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Handelsabkommen: EU und Mercosur-Staaten einigen sich
EU-News | 11.12.2024
#EU-Umweltpolitik #Landwirtschaft und Gentechnik #Wirtschaft

Handelsabkommen: EU und Mercosur-Staaten einigen sich

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c. Pixabay

Die EU-Kommissionspräsidentin hat mit vier Staatschefs aus Lateinamerika ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Die Reaktionen sind überwiegend negativ. Sowohl der Bauernverband als auch zivilgesellschaftliche Organisationen protestieren in seltener Einigkeit gegen das EU-Mercosur-Abkommen.

Trotz anhaltender Bedenken von Frankreich, Italien oder Polen und zahlreichen Protesten aus der Zivilgesellschaft sowohl in Lateinamerika als auch Europa hat die EU am 6. Dezember die Verhandlungen über eine Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihre Amtskollegen aus vier Mercosur-Ländern – der brasilianische Präsident Lula, der argentinische Präsident Milei, der paraguayische Präsident Peña sowie der uruguayische Präsident Lacalle Pou – wollen das „bahnbrechende Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur“ voranbringen. 

Die neue Freihandelszone umfasst 780 Millionen Menschen und soll für die rund 30.000 europäischen Unternehmen in der Region einen wichtigen Markt in Lateinamerika darstellen. Die Zölle, die derzeit zwischen 10 und 35 Prozent liegen, sollen schrittweise für viele Produkte abgeschafft werden. Das vorgeschlagene Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur besteht aus zwei Säulen: „politischer Dialog und Zusammenarbeit“ sowie „Handel“. Das Ende der Verhandlungen stellt allerdings nur den ersten Schritt auf dem Weg zum Abschluss des Abkommens dar. Nach der abschließenden rechtlichen Überprüfung durch beide Seiten wird der Text in alle Amtssprachen der EU übersetzt und anschließend dem Rat und dem Parlament vorgelegt.

Gefahr für Umwelt und Menschenrechte 

Kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen in Montevideo hatten 395 zivilgesellschaftliche Organisationen, soziale Bewegungen und wissenschaftliche Institutionen aus Lateinamerika und Europa eindringlich vor dem Abkommen gewarnt. Sie forderten einen Stopp des Vertrags, da dieser die Interessen von Konzernen über den Schutz von Menschen, Umwelt und demokratischen Rechten stelle. Das Freihandelsabkommen begünstige den Export von Fleisch- und Futtermitteln aus Lateinamerika in die EU. Dafür müssten indigene Gemeinschaften weichen, und wertvolle Regenwaldflächen würden zerstört, um Platz für Rinderherden und Sojaanbau zu schaffen. 

Im Gegenzug planten die EU-Staaten, vermehrt Pestizide und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nach Lateinamerika zu exportieren. „Statt Lösungen anzubieten, wirkt das EU-Mercosur-Abkommen wie ein Brandbeschleuniger für soziale und ökologische Krisen. Das Abkommen ist Gift für die Artenvielfalt und wird das Klima weiter anheizen. Durch Billigimporte gerät unsere heimische Landwirtschaft außerdem noch mehr unter Druck. Nicht ohne Grund protestieren Bäuerinnen und Bauern in vielen EU-Staaten gegen den Vertrag“, erklärt Ludwig Essig, Experte für Handelspolitik am Umweltinstitut und Koordinator des Netzwerks gerechter Welthandel.

Auch Fairtrade International – eine Nichtregierungsorganisation und Dachverband der nationalen Fairtrade Organisationen und der Produzentennetzwerke – reagierte wegen zahlreicher Mängel besorgt. Das über 20 Jahre alte Mandat berücksichtige Klima und Biodiversität nicht ausreichend, außerdem beinhalte das Abkommen keine Garantie für existenzsichernde Löhne, gerechtere Preise und Einkaufspraktiken und setze Kleinbauernfamilien einer noch größeren Unsicherheit aus. „Fairtrade International ist der Ansicht, dass existenzsichernde Löhne und Einkommen zu den Menschenrechten gehören und für die Erreichung aller nachhaltigen Entwicklungsziele unerlässlich sind“, mahnte die Organisation. 

In der Tat äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied enttäuscht, „dass das Mercosur-Abkommen ohne wesentliche Veränderungen des Agrarteils zum Abschluss gebracht wurde“. Es gehe „einseitig zu Lasten der europäischen Bauern“ und schwäche die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Die geplanten Mechanismen zum Schutz europäischer Standards für Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung seien „nach wie vor völlig unzureichend“, so Rukwied. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat als nun entscheidende Institutionen dürften das Abkommen in dieser Form nicht annehmen. Auch eine laut euronews von der europäischen Bauernlobby COPA-COGECA und den belgischen Bauernverbänden organisierte Demonstration vor dem Gebäude des Rats in Brüssel prangerte den „unlauteren Wettbewerb“ an.
Die Chemieindustrie dagegen begrüßte das Abkommen und sieht neue Exportmöglichkeiten. [jg]

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