung zu erteilen und damit den Weg für das Inkrafttreten des Gesetzes freizumachen. In den nächsten Jahren müssten zudem die genannten Lücken geschlossen werden.

Parallel stimmte das EU-Parlament auch Regeln gegen Produkte aus Zwangsarbeit zu (Einfuhr, Ausfuhr, Verkauf). Die European Justice Foundation (EJF) reagierte auf X erfreut.

ÖkoDesign-Verordnung

Am 23. April hat das EU-Parlament die ÖkoDesign-Verordnung angenommen. Damit soll die Langlebigkeit, Recyclingfähigkeit, Reparierbarkeit und Umweltverträglichkeit von Produkten verbessert werden. Allerdings gilt das Gesetz derzeit nur für einen eingeschränkten Bereich.

Dennoch: Nach Ansicht von Germanwatch und der Gesellschaft für Informatik (GI) ist der Beschluss „ein großer Schritt in Richtung mehr Ressourcenschonung“. Die Ökodesign-Verordnung habe das Zeug, ein Meilenstein in Richtung Kreislaufwirtschaft zu werden. Bevor die Verordnung aber tatsächlich angewendet wird, müsse die EU-Kommission in den kommenden Jahren Konkretisierungen für die jeweiligen Produkte wie Laptops, Smartphones oder Server zügig und mit hohem Ambitionsniveau festlegt.Dazu sollte die Kommission nicht nur die großen Industrieverbände konsultieren, sondern auch das für die Kreislaufwirtschaft wichtige Handwerk sowie Umweltverbände und Verbraucherschutzorganisationen“, mahnen die Verbände. Zudem vernachlässige die verabschiedete Ökodesign-Verordnung die Effekte von Software auf Klima- und Umweltschutz beziehungsweise Energie- und Ressourcenverbrauch. Software sei wesentlich für den Energieverbrauch, die Energieeffizienz und die Nutzungsdauer von Hardware verantwortlich. Ökodesign-Anforderungen müssten deshalb auch den Software-Lebenszyklus und nicht zuletzt Künstliche Intelligenz (KI) unter Umweltaspekten berücksichtigen. [jg]

EU-Parlament zu:

Lesen Sie außerdem weitere EU-News zu den EU-Parlamentsbeschlüssen:

Das könnte Sie interessieren

Waldpanorama mit teils abgestorbenen Nadelbäumen
EU-News | 17.05.2024

#Biodiversität und Naturschutz #Klima und Energie #Wald

Europas Wälder im Dauerstress

Während Europa und die EU-Kommission sich schon einmal auf die neue Waldbrandsaison einrichten, kritisieren die Forest Defenders, dass die Mitgliedstaaten die Auswirkungen der Biomassenutzung auf das Klima leugnen. In Deutschland ist nur noch jeder fünfte Waldbaum gesund....