Umweltaussagen: Vertrauenswürdig oder Verbrauchertäuschung?
„Ökologische“ und „umweltfreundliche“ Waren - wirklich? Die EU-Kommission will gegen Greenwashing vorgehen und hat Kriterien gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen vorgelegt. Verbraucher*innen sollen damit nachhaltige Kaufentscheidungen treffen können, ohne getäuscht zu werden. Dem WWF geht der Entwurf nicht weit genug.
Der Richtlinienvorschlag bezieht sich auf freiwillige umweltbezogene Werbeaussagen („Green Claims“) von Unternehmen, in denen Produkte oder Dienstleistungen oder das Unternehmen selbst beispielsweise als umweltfreundlich, bienenfreundlich, klimaneutral oder CO2-arm deklariert werden. Künftig gelten Mindestanforderungen. Derlei Umweltaussagen müssen durch Informationen untermauert und diese vorab überprüft werden. Dies schütze auch diejenigen Unternehmen, die wirklich „grün“ sind. Die Mitgliedstaaten sollen Überprüfungs- und Durchsetzungsverfahren einführen, die von unabhängigen, akkreditierten Prüfstellen durchgeführt werden sollen. Vergleiche mit anderen Produkten oder Dienstleistungen müssen fair sein und auf gleichwertigen Informationen und Daten beruhen. Pauschale Umweltaussagen dank eines umweltfreundlichen Einzelaspektes zur Gesamtumweltbewertung sind nicht mehr zulässig, zudem müssen Aussagen durch „allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert werden“. Darüberhinaus können Verbraucherschutzorganisationen klagen, wenn der Verdacht auf Greenwashing im Raum steht. In einem Anhang sollen unlautere Praktiken in einer Art „schwarzer Liste“ aufgeführt werden. Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Umsatz unter zwei Millionen Euro sind von den Verpflichtungen dieses Vorschlags ausgenommen, dürfen aber freiwillig mitmachen. Außerhalb der EU ansässige Unternehmen müssen die Vorschriften aber einhalten.
Der Vorschlag befasst sich auch mit Umweltzeichen-Systemen, „um die unkontrollierte Ausbreitung öffentlicher und privater Umweltsiegel zu stoppen und die Transparenz und Belastbarkeit der Kennzeichnungssysteme zu gewährleisten“. EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius twitterte: „230 Umweltzeichen auf dem EU-Markt, kein Wunder, dass es Verwirrung gibt.“ Die Hälfte aller in der EU verwendeten Umweltzeichen seien derzeit nicht überprüft – im Gegensatz zum offiziellen EU-Umweltzeichen.
Der WWF nannte den Entwurf „überfällig, aber nicht weitgehend genug“. Wesentliche Aspekte wie Biodiversität und Bodengesundheit blieben in den derzeit vorgeschlagenen Methoden außen vor. Außerdem gebe es noch zu viel Spielraum für Verbrauchertäuschung durch Klimaneutralitätslabels. Auch die von der Kommission vorgeschlagene Methode des „Product Environmental Footprint“, kurz PEF, sei zwar grundsätzlich ein brauchbares einheitliches Rahmenwerk zur Analyse von Umweltfolgen. Aber die Methode bilde derzeit noch nicht alle relevanten Umweltauswirkungen von Produkten ab und führ deshalb zu einseitigen Schlussfolgerungen, kritisierte die Organisation.
Einer Studie der Kommission aus dem Jahre 2020 zufolge seien 53,3 Prozent der geprüften Umweltaussagen in der EU als vage, irreführend oder unfundiert beurteilt worden und 40 Prozent waren nicht belegt. Da es keine gemeinsamen Vorschriften zu freiwilligen Umweltaussagen, sogenannten Green Claims, von Unternehmen gebe, komme es zu Grünfärberei und es entstünden ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt, wodurch wirklich nachhaltige Unternehmen benachteiligt werden.
Vor dem Inkrafttreten der neuen Regeln müssen EU-Parlament und EU-Rat noch darüber verhandeln. Der Vorschlag ist kommt parallel zum Vorschlag für ein Recht auf Reparatur (EU-News 23.03.2023). [jg]
EU-Kommission: