Deutsche Ratspräsidentschaft bringt Europa auf den Weg, aber nicht ins Ziel
Berlin - Der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring zieht zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine gemischte Bilanz. Der deutsche EU-Vorsitz konnte unter widrigen Rahmenbedingungen die Mammutaufgabe des mehrjährigen EU-Budgets zum Abschluss bringen und in einigen Bereichen - wie einer Anhebung des EU-Klimaziels - wichtige Teilerfolge erzielen. „Es ist der deutschen Ratspräsidentschaft gelungen, die EU durch die schwierige Coronakrise zu manövrieren. Das Virus wie auch die Debatten um die Rechtsstaatlichkeit haben jedoch dazu geführt, dass die Klimakrise und das Artensterben nicht mit der Dringlichkeit behandelt wurden, wie diese doppelte Krise es erfordern würde“, zieht DNR-Präsident Kai Niebert eine kritische Gesamtbilanz.
Die Festlegung auf ein Klimaziel von mindestens 55 Prozent war ein Lackmustest der Präsidentschaft und kurz vor dem fünfjährigen Jubiläum des Pariser Abkommens ein wichtiges Signal für die internationale Dynamik für mehr Klimaschutz. „Eine einstimmige Einigung auf ein Klimaziel von mindestens minus 55 Prozent netto ist ein wichtiger Schritt und Achtungserfolg der Präsidentschaft, die hier einige Überzeugungsarbeit geleistet hat. Vor 15 Jahren wäre dies auch ein echter Erfolg für das Klima gewesen. Doch auf einen 1,5-Grad-Pfad bringt die EU das Ziel nach jahrelanger Tatenlosigkeit jedoch nicht, insbesondere auch durch die Aufweichung über die direkte Einbeziehung von Senken. Die Einigung ist eine diplomatische Leistung, eine angemessene Reaktion auf die Klimakrise ist sie allerdings nicht. Hier werden wir in den nächsten Jahren nachsteuern müssen“, kritisiert Niebert weiter.
Positiv bewertet der Umweltdachverband, dass künftig mindestens 30 Prozent des EU-Budgets und des Aufbauplans in Klimaschutz fließen und dies auch besser verfolgt werden soll. Mit dem breiten Bekenntnis zur Biodiversitätsstrategie und der Aufstockung der jährlichen Ausgaben für den Schutz der biologischen Vielfalt ab 2024 um 7,5 Prozent und ab 2026 um 10 Prozent ist dem Umweltrat unter dem Vorsitz von Bundesumweltministerin Svenja Schulze ein Achtungserfolg gelungen. „Mit der Biodiversitätsstrategie könnte Europa einem erfolgreicheren Naturschutz ein großes Stück näher kommen. Hier muss jedoch eine konsequente Umstellung des Haushalts insbesondere in der Gemeinsamen Agrarpolitik erfolgen. Die schönsten Strategien helfen wenig, wenn mit dem verbleibenden Großteil der EU-Gelder Klima und Natur weiter geschädigt werden dürfen. Das ist widersinnig und ökonomisch ineffizient“, so Niebert weiter. Ferner sei es schädlich, dass über den Fonds für Regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds weiterhin fossile Gasinfrastruktur förderfähig sein soll: „Es gelingt uns nicht, die Klimakrise in den Griff zu bekommen, wenn die EU durch die Subventionierung von fossilen Energien wie Gas die Vergangenheit zementiert.“
Die umweltpolitische Bewertung der Ratspräsidentschaft finden Sie hier.
Vor Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft hatte der Umweltdachverband gemeinsam mit seinen Mitgliedern Forderungen an den EU-Vorsitz formuliert. Die Forderungen an den Deutschen EU-Vorsitz steht hier zum Download bereit.