Rüge wegen voreiliger Pestizidgenehmigungen
Die EU-Kommission sollte die Verwendung von Pestiziden nur noch genehmigen, wenn diese von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als sicher für Umwelt und Menschen eingestuft wurden. Zu dem Schluss kommt die Europäische Bürgerbeauftragte im Fall einer Beschwerde des Pestizid Aktionsnetzwerks Europa (Pan Europe).
Die gegenwärtige Praxis sei besorgniserregend, stellte die Europäische Ombudsfrau Emily O‘Reilly am Montag fest, als sie ihre abschließende Untersuchung der Beschwerde zur vorzeitigen Verwendungserlaubnis von Pestiziden veröffentlichte. In ihrem Statement empfahl sie der Kommission, nur noch von der EFSA als sicher erachtete Verwendungen zu genehmigen und ihre Entscheidungen in einfach verständlicher Sprache zu erläutern. Sie forderte die EU-Exekutive außerdem dazu auf, ihre vorzeitigen Verwendungsgenehmigungen ohne ausreichende Datengrundlage nur noch eingeschränkt zu erteilen. Das Verhalten der Kommission sei insbesondere angesichts des in der Farm-to-Fork-Strategie angekündigten Ziels einer 50-prozentigen Pestizidreduktion bis 2030 verwundernd, so O‘Reilly.
Pan Europe begrüßte die Forderungen der Ombudsfrau nach einem transparenteren und sichereren Zulassungsverfahren für Pestizide. Die Organisation hatte 2013 in ihrer Beschwerde angeprangert, dass Hersteller von Pestiziden Daten über die Sicherheit der Stoffe zum Zeitpunkt der Zulassungsprüfung noch nicht vorlegen müssen, sondern dies auch zu einem späteren Zeitpunkt tun können. Das eigentlich als Ausnahmeverfahren eingeführte System sei von der EU-Kommission in den letzten Jahren immer häufiger angewandt worden. Nach Angaben von Pan Europe sei dies 2019 in 55 Prozent der Genehmigungen der Fall gewesen. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zum Versprechen der Kommission aus dem Jahr 2016, die Verwendung dieser vorläufigen Genehmigung drastisch zu reduzieren.
„Angesichts der Tatsache, dass Landwirtschaft und Pestizide die Hauptursache für den Rückgang der biologischen Vielfalt sind, scheint sich die Methode der Ausnahmegenehmigung für Wirkstoffe in Pestiziden zum EU-Standardverfahren für die Beschleunigung des Artenverlusts entwickelt zu haben", erklärte Hans Muilerman, Chemikalienkoordinator bei Pan Europe. „Das kann eindeutig nicht so weitergehen - wir schließen uns der EU-Ombudsfrau an und fordern Kommissarin Kyriakides auf, diese Praxis sofort zu beenden und sich an das Gesetz und die wissenschaftlichen Bewertungen der EFSA zu halten“, so Muilerman weiter.
Pan Europe schätzt, dass etwa 200 Wirkstoffe, die eine Gefahr für die Umwelt und die biologische Vielfalt in der EU darstellen, von der EU-Kommission auf diese Weise zugelassen wurden – in einigen Fällen „unter völliger Missachtung der Bewertungen der EFSA, die sie als ‚unsicher‘ identifiziert hatte.“
Die EU-Kommission hat nun bis zum 21. Februar Zeit, auf die Schlussfolgerungen der Ombudsfrau zu reagieren. [km]
Der Green Deal-Super-Mittwoch
Jetzt kommt's dicke: An diesem Mittwoch präsentierte die EU-Kommission nicht nur die seit zwei Jahren überfällige Chemikalienstrategie, sondern auch noch ihre Pläne zur Renovierungswelle, das achte Umweltaktionsprogramm, ihre Methanstrategie sowie den Bericht zur Lage der Energieunion inklusive Bewertung der nationalen Energie- und Klimapläne.
NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE FÜR CHEMIKALIEN
Lesen Sie hier die Forderungen der deutschen Umweltverbände zur EU-Chemikalienstrategie.