Überarbeitung der REACH-Verordnung weiter undatiert
Die Arbeit an der EU-Chemikalienverordnung kommt nur langsam voran und findet hinter verschlossenen Türen statt. Jedenfalls lässt sich die EU-Kommission nicht auf ein konkretes Veröffentlichungsdatum ein. Auch wird der Zugang zu heiklen Dokumenten versagt, kritisiert die EU-Ombudsstelle.
Der als Nachfolger von Frans Timmermans für den Posten des Vize-Kommissionspräsidenten vorgesehene EU-Kommissar Maroš Šefčovič wollte sich beim sogenannten „Grilling“ im EU-Parlament am 3. Oktober nicht auf ein Datum für die Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH festlegen. Er bekannte sich aber zumindest dazu, dass es ein wichtiger Vorgang sei, der veröffentlicht werde, sobald die Arbeiten daran abgeschlossen seien. Er nannte drei Hauptthemen in der Anhörung (Aufzeichnung): „Wir alle wollen saubere Luft atmen, Lebensmittel aus gesundem Anbau essen, unser Leben mit sauberer Energie bestreiten und langlebige und nachhaltige Produkte verwenden.“ Auch das Gesetz zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen sei „von überragender Bedeutung“. In der verbleibenden Amtszeit wolle er sich darauf konzentrieren, den europäischen Green Deal den Bürger*innen, der Industrie und Landwirtschafts- und Forstbetrieben nahezubringen und die noch fehlenden Dossiers abschließen. Hier nannte er unter anderem ÖkoDesign, kritische Rohstoffe, Verkehr, Methanemissionen, Gebäude und andere. Die EU-Chemikalienverordnung erwähnte er jedoch nicht.
EVP-Koordinator Peter Liese kommentierte: „Bei den schriftlichen Fragen ist interessant, dass es klare Verpflichtungen der Kommission gibt, bestimmte Gesetzgebungen zum Beispiel zum Tierschutz vorzulegen, dies aber für die Chemikaliengesetzgebung nicht gilt. Ich erwarte, dass der Vorschlag zur sogenannten REACH-Verordnung nicht mehr vor der Wahl vorgelegt wird.” Liese fand dies auch „sinnvoll”, denn die EU müsse sich auf Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze konzentrieren.
Das Europäische Umweltbüro (EEB) hatte bereits Mitte September in einem Offenen Brief angemahnt, dass die EU-Kommission die Überarbeitung der REACH-Verordnung nicht weiter verzögern dürfe. „Wir sind zutiefst besorgt über die anhaltende Verzögerung bei der Umsetzung der Säulen des europäischen Green Deals, die für eine umweltfreundliche und giftfreie Zukunft stehen“, heißt es in dem Schreiben. Weder im Letter of intent mit den Vorhaben für 2024 noch in den „Main Initiatives“ , die Ursula von der Leyen parallel zu ihrer Rede zur Lage der Union veröffentlicht hatte, wird die EU-Chemikalienpolitik explizit aufgeführt.
Einen Rüffel für ungenügende Offenlegung von Dokumenten hat die Europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly am 25. September der EU-Kommission erteilt. In ihren Empfehlungen konstatierte die EU-Ombudsstelle, dass die Weigerung der Kommission, der Öffentlichkeit vollen Zugang zu bestimmten Dokumenten zur Quecksilber-Verordnung zu gewähren, „einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit“ darstellt. Sie empfahl der Kommission, der Öffentlichkeit rechtzeitig vollen Zugang zu gewähren, damit diese ihr demokratisches Recht auf Einflussnahme auf die EU-Gesetzgebung ausüben könne. Die Dokumente wurden erst ausgehändigt, nachdem die Kommission ihren Vorschlag fertiggestellt und veröffentlicht hatte. [jg]
EU-Parlament: „Grilling“/ Šefčovič Dokumente
EU-Kommission: Hearing of Commission Executive Vice-President Maroš Šefčovič
ENDS Europe (kostenpflichtig): Šefčovič refuses to be pinned down on REACH reform und Šefčovič sets out green policy pipeline, with no mention of REACH
Ombudsman-Pressemitteilung: How the European Commission dealt with two requests for public access to impact assessments and opinions of the Regulatory Scrutiny Board regarding the envisaged revision of the EU regulations on chemical substances (REACH) and mercury
EU-Chemikalienpolitik kurz & knapp
- REACH/Unternehmen verstoßen gegen Aktualisierungspflicht: Die Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) hat zwischen 2021-2023 zwei Kampagnen durchgeführt, um Unternehmen an ihre Verpflichtung zu erinnern, ihre REACH-Registrierungen auf dem neuesten Stand zu halten. 57 der 689 überprüften Registrierungen verstoßen gegen die Aktualisierungspflicht nach Artikel 22 der EU-Chemikalienverordnung REACH. Dies betrifft 50 Unternehmen in 11 Mitgliedstaaten, so die ECHA .
- EuGH/neurotoxisches Pestizid bleibt verboten: Das Gericht des Europäischen Gerichtshofs hat am 4. Oktober entschieden, dass das EU-weite Verbot des Organophosphatpestizids Chlorpyrifos-Methyl von 2019 in Kraft bleibt. Vorausgegangen war eine Klage der Hersteller Ascenza Agro und Industries Afrasa gegen die EU-Kommission, die Qualität und Rechtmäßigkeit der wissenschaftlichen Bewertung, die zu dem Verbot führte, nicht anerkennen wollten. Die Organisation HEAL begrüßte das Urteil.
- Asbestschutz am Arbeitsplatz: Das EU-Parlament hat am 4. Oktober für besseren Schutz von Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz vor Asbest gestimmt: unter anderem gibt es höhere Grenzwerte und eine bessere Früherkennung.