Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

Mit großer Sorge haben die unterzeichnenden Organisationen von den Plänen zur Änderung der Abgabenordnung gehört, wonach gemeinnützige Organisationen sogar ihre eigenen Zwecke nur noch weit nachrangig mit politischen Mitteln verfolgen dürfen. Damit wäre die Freiheit gemeinnütziger Organisationen beschränkt, ihre Mittel frei zu wählen. Dabei gehört die Beeinflussung der politischen Willensbildung und die Mitgestaltung der öffentlichen Meinung zu den wirkungsvollsten Methoden gemeinnütziger Organisationen zur Verfolgung ihrer Zwecke. In Folge einer solchen Änderung würden dutzende gemeinnützige Organisationen, die politische Zwecke wie die Förderung des Umweltschutzes, der Völkerverständigung oder des Verbraucherschutzes zum Ziel haben, gezwungen sein, ihre Arbeit massiv einzuschränken oder den Verlust ihrer Gemeinnützigkeit zu riskieren und von wichtigen Finanzierungsquel-len abgeschnitten werden.
Für Umweltverbände wäre eine solche Einschränkung besonders schwierig. Denn wie soll ein Umweltverband beispielsweise den Ausbau von Radwegen oder des öffentlichen Nahverkehrs – beides unzweifelhaft wichtig für den bestehenden Zweck des Umweltschutzes sowie des geplanten neuen Zwecks des Klimaschutzes – erreichen, wenn nicht mit politischen Mitteln? Sie können ja nicht selber Radwege bauen oder Busse betreiben. Und wie sollten sie den zügigen Ausstieg aus der Kohleenergie oder die Ausweisung von Naturschutzgebieten voranbringen? Während man in Bezug auf den Naturschutz noch Schutzgebiete selber pflegen, Nistkästen anbringen und Kröten über die Straße tragen kann, liegt es beim Umwelt- wie auch beim Klimaschutz in der Natur der Sache, dass diese unzweifelhaft gemeinnützigen Zwecke ganz überwiegend politisch zu realisieren sind.
So hat denn auch der Bundesfinanzhof bereits 2017 im Fall des BUND Hamburg geurteilt, dass „der Umweltschutz durch staatliche Maßnahmen in besonders wirksamer Weise gefördert werden kann“ und dass politische Äußerungen, solange sie parteipolitisch neutral bleiben, der Gemeinnützigkeit nicht grundsätzlich im Wege stehen. Zudem führt der BFH aus, dass bei der Beurteilung der zulässigen Mittel der Zweckverfolgung berücksichtigt werden muss, dass es sich beim Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen um einen Zweck handelt, den der Verfassungsgeber in Art. 20a des Grundgesetzes mit einer eigenen Staatszielbestimmung über viele andere Zwecke der Abgabenordnung gehoben hat. Ferner hält der BFH fest, dass eine gemeinnützige Körperschaft „die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten“ darf, weil die endgültige Abwägung und Entscheidung nicht der Körperschaft, sondern dem politischen Entscheidungsträger obliegt.
Offener Brief deutscher Umweltverbände zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts:
