Gas für gerechten Übergang, Schiffsverkehr, Energienetze im Parlament
Ein Ausschussbericht zum Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Funds, JTF) erregt die Gemüter. Der Umweltausschuss will den Schiffsverkehr in den Emissionshandel integrieren. Und eine Analyse weist auf den Einfluss der Gasindustrie auf Energienetze hin.
Fördergeld für fossiles Gas
Alle Warnungen von Umweltschutzorganisationen in den Wind geschlagen (EU-News vom 02.07.2020), haben offenbar die Mitglieder des REGI, als sie am Montag ihren Bericht zum Fonds für einen gerechten Übergang annahmen und damit fossilem Erdgas als „Übergangstechnologie“ einen festen Platz auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität 2050 einräumen wollen.
Markus Trilling vom Climate Action Network (CAN) Europe kritisierte, dass die EU damit für Jahrzehnte von diesem fossilen Energieträger abhängig gemacht werden würde. Eine einmalige Chance für den Umbau des Energiesektors, für die Schaffung neuer Jobs und für den Klimaschutz werde vertan. Mit diesem Schritt richte sich der Ausschuss außerdem gegen die Positionen von EU-Kommission und EU-Mitgliedstaaten, die jeweils fossiles Gas von EU-Förderung ausschließen wollen.
Auch der WWF reagierte ablehnend und appellierte an das gesamte EU-Parlament, diesen Fehler mit der für September geplanten Abstimmung zu korrigieren. Das bedeute, Subventionen für alle fossilen Brennstoffe zu beenden. Erdgas sei eine Sackgasse auf dem Weg zu einem gerechten und klimaneutralen Europa, unterstrich Katie Treadwell vom europäischen Büro des WWF.
Nach dem Willen der Abgeordneten soll außerdem ein Belohnungssystem (Green Rewarding Mechanism) Einzug halten: 18 Prozent der JTF-Gelder sollen an EU-Mitgliedstaaten ausgezahlt werden, die besonders schnell ihre CO2-Emissionen verringern. Auch solle der Förderbereich erweitert werden und zusätzlich Mikrounternehmen, nachhaltigen Tourismus, Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen, Energiespeichertechnologien, nachhaltige Mobilität oder auch Projekte gegen Energiearmut in den Blick nehmen.
Außerdem nahmen die REGI-Mitglieder Stellungnahmen zum EU-Klimaschutzgesetz und zum Europäischen Jahr der Schiene 2021 an.
Schiffsverkehr im Emissionshandel
Der Umweltausschuss (ENVI) im EU-Parlament votierte am Dienstag dafür, den EU-Schiffsverkehr in das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) einzubeziehen. Ebenso wollen die Abgeordneten ein neues sektorspezifisches Klimaziel von minus 40 Prozent CO2 bis 2030 durchsetzen. Der Ausschuss reagierte damit auf einen Vorschlag der EU-Kommission, die die Verordnung über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser Emissionen („MVR Regulation“) überarbeiten will. Die Berichterstatterin Jutta Paulus (Grüne/EFA, Deutschland) sagte: „Beobachten und Berichterstatten von CO2-Emissionen ist wichtig, aber Statistiken allein sparen nicht ein Gramm CO2 ein.“
Die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) begrüßte den Vorstoß, da damit dem Verursacherprinzip Rechnung getragen werde. Die Kommission solle dem ENVI in dieser Sache zu folgen.
Gasindustrie heimst EU-Gelder ein
Am morgigen Freitag stimmt das Plenum des EU-Parlaments voraussichtlich über den Bericht des Industrieausschusses über Konzepte der Energiespeicherung (EU-News vom 02.07.2020) sowie über Entschließungsanträge für neue Leitlinien der transeuropäischen Energienetze (TEN-E) ab. Die dazugehörige Verordnung will die EU-Kommission neu fassen.
Die Umweltschutzorganisationen Friends of the Earth Europe (FoEE) und Food & Water Action Europa zeigen in einer Analyse, dass ein Schlupfloch in der aktuell geltenden Verordnung zu transeuropäischen Energienetzen dazu geführt hat, dass die Gasindustrie mehr als eine Milliarde Euro an EU-Geldern für Gasprojekte einstreichen konnte. Mindestens 60 Prozent aller EU-Gelder, die für die Entwicklung von Gasinfrastruktur vorgesehen sind, gingen anscheinend an Projekte, die auf das Beratungsgremium ENTSO-G (The European Network of Transmission System Operators for Gas – Europäisches Netzwerk der Übertragungsnetzbetreiber für Gas) zurückgehen sollen. ENTSO-G-Mitarbeiter*innen wiederum sollen enge Verbindungen zu Gas- und Ölkonzernen wie Engie, Enagas und OMV haben.
Beide Organisationen fordern, dieses Gremium durch eine unabhängige, transparente Behörde zu ersetzen und die überarbeitete TEN-E-Verordnung in Einklang mit den Zielen des Europäischen Green Deals zu bringen. [aw]
REGI: Just transition in EU regions: support to people, economy and environment
REGI Voting time - 6 July 2020 - Just Transition Fund report adopted
WWF EU: MEPs vote for gas, against a real just transition
ENVI: Shipping industry must contribute to climate neutrality, say MEPs
T&E: MEPs back CO2 targets and EU carbon market for shipping
Tagesordnung der Plenarsitzung für Freitag, den 10.07.2020
Reaktion von FoEE: Flaw in EU energy law helped gas industry pocket €1 billion of taxpayer funds