Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Klima, Polen und die EU: Forderungen der Zivilgesellschaft
EU-News | 29.01.2025
#EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Politik und Gesellschaft #Wirtschaft

Klima, Polen und die EU: Forderungen der Zivilgesellschaft

EU-Flagge und Polen-Flagge verknoten sich in der Mitte des Bildes
© AdobeStock / Wioletta

Für die ersten 100 Tage im Amt hat sich die EU-Kommission viel vorgenommen. Gerade wurde der Kompass für Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt, und für Februar sind weitere Initiativen geplant. Auch geopolitisch ist das Jahr turbulent gestartet, mit der Amtseinführung von Trump in den USA und einer EU, die ihren Umgang damit noch finden muss.

Veranstaltungsauslese von Judith Hermann, DNR  

In dieser spannenden Situation hat nun Polen zum Jahreswechsel den alle sechs Monate rotierenden EU-Ratsvorsitz übernommen. Was werden die Prioritäten der polnischen Ratspräsidentschaft sein? Was sind Erwartungen aus der Zivilgesellschaft? Und mit welchen Strategien können Klima- und Energiepolitik während der Ratspräsidentschaft vorangebracht werden? 

Darüber haben wir in der vom Deutschen Naturschutzring (DNR) und Germanwatch organisierten Online-Veranstaltung „Polnische EU-Ratspräsidentschaft: Polens Beitrag zu EU-Klima-, Umwelt- und Energiepolitik“ am 23. Januar gesprochen. Maciej Jakubik vom polnischen Think Tank Forum Energii und Urszula Stefanowicz von der NGO Polski Klub Ekologiczny haben ihre Perspektiven auf diese Fragen mit den Teilnehmenden geteilt. 

Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit: Die Prioritäten der Ratspräsidentschaft 

Polens Ratspräsidentschaft steht unter dem Motto „Sicherheit, Europa!“. Innerhalb des Sicherheits-Framings betont Polen die Bereiche externe und interne Sicherheit, Informationssicherheit, ökonomische Sicherheit, Energiesicherheit, Ernährungssicherheit und Gesundheitssicherheit. „Energiesicherheit und Cybersicherheit werden wichtige Themen sein, ebenso das Senken von Energiepreisen mit dem Blick auf Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Maciej Jakubik (Forum Energii). Mehr zu den Prioritäten der polnischen Ratspräsidentschaft haben wir hier zusammengefasst.  

Das Zusammenfallen der polnische Ratspräsidentschaft mit den ersten Monaten der neuen EU-Kommission gibt Polen die Möglichkeit, die Ratsdebatten zu den in den ersten 100 Tagen geplanten Initiativen zu gestalten: dem Clean Industrial Deal, dem Omnibus-Paket zur Entbürokratisierung und dem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit. Voraussichtlich wird während der Ratspräsidentschaft auch über neue Emissionsreduktionsziele für 2035 und 2040 diskutiert werden, da die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens verpflichtet sind, bis zum 10. Februar 2025 neue national festgelegte Klimabeiträge (nationally determined contributions, NDCs) mit Zielen für das Jahr 2035 einzureichen. Der Zeitplan für das 2040-Ziel ist noch unklar, das NDC soll im Juni festgelegt werden. Die Zeit der Ratspräsidentschaft wird auch von der innenpolitischen Lage in Polen geprägt sein, wo im Mai Präsidentschaftswahlen anstehen.  

Im Programm der Ratspräsidentschaft wiederholt sich die Aussage, statt auf Verbote und Verpflichtungen (die als „exzessiv“ bezeichnet werden) mehr auf Anreize und Unterstützung zu setzen. Unter anderem wird in der Klimapolitik und im Landwirtschaftsbereich darauf hingewiesen. Die Komplexität der bestehenden Klima- und Energiepolitikinstrumente wird als große Herausforderung für die wirtschaftliche Sicherheit dargestellt. Entbürokratisierung wird immer wieder genannt.  

Es braucht sozialverträglichere Klimapolitik, aber keine schwächere Klimapolitik 

„Wir müssen versuchen zu erklären, warum einige der ‚Belastungen‘ notwendig sind, um die Emissionsreduzierung und die Sicherheit zu erreichen, über die so viel geredet wird, um Akzeptanz für die schwierigen Teile der Politik zu schaffen, die Anstrengungen zur Umsetzung erfordern“, sagt Urszula Stefanowicz (Polski Klub Ekologiczny). Sie stimmt der Analyse der polnischen Regierung zu, dass Klimapolitik verbessert werden müsse und zumutbarer für die Bevölkerung sein müsse. Aber das bedeute nicht, Klimapolitik abzuschwächen. 

Als wichtige Maßnahmen sieht sie die anhaltende Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien, Energieeffizienz, die Beteiligung der Gesellschaft an der Energieproduktion, die Unterstützung von Energiegemeinschaften, die Bekämpfung von Energiearmut und Investitionen in dauerhafte Lösungen. Die soziale Dimension muss in den Vordergrund gestellt werden, um Akzeptanz für Klimamaßnahmen zu schaffen und Unterstützungsmaßnahmen müssen auf lokaler Ebene wirken: Es braucht einen echten “Social Green Deal”, der den Fokus nicht primär nur auf Wettbewerbsfähigkeit setzt, sondern mehr auf das Wohlergehen der Menschen zu achten. 

Es geht auch ums Geld: Während der polnischen Ratspräsidentschaft werden auch die Diskussionen zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (dem Budget-Planungsinstrument der EU für jeweils sieben Jahre) für 2028-2034 starten. Hier soll sichergestellt werden, dass mindestens 50 Prozent des Budgets mit der Implementierung von Klimapolitik verbunden ist und der Schutz natürlicher Ressourcen ausreichend verankert ist. 

Zivilgesellschaft muss sich aktiv einmischen 

Die Aufgabe der Ratspräsidentschaft ist es, auf Kompromisse und Lösungen unter den Mitgliedstaaten im Rat hinzuarbeiten. Eigene Interessen sollten dabei eher zurücktreten. Um Klima-, Energie- und Umweltpolitik während der polnischen Ratspräsidentschaft voranzubringen kann es nützlich sein, diese Rolle als „honest broker“ (ehrlicher Vermittler) aus der Zivilgesellschaft heraus zu betonen, sollten nationale Interessen in bestimmten Diskussionen Klimaschutz-Ambitionen bremsen.  

Für Advocacy-Arbeit können die Elemente aus dem Ratspräsidentschaftsprogramm genutzt werden, die mit den eigenen Prioritäten übereinstimmen. Beispielsweise ist der polnischen Ratspräsidentschaft das Bekämpfen von Klimadesinformation ein wichtiges Anliegen, woran gut angeknüpft und wo Druck ausgeübt werden kann. Insgesamt wird es wichtig sein, die Diskussion um das Framing und die Bedeutung bestimmter Buzzwords mitzugestalten. Beispielsweise muss im Kontext von Energiesicherheit immer die Verbindung mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und mit Klimasicherheit gezogen werden. Da viele polnische NGOs nicht die Möglichkeit haben, an EU-Level Events teilzunehmen, können NGOs mit Sitz in Brüssel oder guten EU-Zugängen hierbei unterstützen. 

Programm der polnischen Ratspräsidentschaft 

Prioritäten der polnischen Ratspräsidentschaft

Trioprogramm der Ratspräsidentschaften von Polen, Dänemark und Zypern 

Tagesordnungsentwürfe für die Tagungen des Rates im ersten Halbjahr 2025 

EUKI Bericht: The Polish Presidency of the Council of the EU - Progress or Missed Potential? 

EUKI Academy Web Seminar: The Polish Presidency of the Council of the EU [Video, YouTube]

Das könnte Sie interessieren

Computerbildschirm mit vergleichender Tabelle zur Wahlprogrammanalyse von Union, SPD, Grüne, Linke, FDP, BSW, AfD
News | 30.01.2025
#Bundestagswahl #Biodiversität und Naturschutz #Klima und Energie #Landwirtschaft und Gentechnik #Mobilität #Politik und Gesellschaft #Wasser und Meere

DNR-Wahlprogrammanalyse: filtern, klicken, informieren

Was wollen CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP, BSW und AfD? Der Deutsche Naturschutzring hat die Programme zur Bundestagswahl 2025 der größten Parteien unter die Lupe genommen und mit den Positionen der Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände verglichen. Wir haben analysiert, bewertet und interaktiv zus...