EFSA-Empfehlungen und Greenpeace-Demo: Kühe auf die Weide
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfiehlt in neuen Gutachten das Ende der Anbindehaltung von Milchkühen sowie bessere Haltungsbedingungen für Enten, Gänse und Wachteln. Auch für die Bewertung der Wirkung von Pestiziden auf Bienen gibt es neue Leitlinien. Greenpeace und AbL lassen Kühe auf der Reichstagswiese grasen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt im Rahmen von zwei am 16. Mai erschienenen Gutachten mehr Platz und eine bessere Unterbringung von Milchkühen, Enten, Gänsen und Wachteln. Die veröffentlichten Empfehlungen sind Teil einer Reihe von Gutachten zu Nutztierarten, die zur laufenden Revision der Tierschutzvorschriften der Europäischen Union beitragen sollen. Die Europäische Kommission wird hierzu voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2023 einen Legislativvorschlag vorlegen. Bereits am 11. Mai hat die EFSA zudem überarbeitete Leitlinien zur Bewertung der von Pestiziden ausgehenden Risiken für Wild- und Honigbienen vorgelegt.
Die EFSA hat für die Europäische Kommission im Rahmen der Strategie „Vom Hof an den Tisch“ bereits mehrere Gutachten erstellt. Sie sollen die Gesetzgeber bei der Entscheidungsfindung innerhalb der zu überarbeitenden Tierschutzvorschriften unterstützen. Zu folgenden Empfehlungen kommen die aktuellen Gutachten im Überblick:
Notwendige Verbesserung der Haltungsbedingungen von Milchkühen
- die Anbindehaltung von Kühen in Ställen sollte aufgrund resultierender gesundheitlicher Beeinträchtigungen vermieden werden
- Zugang zu einem mindestens neun Quadratmeter umfassenden Innenbereich inklusive der Möglichkeit für Kühe, sich hinzulegen
- Zugang zu Weideflächen mit trockenen und schattigen Bereichen
- regelmäßige Kontrollen auf Lahmheit, Mastitis und Stoffwechselstörungen
Vermeidung bestimmter Haltungssysteme für Enten, Gänse und Wachteln
- Vermeidung von Käfigen in der Haltung
- Einrichten von Nistmöglichkeiten für eierlegende Vögel
- Bereitstellung von Wasser zum Baden oder Eintauchen des Kopfes für Wasservögel
- Möglichkeiten zur Geländeerkundung
Die vielkritisierte Überfütterung von Enten und Gänsen, um Stopfleber zu produzieren, lag nicht im Rahmen der Bewertungen der EFSA und wurde deswegen nicht gesondert berücksichtigt. Stattdessen liegt der Fokus ihrer Empfehlungen darauf, spezifische Haltungssysteme bei der Stopfleberproduktion zu vermeiden.
Greenpeace und AbL lassen Kühe auf der Reichstagswiese grasen
Zeitlich passend zur Veröffentlichung der Empfehlung von EFSA haben Greenpeace und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) am 16. Mai in Berlin mit einer Aktion mediale Aufmerksamkeit erregt: Gemeinsam mit einer Kuhherde demonstrierten sie auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude, um auf die Vorteile der Weidehaltung für Kühe und die Biodiversität aufmerksam zu machen.
Exemplarisch für ihre 3,8 Millionen Artgenossen sollten die Rinder aufzeigen, dass „Milchkühe auf die Weide gehören“, so AbL und Greenpeace in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Es müsse eine Kehrtwende weg von der ganzjährigen Stallhaltung von Kühen geben. Der Trend der vergangenen 15 Jahre zeigt indes, dass die Zahlen von Rindern mit Zugang zur Weide von 2010 bis 2020 von 42 auf 31 Prozent zurückgegangen sind.
Die Organisationen fordern von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir neben einer deutlichen Förderung der Weidehaltung, dass es Bäuer*innen möglich sein müsse, auf dem Milchmarkt gerechtere Preise zu erzielen. Notwendig hierfür sei neben einem Förderprogramm auch eine verbesserte Stellung von Bäuer*innen in der Wertschöpfungskette, so der Sprecher der AbL. Aktuell liegen die Preise für Milch oft unter den Produktionskosten. Dies hat auch Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere, etwa hinsichtlich der Frage ob Weidehaltung überhaupt kostendeckend sein kann.
Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace, betont zudem: „die Weidehaltung [ist] eigentlich die ideale Form.“ Sie sei nicht nur artgerecht und gesundheitsfördernd für die Tiere, sondern auch ökologisch besonders wertvoll und wichtig für den Schutz der Biodiversität. [mi]
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.: AbL und Greenpeace protestieren mit Kuhherde auf Reichstagswiese für Weidehaltung.
EFSA: Bessere Unterbringung von Milchkühen, Enten, Gänsen und Wachteln zur Verbesserung des Tierschutzes erforderlich.
EFSA: Bienen und Pestizide: aktualisierte Leitlinien zur Risikobewertung
Europäische Kommission: Farm to fork strategy.
Tagesschau.de: Kühe grasen vor dem Berliner Reichstag.
Vier Pfoten: Skurriler neuer EU-Bericht gefährdet Tierschutz.