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Ehrensache Natur: Freiwillig Engagierte in Schutzgebieten
News | 07.06.2023
#Biodiversität und Naturschutz #Politik und Gesellschaft

Ehrensache Natur: Freiwillig Engagierte in Schutzgebieten

Wiesenmahd in der Schorfheide
© Nationale Naturlandschaften
Wiesenmahd in der Schorfheide

Gut ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bedeckt von Naturparken, Nationalparken, Wildnisgebieten und Biosphärenreservaten. Diese zu bewahren – für ein besseres Klima und ein zukunftsfähiges Leben auf unserem Planeten – ist das Ziel des Bündnisses Nationale Naturlandschaften (NNL). Jedes Jahr sind für „Ehrensache Natur“  mehr als 3.000 Freiwillige im Einsatz. Meist genügt es, Laienwissen mitzubringen, Unterstützung vor Ort geben Fachleute, sagt Anne Schierenberg.

Sie rufen engagierte Bürger*innen auf, gemeinsam mit hauptamtlichen Schutzgebietsbetreuer*innen Pflanzen, Tiere und Ökosysteme zu erhalten. Welche Aufgaben erwarten diese ehrenamtlich Aktiven?

Generell gilt: In den Nationalen Naturlandschaften – den Nationalparken, Naturparken Biosphärenreservaten und Wildnisgebieten – sind helfende Bürger*innen herzlich willkommen. Dabei ist die Spannbreite der Aufgaben groß und zum Beispiel abhängig vom Gebiet und der Jahreszeit: Die Nationalen Naturlandschaften bieten auf der einen Seite Aufgaben in der Landschaftspflege. Hier können aktive Menschen unter fachlicher Anleitung beim Mähen und Rechen von Orchideenwiesen helfen, Totholzhecken als Lebensraum für Kleinsäuger und Vögel aufschichten, aus Mooren aufkommende Bäume und Sträucher entfernen, Äpfel auf Streuobstwiesen ernten und vieles mehr. Auf der anderen Seite übernehmen Freiwillige auch voraussetzungsreichere Aufgaben. Sie sind beispielsweise als Nationalpark-Guides unterwegs, das heißt sie führen Wandergruppen im Schutzgebiet oder sind Ansprechpersonen für Gäste in Infostellen. Und dann gibt es noch die Gruppe der Freiwilligen, die das hauptamtliche Schutzgebietspersonal im Bereich der Naturbeobachtung und -dokumentation unterstützen, also Vorkommen von Fledermäusen, Tagfaltern und Pilzen dokumentieren, um hier einige Beispiele zu nennen.

Was müssen die Freiwilligen an Vorkenntnissen mitbringen?

Notwendige Vorkenntnisse, die die Freiwilligen mitbringen müssen, variieren stark je nach Tätigkeit. Bei angeleiteten, praktischen Biotoppflegetätigkeiten sind pauschal gesprochen keine Kenntnisse oder Qualifikationen notwendig. Für Tätigkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit sind aber durchaus umfangreiche regionale und naturschutzfachliche Kenntnisse notwendig. Nehmen wir das Beispiel Gästeführungen: Voraussetzung ist dafür in der Regel eine formale Qualifizierung als „Zertifizierte*r Natur- und Landschaftsführer*in“ und die Teilnahme an fortlaufenden Schulungen. Bei den vielfältigen Freiwilligentätigkeiten im Bereich Artenschutz bringen einige Freiwillige sehr geschätzte, umfassende Artenkenntnisse mit. Aber ein Freiwilligenengagement ist auch die Chance, mit Laienwissen zu beginnen und sich mit Unterstützung durch Fachleute vor Ort und Learning on the job Profi-Wissen zu entwickeln.

Ein Standbein Ihres Freiwilligenprogramms ist die Einbindung von Freiwilligen mit Behinderungen. Wie motivieren Sie Engagierte mit Einschränkungen, in geschützter Natur tatkräftig praktische Hilfe zu leisten?

Seit vielen Jahren unterstützen wir als Dachverband die Nationalen Naturlandschaften beim Thema Inklusion durch Fortbildungen, Erfahrungsaustausch, Materialien in Leichter Sprache et cetera. Mit regionalem Fokus haben Nationale Naturlandschaften gute Kooperationen mit sozialen Organisationen wie Einrichtungen der Lebenshilfe aufgebaut und etabliert, die die Expertise und Interessen beider Seiten gut verbinden. So sind Freiwillige mit geistigen und/oder körperlichen Einschränkungen inzwischen in diversen Schutzgebieten unter dem Motto „ungehindert engagiert“ ganz selbstverständlich eingebunden. Ein ausgezeichnetes Beispiel ist das Biosphärenreservat Drömling: Freiwillige mit und ohne Behinderungen arbeiten hier bei Landschaftspflege-Aktionstagen Hand in Hand, unterstützen gemeinsam den Naturschutz und zeigen wunderbar, wie sich Berührungsängste und Vorbehalte durch persönliche Begegnungen auflösen.

Anne Schierenberg
Gute, kollegiale Beziehungen zwischen Freiwilligen und Hauptamtlichen aber auch zwischen den Freiwilligen untereinander sind wichtig für langfristiges Engagement an einem Ort oder in einem Projekt.
Anne Schierenberg, Nationale Naturlandschaften
Leiterin Bürgerschaftliches Engagement

Mut machen zum Mitmachen oder Mitmachen, um Mut zu machen: Wie kann es gelingen, Menschen dazu zu bringen, sich auf lange Sicht für die Bewahrung der Natur und damit für ihre Lebensgrundlage zu engagieren?

Ich würde die Sicht einmal umdrehen: Es gibt viele Menschen, die von sich aus interessiert und motiviert sind, im Naturschutz mitzuwirken und die schlicht passende Engagement-Angebote und fachliche Begleitung benötigen. Unter praktischen Gesichtspunkten muss ein Engagement-Angebot natürlich räumlich passen und mit dem eigenen Zeitbudget übereinstimmen. Ein zentraler Aspekt ist dann, dass Mitmach-Möglichkeiten die potenziellen Freiwilligen erkennbar einladen, dass sich Interessierte persönlich willkommen und in ihrer Engagementbereitschaft wertgeschätzt fühlen. Für ein längerfristiges Engagement sind schließlich die persönlichen Bindungen ausschlaggebend, die während eines Engagements wachsen. Gute, kollegiale Beziehungen zwischen Freiwilligen und Hauptamtlichen aber auch zwischen den Freiwilligen untereinander sind ein wichtiger Faktor für langfristiges Engagement an einem Ort oder in einem Projekt. Genauso sind Möglichkeiten, sich im Engagement weiterzuentwickeln, sich fachlich zu qualifizieren und zunehmend anspruchsvollere und verantwortungsvollere Aufgaben zu übernehmen, auch ganz wesentlich für die Bindung. In allen genannten Aspekten der Gewinnung, Begleitung und Bindung spielen unsere hauptamtlichen Freiwilligenkoordinator*innen in den Nationalen Naturlandschaften eine ganz entscheidende Rolle.

Wann und wo waren Sie zuletzt im Einsatz und haben mit ihren Händen aktiv mit angepackt?

Direkt vor unserer Haustür, im Zentrum von Berlin, steht seit ein paar Monaten auf einem bisherigen Parkplatz ein schönes Parklet – eine Kombination aus Hochbeeten und Sitzbänken. Mir hat es viel Freude gemacht, in Gemeinschaftsarbeit mit Nachbar*innen diese Mini-Oase zu planen, zu bauen und zu bepflanzen. Es ist ein kleiner Beitrag zur Stadtnatur und gleichzeitig ein gern genutzter Verweilort und kommunikativer Treffpunkt für Groß und Klein – bei dem sich nebenbei beobachten lässt, wie es je nach Jahreszeit grünt und blüht.

Das klassische Bäumepflanzen stand für mich letzten Oktober an. Im Biosphärenreservat Mittelelbe durften Kolleg*innen aus Nationalen Naturlandschaften und ich uns in die Rolle von Freiwilligen versetzen und junge Eichen im Auenbereich der Mulde pflanzen. Es war ein toller Tag! Natur- und Landschaftserlebnis mit allen Sinnen, ein konkretes Arbeitsergebnis und spürbarer Teamgeist, verbunden mit einer Menge neuen Wissens über ökologische Zusammenhänge – wir haben also nicht nur etwas geschafft, sondern auch persönlich viel mitgenommen.

Ist das für Sie hauptsächlich eine Abwechslung zum Bürojob oder Herzensangelegenheit?

Natürlich beides in perfekter Kombination.

Das Interview führte Marion Busch.

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