„Schlecht gespielt und Pech gehabt“ – Einigung zur Agrarreform steht weiter aus
Nächste Woche soll es endlich zu einer Einigung in den Verhandlungen zur Reform der Europäischen Agrarpolitik (GAP) kommen. Davon gehen Vertreter*innen von Rat, Parlament und Kommission aus und schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter für die letzte gescheiterte Verhandlungsrunde zu.
Es sei „nicht alles logisch“ gewesen, was beim letzten Super-Trilog Ende Mai passiert sei, erklärte der Berichterstatter des EU-Parlaments für die GAP-Strategieplanverordnung, Peter Jahr (EVP, Deutschland), seinen Kolleg*innen im Agrarausschuss Anfang der Woche. Seiner Ansicht nach waren die Verhandlungsparteien nicht so weit von einem Kompromiss entfernt, dass ein Abbruch nötig gewesen wäre (siehe EU-News vom 01.06.2021). Jahr sieht auch die EU-Kommission in der Verantwortung, die ihre Rolle als Schlichterin nicht wahrgenommen hätte und mit ihren ambitionierten Positionen nicht zu einer Klärung der Situation beigetragen habe. Auch die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner beschuldigte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans im Rahmen des Agrarrats Anfang der Woche, „mit seinem Verhalten das Vertrauen in die Kommission in ihrer Funktion als ehrlicher Makler“ zu gefährden.
Martin Häusling, Schattenberichterstatter für die Fraktion Grüne/EFA, bezeichnete die Schuldzuweisungen als „nicht akzeptabel“. Im Gegenteil: Es sei „gut, dass die EU-Kommission in die Verhandlungen eingreift.“ Stattdessen fehle bisher eine ausreichende Kompromissbereitschaft beim Rat, um eine Einigung erzielen zu können. Auch Johann Rathke, Koordinator für Agrarpolitik beim WWF Deutschland, sieht den Rat in der Pflicht: „Es sind vor allem die Agrarministerinnen und Agrarminister, die sich bewegen müssen, aber nicht wollen", zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa.
Sowohl Häusling als auch Martin Hlavaček, Schattenberichterstatter für die Liberalen (Renew, Tschechien) bekräftigten am Dienstag, dass die zukünftige Agrarpolitik mit dem Green Deal der EU vereinbar sein müsse. Danach sehe es derzeit nicht aus. Nach wie vor sind die Knackpunkte der Trilog-Verhandlungen der Anteil der Eco Schemes am Budget der 1. Säule, ökologische Anforderungen für den Erhalt der Direktzahlungen (Konditionalität), die Kappung und Umverteilung von Geldern sowie die Frage, wie die Strategien des Green Deal in die GAP inkludiert werden.
Die entscheidende Verhandlungsrunde soll am 24. Juni stattfinden. Der für den 28. Juni geplante Agrarministerrat könnte die Ergebnisse bestätigen.
Nationaler Strategieplan in Deutschland
Der Deutsche Bundestag hat vergangene Woche bereits die Gesetze für die Umsetzung des deutschen GAP-Strategieplans verabschiedet und dabei einen Anteil von 25 Prozent für Eco Schemes festgelegt. Florian Schöne, Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings, sieht darin „eine gute Perspektive, jedoch müsse das Budget im Verlauf der Förderperiode schrittweise weiter angehoben werden, um den Ausstieg aus den pauschalen Direktzahlungen ab 2028 realisieren zu können.“ Zudem sei wichtig, in der Ausgestaltung der Eco Schemes und den Details der Konditionalität, die erst später in Durchführungsverordnung geregelt werden, „wirksame Maßnahmen anzubieten und Mitnahmeeffekte zu vermeiden, den Ökolandbau zu stärken und genügend Mittel für die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in der zweiten Säule bereitzustellen.“ [km]
Pressemitteilung DNR
Aufzeichnung Austausch im Agrarausschuss
Die strukturellen Probleme der europäischen Agrarpolitik
In einem neuen Briefing erklärt die Umweltrechtsorganisation ClientEarth, warum die Regulierung der Gemeinsamen Agrarpolitik in der EU sich von allen anderen Politikbereichen unterscheidet und wie sehr Einzelinteressen die GAP beeinflussen und eine nachhaltigere Ausrichtung verhindern. Auch die reformierte GAP wiederhole "dieselbe sektorale Logik der Vergangenheit, indem sie den Sonderstatus der Landwirtschaft auf Kosten anderer Sektoren, vor allem des Klimas und der Umwelt, beibehält", stellt ClientEarth fest.
Studienvorstellung: Pestizidexporte in Drittstaaten
Am 27. April stellen das Pestizid Aktionsnetzwerk Germany (PAN Germany) und weitere Organisationen die Studie "Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF: Ein Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen" vor. Anschließend laden sie zur Diskussion ein. Die Studie untersucht, wie europäische Firmen Wirkstoffe ins Ausland exportieren, die aufgrund ihrer schädlichen Auswirkungen in der EU verboten sind.