Nord Stream II: Unnötig für die Versorgungssicherheit, verheerend für den Umwelt- und Klimaschutz
Die Gründung einer vermeintlichen „Klimastiftung“ durch den Landtag in Mecklenburg-Vorpommern kommentiert Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR):
„Aus Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes gibt es keine Rechtfertigung für die Pipeline. Dass nun eigens eine Stiftung mit dem Zweck des Weiterbaus von Nord Stream II gegründet und hinter einer grünen Fassade versteckt wird, ist verlogen. Denn Erdgas kann keinesfalls als klimafreundlicher Energieträger angesehen werden und emittiert entlang seiner Förderungs- und Transportkette große Mengen an Treibhausgasen, insbesondere Methan. Für echten Klimaschutz brauchen wir einen Weg raus aus der fossilen Energiegewinnung und Energieinfrastruktur statt eines fossilen Lock-Ins auf Jahrzehnte.
Zudem leidet die Umwelt unter dem schwerwiegenden Eingriff in das marine Ökosystem. Dass die Pipeline während der besonders sensiblen Zeit der Winterrast im Vogelschutzgebiet Pommersche Bucht-Rönnebank weitergebaut werden soll und ein Verlegeschiff hierfür nun die Genehmigung bekommen hat, ist aus naturschutzfachlicher Sicht unverantwortlich. Die Winterquartiere von Seetauchern und Meeresenten in der Ostsee unterliegen einem strengen europarechtlichen Schutz und dürfen keinesfalls noch weiter beeinträchtigt werden.
Auch das oft angeführte Argument der Versorgungssicherheit zieht nicht. Energiewirtschaftliche Szenarien, die das Ziel der Klimaneutralität Europas bis spätestens 2050 modellieren, gehen von einem sinkenden Erdgasbedarf aus. Die Studienlage lässt keinen Zweifel daran: Die bestehende Gasinfrastruktur reicht für die aktuelle und künftige Versorgung Deutschlands und Europas aus. Auf dem Weg zu einem erneuerbaren Energiesystem brauchen wir weder eine weitere Pipeline für Erdgas aus Russland noch Flüssigerdgas-Terminals für Frackinggas aus den USA.
Nord Stream II ist klima- und energiepolitischer Irrsinn und muss sofort gestoppt werden. Der Weg in eine klimaneutrale Zukunft gelingt uns nur mit einem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dafür sollten die politischen und gesamtgesellschaftlichen Kräfte gebündelt und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Stiftung der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern wiederum muss klar als das benannt werden, was sie ist: Eine Stiftung für Geopolitik und Ostbindung, aber ganz sicher keine Klimastiftung.“
Hintergrund:
Am 7. Januar hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern eine „Klimastiftung“ gegründet. Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Stiftung vor allem den Weiterbau der Pipeline Nord Stream II sichern soll, welcher zuletzt unter Sanktionsdruck aus den USA unterbrochen wurde.
Dass ein Zubau von Gasinfrastruktur für die europäische Versorgungssicherheit nicht nötig ist, wurde in zahlreichen Studien dargelegt. Ende 2020 veröffentlichte Artelys eine entsprechende Analyse des Energieinfrastrukturbedarfs in der EU. Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) eine durch das DIW erarbeitete Studie zur Nord Stream II-Pipeline vor dem Hintergrund der Bedarfsentwicklung im Erdgasmarkt.