Neue EU-Agenda für internationale Meerespolitik
Die EU-Kommission hat ihre Pläne für die globalen Ozeane und ihre Position zur Meerespolitik erneuert. G7 nehmen „Meeresdeal“ an. Die FAO legt Bericht zu Fischerei, Aquakultur und Überfischung vor.
EU-Kommission setzt global Kurs auf den nachhaltigen blauen Planeten
Seit 24. Juni gibt es eine erneuerte EU-Agenda für die internationale Meerespolitik. Die vorherige Agenda stammte von 2016. Die EU will damit ihre aktive Rolle auf UN-Ebene und für den Schutz der marinen Ökosysteme untermauern. Diese Veröffentlichung ist Teil des Beitrags der EU auf der noch bis 1. Juli laufenden UN-Ozeankonferenz in Lissabon. Sie beinhaltet eine Mitteilung, einen Anhang und eine Zusammenfassung der vorangehenden Konsultationen.
Die EU verpflichtet sich darin zur Stärkung des Rahmens für die internationale Meerespolitik auf globaler, regionaler und bilateraler Ebene, zur Verwirklichung der Nachhaltigkeit der Ozeane bis 2030 und will sicherstellen, dass die Ozeane trotz zunehmenden Wettbewerbs in internationalen Gewässern ein sicherer und geschützter Raum werden. Außerdem soll international Wissen aufgebaut werden, um darauf „evidenzbasiert“ Entscheidungen in der Meerespolitik treffen zu können. Hierfür soll es ein Zwischenstaatliches Gremium für die Nachhaltigkeit der Ozeane (IPOS) geben, das die Meeresdiplomatie und das Wissen über die Ozeane fördert.
Die EU nennt zentrale Prioritäten wie das Ziel von 30 Prozent Meeresschutzgebieten bis 2030 zum Erhalt der biologischen Vielfalt, den Schutz des Meeresbodens durch Verbot des Tiefseebergbaus sowie „erforderlichenfalls Regulierung des Einsatzes von Fanggeräten, die für die biologische Vielfalt am schädlichsten sind“. Die Fischerei soll nachhaltig werden „mit einem Null-Toleranz-Ansatz gegen illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei“. Die EU begrüßt ferner das multilaterale WTO-Übereinkommen gegen Überfischung (EU-News 22.06.2022).
Weitere Ziele sind die Bekämpfung von Klimawandel und Meeresverschmutzung, insbesondere durch den Abschluss eines ehrgeizigen rechtsverbindlichen globalen Kunststoffabkommens bis 2024, der Übergang zu einer globalen nachhaltigen blauen Wirtschaft, Gewährleistung der Sicherheit und Gefahrenabwehr auf See sowie Investitionen in die Ozeane. Die EU will zwischen 2021 und 2027 bis zu 1 Milliarde Euro für die biologische Vielfalt und das Klima der Ozeane und Küsten, einschließlich der Hohen See, ausgeben und 350 Millionen Euro pro Jahr für die Meeresforschung im Rahmen des Programms Horizont Europa 2021–2027. Die EU setzt sich außerdem für ein UN-Abkommen zum Schutz der Hohen See „so bald wie möglich“ ein und stützt damit auch die Position der G7 (siehe unten).
Seas At Risk hat die Veröffentlichung im „Superjahr der Meere“ begrüßt, weil die EU den Tiefseebergbau verbieten will, bis die wissenschaftlichen Lücken geschlossen sind, keine schädlichen Auswirkungen des Bergbaus auftreten und die Meeresumwelt wirksam geschützt ist. Es sei „ermutigend“, dass die Europäische Kommission ihre Position gegen den Tiefseebergbau bekräftigt hat, im Einklang mit den Moratoriumsforderungen des Europäischen Parlaments, von pazifischen Parlamentarier*innen und von Hunderten von Organisationen auf der ganzen Welt (EU-News 17.02.2022). Der Tiefseebergbau sei nicht mit dem UN-Nachhaltigkeitsziel für Meere (SDG 14) und auch mit keinem anderen SDG zu vereinbaren, so Seas At Risk.
G7 Ocean Deal
Die High Seas Alliance (HSA) begrüßte den am 28. Juni in Elmau zusammen mit dem Abschluss-Kommuniqué veröffentlichten "G7 Ocean Deal", in dem sich die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Japans, Italiens, der USA, Großbritanniens und Kanadas verpflichten, im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens (UNCLOS) noch 2022 ein Schutzabkommen für die Hohe See abzuschließen. Sie erklären, dass „saubere, intakte und produktive Weltmeere mit widerstandsfähigen Ökosystemen für das gesamte Leben auf der Erde eine zentrale Rolle spielen“.
FAO-Bericht über Fischerei und Aquakultur
Neben zahlreichen Veranstaltungen und Foren hat auch die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) einen Beitrag auf der UN-Ocean-Konferenz in Lissabon geleistet. Laut Zustandsbericht über die globale Fischerei und Aquakultur (SOFIA) Ausgabe 2022 machen die Meeresfischereiressourcen nach wie vor große Sorgen: Der Anteil der nachhaltig befischten Bestände sei im Jahr 2019 auf 64,6 Prozent abgesunken, was einem nochmaligen Rückgang von 1,2 Prozent gegenüber 2017 entspricht. Dafür stieg die Gesamtproduktion von Fischerei und Aquakultur im Jahr 2020 auf 214 Millionen Tonnen an, davon 178 Millionen Tonnen Wassertiere und 36 Millionen Tonnen Algen. Inzwischen sei die Aquakultur ein wichtiger Teil der Welternährung.
Superjahr für Meere?
Am 1. Juli endet die UN-Oceans Konferenz voraussichtlicht mit einer (rechtlich unverbindlichen) Lissaboner Erklärung. In diesem Jahr finden noch weitere wichtige meeresbezogene Konferenzen statt: die Verhandlungen über das Schutzabkommen für die Hohe See und die biologische Vielfalt in Gebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit (BBNJ) vom 15. bis 26. August, das internationale Treffen über den Meeresboden vom 1. bis 5. August (Assembly) und die COP 15 zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt vom 5. bis 17. Dezember in Montreal, Kanada. [jg]
EU-Kommission/Hoher Vertreter: Gemeinsame Mitteilung über die erneuerte EU-Agenda für die internationale Meerespolitik mit Fragen und Antworten zur internationalen Meerespolitik
Reaktion Seas At Risk: European Commission strengthens its position against deep sea mining
HSA: Stellungnahme zum Kommuniqué der G7
FAO: Record fisheries and aquaculture production makes critical contribution to global food security