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Fischereirat, Fischereikontrollverordnung, Raumplanung und mee(h)r
EU-News | 29.06.2023
#Wasser und Meere

Fischereirat, Fischereikontrollverordnung, Raumplanung und mee(h)r

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Seas At Risk kritisiert Schlussfolgerungen des Rates zum Fischereipaket. Oceana lobt die Fischereikontrollverordnung. Der WWF mahnt, dass die „Patchwork-Planung der EU-Mitgliedstaaten“ die ökologische und wirtschaftliche Zukunft des Mittelmeers gefährdet.

Die für Fischerei zuständigen Ministerinnen und Minister hatten in ihrer Sitzung am 27. Juni unter anderem auf der Agenda: einen Gedankenaustausch über die Gemeinsame Fischereipolitik und Fangmöglichkeiten für 2024, einen Entwurf von Schlussfolgerungen des Rates zum Paket zur Fischereipolitik, den Standpunkt zum mehrjährigen Bewirtschaftungsplans für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer sowie ein Fischereiabkommen zwischen der EU und Madagaskar. [Zu den landwirtschaftlichen Themen siehe diese EU-News]

Weigert sich der Fischereirat, zerstörerische Fischerei zu beenden?

Die Fangquoten für 2024 werden traditionell erst im Herbst endgültig festgelegt, der Fischereirat hat also noch keine Beschlüsse gefasst. Die Schlussfolgerungen zum vierteiligen und von Umweltverbänden als zu schwach beurteilten Fischereipaket (EU-News 23.02.2023) sind auch noch als Entwurf deklariert, weil 26 von 27 Mitgliedstaaten zustimmten, Italien bisher aber nicht. Der Entwurf hat es aber in sich: Unter anderem wird darin die Kommission aufgefordert, erstmal eine umfassende Folgenabschätzung zu ihrem vorgeschlagenen Aktionsplan: „Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ zu veröffentlichen. Der Fischereirat betonte außerdem, „dass ein allgemeines Verbot beweglicher grundberührender Fanggeräte nicht im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen“ stehe.

Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk nannte die Schlussfolgerungen „unverantwortlich“, da umweltzerstörerische Fischereipraktiken wie Grundschleppnetzfischerei nicht aufgegeben werden sollen, obwohl dies zum Wohle des Planeten, der Bürger*innen und Fischereibetrieben wäre. Unabhängig vom Ergebnis des Fischereirates müssten sich die Mitgliedstaaten ohnehin an das EU-Umweltrecht halten, einschließlich der Minimierung des Beifangs empfindlicher Arten und des Verbots schädlicher Tätigkeiten in Meeresschutzgebieten, so die Organisation.

Trilogeinigung bei der Fischereikontrollverordnung

Oceana begrüßte die Annahme der neuen Fischereikontrollverordnung durch Ratsvertreter*innen und den Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments am 27. Juni. Die Verordnung sei „eine bahnbrechende Rechtsvorschrift“, die die Überwachung der Fischereitätigkeiten verbessere und die Installation von Ortungssystemen auf allen EU-Fischereifahrzeugen, einschließlich der 49.000 kleineren Fischereifahrzeuge, vorschreibe. Die könne dazu führen, im weltgrößten Absatzmarkt für Meeresfrüchte die Effizienz der Fischerei zu verbessern und die illegale Fischerei zu bekämpfen. Die Vereinbarung beweise, dass „eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Behörden, Umweltorganisationen und der Fischereigemeinschaft der Schlüssel zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Meeresressourcen ist", sagte Oceana-Sprecher Ignacio Fresco Vanzini. Erfreulich sei auch die transparente Informationspflicht für die Öffentlichkeit und der jährliche Bericht der MItgliedstaaten, wie viele Verstöße in ihren Gewässern festgestellt und welche Sanktionen verhängt wurden. Die neue EU-Fischereikontrollverordnung werde auch eine bessere Rückverfolgbarkeit für verarbeitete Produkte wie Thunfischkonserven vorschreiben, so Oceana. Eine formale Bestätigung durch Parlament und Rat steht noch aus, gilt aber als sicher.

WWF kritisiert maritime Raumplanung im Mittelmeer

Eigentlich soll bei der maritimen Raumplanung ein ökosystembasierter Ansatz für die langfristige Bewirtschaftung verfolgt werden. Doch was die Mitgliedstaaten bisher vorgelegt haben, sei innerhalb und über die Grenzen hinweg nicht aufeinander abgestimmt, berücksichtige den Klimawandel nicht und verfehle Ziele für erneuerbare Energien und Meeresschutz, kritisiert das WWF-Europabüro, das die Pläne unter die Lupe genommen hat. Von vier Mitgliedstaaten (Kroatien, Zypern, Griechenland und Italien), gibt es noch gar keine Pläne für ihre Meeresgebiete, deshalb sind Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Und auch Slowenien, das Land mit den besten Ergebnissen aus WWF-Sicht, könne bei der Anwendung eines ökosystembasierten Ansatzes zur Bewirtschaftung seiner Gewässer nur einen Teilerfolg (56 Prozent) erzielen. Kein Mitgliedstaat im Mittelmeerraum dürfte mit seinen Plänen das Ziel des europäischen Grünen Deals erreichen, den Gesamtanteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 40 Prozent zu erhöhen. Kein nationaler Plan befasse sich erfolgreich mit den räumlichen und zeitlichen Unwägbarkeiten des Klimawandels, obwohl die Region für den Anstieg des Meeresspiegels und der Temperaturen anfällig sei. Eine schlechte grenzübergreifende Zusammenarbeit sei ebenso festzustellen wie die „insgesamt fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit am Planungsprozess“, kritisierte die Organisation. Der WWF schlägt eine spezielle regionale Arbeitsgruppe vor, die sich auf die Integration und Umsetzung eines ökosystembasierten Ansatzes konzentriert.

Bis 2021 hätten die Mitgliedstaaten nationale Pläne einreichen müssen. Gemäß der EU-Richtlinie über die maritime Raumplanung (MSP) sind sie rechtlich verpflichtet, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten und die ökologischen Faktoren in ihren Meeresgebieten zu berücksichtigen, um dann den verschiedenen Sektoren Raum zuzuweisen, um langfristig Nachhaltigkeit zu gewährleisten. [jg]

 

Ergebnisse Fischereirat 26./27.06.2023

Seas At Risk: EU Fisheries Ministers refuse to end destructive fisheries

Oceana applauds landmark rules for EU fisheries control: vessel tracking will be compulsory for all fishing vessels

WWF: Patchwork planning by EU Member States puts Mediterranean Sea’s ecologic and economic future at risk

Meeresschutz kurz und knapp
  • Walfang gestoppt: Eine der letzten Walfangnationen, Island, hat am 20. Juni den kommerziellen Finnwalfang bis Ende August gestoppt, weil die Tötung der Wale dem isländischen Tierschutzgesetz widerspreche. Begrüßt wurde dieser Schritt von der Deutschen Stiftung Meeresschutz, IFAW und der Tierschutzorganisation Humane Society International (HSI)
  • Meeresschutz-Kanzler-Appell: Der NABU sammelt derzeit Unterschriften, damit Meeresschutzgebiete in Deutschland auch tatäschlich und nicht nur auf dem Papier Ökosysteme und Arten schützen: Mitmachen.
  • BBNJ-Abkommen offiziell: Am 19. Juni 2023 wurde das neue internationale rechtsverbindliche Instrument für ein UN-Abkommen für die Hohe See (BBNJ) angenommen. Das internationale Institut für nachhaltige Entwicklung (IISD) hat die Ergebnisse der 5. Sitzung der BBNJ-Regierungskonferenz vom 19.-20. Juni zusammengefasst.

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Weil die Bundesregierung europäisches Naturschutzrecht in der Nordsee nicht umsetzt, beschreitet der BUND den Klageweg. Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk kritisiert, dass EU-Staaten systematisch gegen Meeresschutzbestimmungen verstoßen. Auch in Spanien und Frankreich setzen sich Umweltverbände via Gericht für besseren Meeresschutz ein. Immerhin: Es gibt ein neues Fischereisperrgebiet in der Adria....