Green Deal: viele Unterstützer*innen, aber der Zeitplan wackelt
Der europäische Green Deal (EGD) muss im Zentrum der wirtschaftlichen Wiederbelebung nach der Covid-19-Pandemie stehen, fordern EU-Abgeordnete, zivilgesellschaftliche Akteure, 13 EU-Umweltminister*innen und sogar Unternehmen. Doch Brüssel ändert erstmal den Zeitplan.
Leak deutet auf Verschiebungen
Etliche Maßnahmen des Green Deals werden aufgrund der Corona-Pandemie anscheinend nicht zum ursprünglich geplanten Termin veröffentlicht. Das geht aus einem geleakten Dokument der EU-Kommission hervor, welches dem Nachrichtenportal EurActiv vorliegt. Um “freie Kapazitäten” zu schaffen, bereite die Kommission derzeit ein angepasstes Arbeitsprogramm 2020 vor, dessen Veröffentlichung für den 29. April erwartet wird.
Der 2030-Klimaplan, die erneuerte Strategie für nachhaltige Finanzen sowie die Initiative für Gebäudeenergieeffizienz (“Renovierungswelle”) sollen laut Leak wie geplant im dritten Quartal vorgelegt werden.
Eine mögliche Verschiebung betrifft die EU-Biodiversitätsstrategie, die Farm-2-Fork-Strategie, die Strategie für nachhaltige Mobilität, die Strategie für nachhaltige Chemikalien, den Europäischen Klimapakt sowie die Offshore-Windenergie-Strategie. All diese Maßnahmen haben keinen Gesetzescharakter. Doch auch die Veröffentlichung des legislativen 8. Umweltaktionsprogramms wird möglicherweise vom zweiten Quartal in die zweite Jahreshälfte 2020 verschoben.
Dem Kommissionsdokument zufolge werden die Strategie zur Anpassung an den Klimawandel, die Forststrategie, eine neue Gesetzesinitiative zur Stärkung von Verbraucher*innenrechten sowie die Gesetzesvorschläge zu nachhaltigen Kraftstoffen im Flugverkehr (ReFuelEU Aviation) bzw. im Schiffsverkehr (FuelEU Maritime), welche allesamt für das vierte Quartal 2020 angedacht waren, definitiv auf das kommende Jahr verschoben.
EGD-Gruppe im Umweltrat
In einem Op-Ed für das Nachrichtenportal Climate Home News haben die Umweltminister*innen von Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien ausdrücklich befürwortet, den europäischen Green Deal zum Maßstab für sämtliche Erholungsprogramme der europäischen Volkswirtschaften nach der Covid-19-Pandemie zu machen. Sie betonen, dass man die Klima- und die ökologische Krise nicht aus den Augen verlieren dürfe.
Klima- und Umweltschutzorganisationen wie CAN Europe, der WWF oder Greenpeace begrüßten die Position der 13 Umweltminister*innen.
EGD-Bündnis unter Federführung des EU-Parlaments
Wie das Nachrichtenportal EurActiv am Dienstag berichtete, haben sich auch zahlreiche EU-Abgeordnete verschiedener Fraktionen sowie Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Wirtschaft, Gewerkschaften sowie Denkfabriken auf Initiative des Vorsitzenden des Umweltausschusses Pascal Canfin (Renew Europe, Frankreich) zur „Allianz für grüne Erholung“ zusammengeschlossen. Die Unterstützer*innen sprechen sich dafür aus, den Kampf gegen den Klimawandel und gegen den Verlust der Biodiversität als essentielle Bestandteile des wirtschaftlichen Erholungsplans nach der Coronakrise anzuerkennen.
Ähnlich äußert sich das Europäische Umweltbüro (EEB) in einem am Mittwoch erschienenen Positionspapier. Es listet fünf Dinge auf, die die Regierungen in den kommenden Wochen tun müssen: Den Green Deal als “grüne Vorlage” für eine bessere Zukunft weiterentwickeln, Finanzhilfen nicht in klima- und umweltschädliche Wirtschaftszweige fließen lassen, gute Regierungsführung und demokratische Rechenschaftspflicht sichern, grenzüberschreitende Zusammenarbeit intensivieren und die Vision einer besseren Zukunft schaffen.
Vorige Woche bereits forderte das EEB eine grundlegende Änderung des Steuerrechts im Rahmen der wirtschaftlichen Konjunkturpakete: Verschmutzung statt Arbeit besteuern. In seiner Rückmeldung auf die Konsultation zur Energiesteuer-Richtlinie der EU-Kommission unterstrich das EEB die Dringlichkeit, die Konjunkturprogramme an Nachhaltigkeit auszurichten. [aw]
EurActiv: LEAKED: Full list of delayed European Green Deal initiatives
Climate Home News: European Green Deal must be central to a resilient recovery after Covid-19 (Op-Ed)
Reaktion von CAN Europe: “EU ministers call for green recovery”
Reaktion Greenpeace EU: 10 European governments call for green recovery plan
Reaktion WWF EU: EU governments rally behind green recovery
EurActiv: ‘Green recovery alliance’ launched in European Parliament
Pascal Canfins Ankündigung auf Twitter
EEB-Positionspapier: Turning fear into hope: Corona crisis measures to help build a better future
EEB Metamag: Tax pollution, not labour – NGOs
Weitere Informationen: Briefing des EU-Parlaments: Impact of the coronavirus crisis on climate action and the European Green Deal