Ein Fünftel aller Farnarten in Europa ist bedroht
Die Rote Liste wird immer länger: Ein Fünftel der europäischen Farn- und Bärlapp-Arten (Lycopodiaceae) - Gefäßpflanzen, die für gesunde Ökosysteme unentbehrlich sind - sind vom Aussterben bedroht und rückläufig. Gründe sind die zunehmende Urbanisierung und die Ausweitung der Infrastruktur, so ein neuer Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN).
Die Europäische Rote Liste der Lycopoden und Farne der IUCN bewertet zum ersten Mal das Aussterberisiko aller 194 europäischen Lycopoden- und Farnarten, von denen 53 ausschließlich in Europa vorkommen. Ein Fünftel dieser alten Arten, die vor über 400 Millionen Jahren entstanden, sind vom Aussterben bedroht. Ähnlich viele Arten weisen einen rückläufigen Trend auf. Aquatische Arten sind dabei stärker gefährdet als terrestrische. Der Bericht zeigt, dass Farne und Lycopoden die am stärksten bedrohte Pflanzengruppe der von der IUCN bisher in Europa beurteilten Pflanzen sind.
Der Einfache Rautenfarn (Botrychium simplex), auch Einfache Mondraute genannt, kommt zum Beispiel in mehreren Ländern vor, darunter Frankreich, Schweden und Österreich. Inzwischen muss er als gefährdet eingestuft werden, weil durch Umwandlung von Wäldern in Plantagen oder touristische Entwicklungen erhebliche Lebensraumverluste zu verzeichnen sind. Auch die Umweltverschmutzung durch städtische und landwirtschaftliche Abfälle ist für viele Farne und Lycopoden eine ernste Bedrohung. Infolgedessen leiden viele terrestrische und aquatische Ökosysteme unter Eutrophierung, also einem Anstieg der Nährstoffe, der dazu führt, dass lokale Arten von anderen einheimischen oder invasiven gebietsfremden Arten verdrängt werden. Dies bedroht insbesondere Wasserlebewesen, darunter das vom Aussterben bedrohte Brachsenkraut (Isoëtes malinverniana). Es kommt nur in Norditalien vor. Seine Bestände haben in den letzten 30 Jahren um mehr als 80 Prozent abgenommen, hauptsächlich als Folge der Verschmutzung durch schlecht durchdachte Bewässerung.
EU-Umweltkommissar Karmenu Vella forderte die EU-Mitgliedstaaten auf, die gefährdeten Farn- und Lycopodenarten besser zu schützen. Diese Arten seien "eine lebendige Verbindung zu einer Zeit noch vor den Dinosauriern". [jg]