Jahrestag der Oder-Katastrophe macht dringenden Handlungsbedarf deutlich
Aktionsbündnis fordert sofortigen Stopp der Salzeinleitungen und Moratorium für Oder-Ausbau
Berlin – Am 14. Juli jährt sich der Beginn der Umweltkatastrophe in der Oder mit dem massiven Sterben von Fischen sowie Muscheln und Weichtieren. Die Untersuchung durch die polnischen Behörden ergab, dass die ersten toten Fische bereits am 14. Juli 2022 im Gleiwitzer Kanal im schlesischen Industrierevier entdeckt wurden. Nach Schätzungen des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sind bei der Katastrophe bis zu 1.000 Tonnen Fisch im Fluss verendet. Die meisten starben zwischen Ende Juli und Mitte September 2022, nachdem sich die giftbildende Brackwasseralge Prymnesium parvum über mehrere hundert Kilometer im Flusslauf verbreitet hat. Als wesentliche Ursache gelten die industriell verursachten, enormen Salzeinleitungen in Verbindung mit einem niedrigen Wasserstand, hohen Temperaturen und umfangreichen Nähstoffeinträgen.
Unmittelbar nach der Oder-Umweltkatastrophe haben die im „Aktionsbündnis lebendige Oder“ zusammengeschlossenen Umwelt- und Naturschutzorganisationen ein Eckpunktepapier zur Wiederbelebung und ökologischen Verbesserung der Oder vorgestellt, dessen Inhalte immer noch auf Umsetzung warten.
„Damit sich die Oder-Umweltkatastrophe nicht wiederholt, müssen die Salzeinleitungen durch die Industrie gerade in der heißen Sommerperiode dringend gestoppt werden. Denn die giftige Alge ist überall im System vorhanden, und es besteht die große Gefahr einer erneuten Algenblüte“, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne als Vertreter des Aktionsbündnisses. Die Umwelt- und Naturschutzorganisationen fordern einen sofortigen Ausbaustopp der Oder, eine konsequente Verbesserung der Gewässerüberwachung sowie die Schaffung langfristiger Finanzierungsgrundlagen für die nachhaltige Entwicklung einer intakten und resilienten Flusslandschaft.
„Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Klimaerhitzung müssen wir nicht nur an der Oder den ökologischen Prozessen von Fließgewässern absolute Priorität einräumen. Ein begradigter, stromregulierter oder gestauter Fluss hat keine ausreichende Widerstandsfähigkeit und ist Umwelteinflüssen wie Dürren und Hitzestress oder Nährstoff- und Schadstoffeinträgen nahezu schutzlos ausgeliefert“, erklärte Schöne.
Hintergrund:
Die Oder ist einer der letzten frei fließenden und naturnahen Flüsse in Europa und als einziger großer, mitteleuropäischer Fluss bis zur Mündung auf 500 km ohne Staustufe verbaut. Umsäumt von Weichholzauenwäldern ist der Strom bislang wichtiger Lebensraum für bedrohte und geschützte Arten. Deutsch-polnische Pläne zur Stromregelungskonzeption und Vertiefung der Fahrrinne setzen die Oder und ihr Ökosystem jedoch verstärkt unter Druck. Daher setzen sich seit 2016 gemeinsam mit ihren polnischen Partnern zehn deutsche Umwelt- und Naturschutzorganisationen im „Aktionsbündnis lebendige Oder“ für einen ökologischen Hochwasserschutz an der Oder ein. Ziel ist es, sowohl den grenzüberschreitenden Schutz vor Hochwasser durch die geplanten Vorhaben zu verbessern, als auch sie in Einklang mit der EU-Umweltgesetzgebung zu bringen.
Die Anforderungen des Aktionsbündnis an ein Aktionsprogramm Oder finden Sie hier.
Die englische Übersetzung des Eckpunktepapiers finden Sie hier.