EU-Nitratrichtlinie muss endlich umgesetzt werden
Die Debatte um die deutsche Düngeverordnung und das laufende Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie nimmt weiter an Fahrt auf.
Anlässlich der heutigen Großkundgebung in Münster, bei der der westfälisch-lippische Landwirtschaftsverband gegen eine Verschärfung des Düngerechts protestiert, betonen Umweltorganisationen wie NABU, BUND und WWF Deutschland noch einmal die Forderungen an die Politik: um die extreme Überdüngung, vor allem in roten Gebieten, herunterzufahren, ist eine Reduzierung der Tierbestände unumgänglich. Zudem braucht es eine einheitliche Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar, damit die Europäische Rechtsetzung richtig umgesetzt werden kann.
„Was wir momentan auch im Bereich der Landwirtschaft erleben, ist die Folge eines jahrelangen Politikversagens. Im Rahmen der Agrarpolitik wurden die Gewässer und das Grundwasser lange nicht so geschützt, wie es die EU vorschreibt. Stattdessen wurde die teilweise massive Überdüngung von Böden und Gewässern hingenommen und enorme Stickstoffüberschüsse toleriert. Erst die nun drohenden Strafzahlungen aus Brüssel bringen Bewegung in die Sache“, kommentiert Christian Rehmer, Leiter Agrarpolitik beim BUND.
Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU scheinen derweil die Brisanz der Lage noch nicht zu realisieren. Sie fordern einen sofortigen Stopp des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland anstatt ihre Energie in die notwendige Verbesserung der Düngeverordnung zu investieren.
Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die von Deutschland eingereichten Änderungsvorschläge des deutschen Düngerechts reichten bei weitem nicht aus, daher muss Deutschland erneut nachbessern – ansonsten drohen Strafzahlungen (s. EU-Umweltnews vom 25.03.2019 und DNR-PM vom 31.01.2019).
Auch anderen EU-Mitgliedstaaten bereitet die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie Probleme. Generalanwältin Dr. Juliane Kokott des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH) empfiehlt, dass Einzelpersonen und öffentliche Einrichtungen, die durch Nitratverschmutzung im Grundwasser beeinträchtigt sind, ein Recht darauf haben, nationale Behörden zum Handeln zu verpflichten. Der EUGH zieht damit zum ersten Mal in Betracht, dass Kläger*innen sich auf die EU-Nitratrichtlinie berufen können, um Programme zur Reduzierung der Nitratverschmutzung voranzubringen.
Die Generalanwältin sprach ihre Empfehlung in einer Auseinandersetzung zwischen der österreichischen Regierung und einer Gruppe von Kläger*innen aus. Der EUGH wird in den nächsten vier Monaten eine endgültige Entscheidung in diesem Fall treffen. [lr]
NABU-Pressemitteilung
BUND-Pressemitteilung
WWF-Pressemitteilung
Artikel Top-Agrar
Schlussantrag Generalanwältin Kokott