Mittelprächtiger Erfolg: Rückblick auf estnische EU-Ratspräsidentschaft
Wenn das Europäische Umweltbüro (EEB) alle sechs Monate seine Bewertung der Umwelterfolge der vergangenen EU-Ratspräsidentschaft veröffentlicht, sollte die Politikebene hellhörig werden. Denn das EEB ist das größte Netzwerk von Umweltorganisationen in Europa mit mehr als 140 Mitgliedern in über 30 Ländern. Anlässlich der Rotation der EU-Präsidentschaft erscheint traditionell eine Bewertung der scheidenden Präsidentschaft (Estland) und eine Veröffentlichung der zehn Grünen Tests für die kommende Präsidentschaft (Bulgarien).
Die Bewertung unterscheidet zwischen Aufwand und Ergebnis und berücksichtigt auch, was in der Macht einer Präsidentschaft liegt. Die wichtigsten Ergebnisse der Bewertung für Estland sind:
- Die estnische Ratspräsidentschaft hat sich sehr ins Zeug gelegt und die Verhandlungen über Abfall, Klima und Energie mehr oder weniger abgeschlossen, allerdings ließ der Inhalt der Abkommen viel zu wünschen übrig.
- Zum Klimawandel: Die Vereinbarungen erfüllen nicht die Anforderungen des Übereinkommens von Paris, insbesondere im Hinblick auf die Zukunft des EU-Emissionshandelssystems (ETS) und auf die Emissionen aus der Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF)
- Abfallpolitik: Schwache Bestimmungen zu Vermeidung, Recycling und erweiterter Herstellerverantwortung wurden nur geringfügig durch strengere Bestimmungen zur obligatorischen Materialtrennung ausgeglichen.
- Zu Umweltdemokratie und zum Aarhus-Übereinkommen: Obwohl der Standpunkt der EU auf der Tagung der Vertragsparteien des Übereinkommens sehr problematisch war, was den Widerstand der Kommission gegen den Mangel an wirksamem Zugang zu Gerichten auf EU-Ebene widerspiegelt, hat Estland sich bemüht, den Schaden in Grenzen und das Thema auf der Tagesordnung zu halten.
- Zu Chemikalien und Umweltverschmutzung: Äußerlich waren die Vorbereitungen für die erste Konferenz der Vertragsparteien des Minamata-Übereinkommens über Quecksilber und die Umweltkonferenz der Vereinten Nationen (UNEA-3) erfolgreich. Innerhalb der EU waren die Bemühungen Estlands, die Schnittstelle zwischen der Produkt-, Abfall- und Chemikalienpolitik hervorzuheben und Transparenz bei gefährlichen Stoffen in Produkten zu fördern, ebenfalls willkommen.
- Zur Fischerei: Die Kluft zwischen der derzeitigen Politik und dem, was für die Nachhaltigkeit erforderlich ist, bleibt enttäuschend groß.
Das EEB hat außerdem zehn "grüne Tests" für die bevorstehende bulgarische Präsidentschaft veröffentlicht. Bulgarien soll sicherstellen, dass die Pläne für den EU-Haushalt nach 2020 dem Pariser Klimaabkommen und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Rechnung tragen und dass Phase 2 der Brexit-Verhandlungen in Gang kommt. "Der Brexit-Prozess darf nicht dazu führen, dass der EU-Besitzstand und die Umweltgrundsätze der EU untergraben werden" heißt es in dem Forderungspapier. Der Zugang zum EU-Markt müsse mit der Einhaltung des EU-Rechts im Umweltbereich verbunden sein.
Sowohl die Bewertung als auch die neuen "Prüfsteine" sind in Zusammenarbeit mit den Umweltorganisationen Bildlife Europe und Seas at Risk entstanden. [jg]