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Ukraine-Krieg beenden und Energiewende beschleunigen
News | 16.03.2022
#Politik und Gesellschaft

Ukraine-Krieg beenden und Energiewende beschleunigen

Friedensdemo Berlin 11. März
© stoppt-den-krieg.de

Seit drei Wochen herrscht Krieg in der Ukraine. Seither fanden in Berlin und ganz Deutschland große Friedenskundgebung und Demonstrationen gegen den Krieg statt. Für die Sicherung des Friedens ist neben einer sofortigen Waffenruhe der zügige Umstieg von fossilen Importen auf heimische Wind- und Sonnenenergie dringend erforderlich.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg des russischen Präsidenten Putin auf die Ukraine erschüttert uns alle. In den letzten Tagen erreichten mich viele Stimmen aus der Mitgliedschaft, die ihre Betroffenheit zum Ausdruck brachten, von ihrer Unterstützung in den Verbänden berichteten und den DNR zur Koordinierung gemeinschaftlicher Aktionen baten. Ich danke allen sehr herzlich für Ihre Solidarität mit der Ukraine und Unterstützung in diesen politisch sehr ernsten Zeiten.

Die Friedenskundgebung am 27. Februar hat alle Erwartungen weit übertroffen. Bis zu 500.000 Menschen haben ein klares Zeichen gegen Putins Angriff auf die Ukraine gesetzt. Der DNR war im Trägerkreis aktiv bei der Organisation und Positionierung des Bündnisses beteiligt. Was hier innerhalb von drei Tagen von Campact und Greenpeace, aber auch von den Kolleg*innen der DNR-Mitglieder geschafft wurde, verdient allergrößten Respekt. Bei den jüngsten großen Kundgebungen und Demonstrationen am 13. März, auch wieder unter Beteiligung des DNR, gingen deutschlandweit erneut Zehntausende auf die Straße, um ein Ende des Kriegs zu fordern.

Trotz aller diplomatischen Bemühungen eskaliert die Lage in diesen Tagen dramatisch. Der Kampf um die großen Städte droht ähnlich zerstörerisch und blutig zu werden, wie seinerzeit das russische Vorgehen in Grosny und Aleppo – mit zehntausenden Opfern. Wir sind tief erschüttert und fühlen mit den Betroffenen Ukrainerinnen und Ukrainern. Wir halten unsere Türen offen für alle, die aus Kriegen entkommen können – unabhängig von Hautfarbe, Staatsangehörigkeit und Identität und ohne rassistische Zurückweisung.

Rascher Stopp von fossilen Energieimporten aus Russland wird teuer

Die von uns immer betonten sicherheitspolitischen Überlegungen des Umstiegs von fossilen Importen auf heimische Wind- und Sonnenenergie sind sehr schnell Realität geworden. Nicht nur, weil die russische Seite zunehmend droht, die Lieferungen einzustellen, sondern auch weil es bei uns in Politik und Zivilgesellschaft Rufe nach einem Stopp des Imports von Öl, Kohle und Gas aus Russland für die Dauer des Kriegs gibt. Klar ist, die sofortige Lossagung von fossilen Importen wird aufgrund der Versäumnisse der Vergangenheit nicht möglich und auch eine Lossagung von russischen Importen wird ein Ritt auf der Rasierklinge. Die Hälfte unserer Steinkohle, jeder zweite Kubikmeter Gas und jeder dritte Liter Öl kommen aus Russland. Der schnelle Weg hier raus wird teuer und er wird Zumutungen bedeuten.

Ziel muss es nun umso mehr sein, neben einer akuten Diversifizierung der Energieversorgung mittelfristig eine Energiesouveränität zu erreichen. Ganz aus heimischen Quellen werden wir den Energiebedarf hierzulande vermutlich nicht decken können. Mittelfristig werden wir uns wohl auch weiterhin zwischen der schlechten und der ganz schlechten Lösung entscheiden müssen. Umso wichtiger wird es sein, unsere Anstrengungen zur Stärkung der Energieeffizienz und auch der Einsparungen zu stärken – und ein Apolloprogramm für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu zünden.

Kai Niebert, DNR-Präsident
Wir werden zu Tugenden wie Sparsamkeit und dem richtigen Maß zurückfinden müssen. Die Zeit des Entweder-oder beim Tempolimit und dem Wollpullover in den heimischen vier Wänden ist vorbei.
Kai Niebert
DNR-Präsident

Der Angriff Putins zeigt vor allem eins: Wir müssen die Energiewende europäisch denken. und zu einem Projekt ganz Europas machen. Von Madrid bis Oslo, von Kopenhagen bis Wien und von Berlin bis Kiew. Doch bis wir uns von den fossilen Autokraten lossagen können, werden wir Jahre erleben, in denen Energie knapper wird. Werden wir zu Tugenden wie Sparsamkeit und dem richtigen Maß zurückfinden müssen. Hier werden wir politische, aber auch private Anstrengungen brauchen. Die Zeit des Entweder-oder beim Tempolimit oder dem Wollpullover in den heimischen vier Wänden ist vorbei. Wir werden jede Anstrengung brauchen. Umso wichtiger ist es, dass wir der Bundesregierung in einer Studie zur Klimaprämie aufgezeigt haben, wie eine unkomplizierte und gerechte Entlastung in den anstehenden schwierigen Transformationsphasen aussehen kann.

Die dritte große Krise neben Flucht und Energiepreisen ist die drohende Hungersnot im globalen Süden. Russland und Ukraine sind die Kornkammer der Welt. Infolge des Kriegs wird der Export von Weizen massiv einbrechen. Wir haben uns deshalb in einem offenen Brief an den Bundeslandwirtschaftsminister gewandt, um gegenzusteuern, ohne uns selbst unsere ökologischen Lebensgrundlagen zu entziehen. Dazu gehört, dass wir ein Sofortprogramm zum Abbau der Tierbestände brauchen, um mit unserem Getreide künftig Menschen zu ernähren, statt Tiere zu füttern. Auch eine sofortige Umnutzung überschüssiger Energiemaisflächen für die Ernährungssicherung ist dringend geboten.

Diese Krisen werden wir nur gemeinsam lösen und gemeinsam bewältigen können. Mich stimmt der große Einsatz der Umweltorganisationen, ja der gesamten Zivilgesellschaft, und das vielfältige, solidarisches Handeln sehr hoffnungsvoll.

Der Autor

Prof. Dr. Kai Niebert ist seit 2015 DNR-Präsident. Er forscht und lehrt als Nachhaltigkeitsexperte an der Universität Zürich, mit den Schwerpunkten Klimawandel und planetare Belastungsgrenzen.

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