Verbände: starke Abwasserrichtlinie, mehr Schutz für Gewässer!
Ein breites Bündnis von europäischen und nationalen Umweltverbänden hat am 16. Januar die Zuständigen von Rat, Parlament und Kommission aufgefordert, die EU-Rechtsvorschriften zu kommunalem Abwasser fit für die Zukunft zu machen. Die belgische Präsidentschaft soll sich außerdem für neue Vorschriften für Grund- und Oberflächenwasser einsetzen.
30 Jahre sind die Vorschriften zu kommunalem Wasser nun alt. Aus Umweltsicht müssen sie dringend an die aktuellen und neu entstehenden Bedrohungen für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit angepasst werden. Die Neufassung müsse sich auch in den kommenden Jahrzehnten bewähren können, fordert ein breites Bündnis.
Ihre Positionen hatten Rat (EU-News 19.10.2023) und Parlament (angenommener Text) schon im letzten Jahr abgestimmt, nun geht es um die finale Fassung im sogenannten Trilogverfahren, in dem Kompromisse ausgehandelt werden, bevor die endgültige Abstimmung erfolgen kann.
Der BUND, der neben dem Europäischen Umweltbüro (EEB), Wetlands International, dem NABU und vielen weiteren das Positionspapier unterstützt, mahnte, dass Gesellschaft und die Natur einen hohen Preis für Wasserverschmutzung zahlten. Dennoch sei die Einleitung von unbehandeltem oder unzureichend behandeltem Abwasser nach wie vor ein Hauptgrund für das Scheitern eines guten Gewässerzustands, kritisierte die Organisation.
Das Bündnis fordert, folgende Schlüsselelemente in den neuen EU-Vorschriften zu kommunalem Abwasser beizubehalten:
- Keine Ausnahmeregelung mehr nach 2027 für bestehende Anforderungen an die Abwasserbehandlung;
- kohärente Vorschriften in der gesamten EU;
- Beibehaltung des Ziels der Entfernung von Mikroverunreinigungen;
- rechtzeitige Einführung von öffentlich zugänglichen integrierten Plänen für die Bewirtschaftung von kommunalem Abwasser;
- keine Aushöhlung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie;
- eine Regelung zur erweiterten Herstellerverantwortung, die alle Kosten im Zusammenhang mit der Entfernung von Mikroverunreinigungen abdeckt;
- ein Ziel der Energieneutralität;
- sicherstellen, dass die Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft das EU-Ziel der Nullverschmutzung nicht gefährden;
- Sicherstellung eines umfassenden Rahmens zur Verhinderung von Leckagen in Biomedien durch präventive Präventivmaßnahmen sowie eine regelmäßige Überwachung des Einsatzes dieser Technologie in Kläranlagen.
Dass ein sorgfältiger Umgang mit Abwässern europaweit vonnöten ist, zeigen nicht nur einige Meldungen von Dezember 2023: Ein Novovirus aus Abwässern kontaminierte vor den Festtagen Austern in Frankreich (RFI-Pressemeldung). Eine norwegische Studie belegt zudem, dass sich chemikalienbelastete Reifenrückstände von Straßen in Flüssen und Seen in einer Menge ausbreiten, die erheblich Umweltschäden verursachen kann (Meldung).
Parallel läuft die Diskussion um Grund- und Oberflächenwasser
Das Europäische Umweltbüro (EEB) hat die belgische Präsidentschaft in einem offenen Brief haußerdem aufgefordert, die Regulierung von Wasserschadstoffen zu einem guten Abschluss zu bringen. Dies sei auch einer der zehn „grünen Tests“ des Memorandums, das das EEB traditionell jeder Präsidentschaft mit auf den Weg ins Vorsitz-Halbjahr gibt.
Nicht einmal ein Drittel der europäischen Wasserkörper seien in einem guten chemischen Zustand, mahnte das EEB. Diese Bewertung zeige aber nicht das vollständige Problem, da der chemische Zustand gemäß der Wasserrahmenrichtlinie nur anhand einer kleinen und inzwischen veralteten Gruppe von Schadstoffen bewertet wird und die Auswirkungen chemischer Mischungen nicht berücksichtigt werden. Mehrere kritische Schadstoffe würden gar nicht erfasst, darunter per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS), Pharmazeutika und einige der am häufigsten verwendeten Pestizide. Die jüngsten Enthüllungen über PFAS-verschmutztes Wasser in Belgien und anderenorts in der EU zeigten, dass die Überwachung und Regulierung von Wasserschadstoffen dringend verbessert werden muss, um die Gesundheit von Mensch und Umwelt zu schützen.
In Deutschland ist Mitte Dezember eine neue Verordnung zur Sicherheit in Trinkwassereinzugsgebieten in Kraft getreten. [jg]
BUND: Gewässerschutz: Wir brauchen eine starke Richtlinie zu kommunalem Abwasser
EEB: The need for a Council agreement on [...] setting regulatory standards for water pollutants
Wassermeldungen kurz & knapp
- Wasserkraft und Wasserstoff: GegenStrömung hat in einem Factsheet zusammengefasst, wie der Trend zu Wasserstoff von der Wasserkraftindustrie genutzt wird, um neue Staudammprojekte voranzutreiben – und was diese für soziale und ökologische Folgen haben. Hierzu passt ein offener Brief von Eurelectric et al., die die europäische Wasserkraft als „eine strategische Netto-Null-Technologie“ bezeichnen.
- Finnisches Staudammprojekt ad acta: die Finnish Association for Nature Conservation (FANC) freut sich, dass nach einem 20 Jahr währenden Kampf das Sierilä Wasserkraftprojekt wegen zu hoher Kosten und gestiegenen Risiken nicht weiter verfolgt wird.
- Rote Liste Deutschland: Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) warnt angesichts der neuen Roten Liste der Süßwasserfische und Neunaugen in Deutschland, dass jede zweite Art gefährdet oder ausgestorben ist.
- Menschenrecht auf Wasser: FIAN bietet vom 15. bis 17. März in Bonn ein Multiplikator*innenseminar zum Menschenrecht auf Wasser an: Veranstaltungsseite.