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Strategisch Richtung Nachhaltigkeitswende?
EU-News | 13.07.2023
# sozial-ökologische Transformation #EU-Umweltpolitik #Nachhaltigkeit #Wirtschaft

Strategisch Richtung Nachhaltigkeitswende?

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c. pixabay

Die EU-Kommission hat ihre Strategische Vorausschau vorgelegt und zehn Handlungsfelder ermittelt, wie die EU wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit erreichen kann. Parallel schrumpfen die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, kritisieren Umweltverbände.

Strategische Vorausschau 2023

Nachhaltigkeit ist ein viel genutzter, allerdings weitgehend offen definierter Begriff. Die EU-Kommission hat am 6. Juli in ihrer Strategischen Vorausschau 2023 vorgestellt, wie sie zentrale soziale und wirtschaftliche Herausforderungen beim Übergang in eine klimaneutrale und nachhaltige EU angehen will. Ohne „die Vorreiterstellung Europas“, die globale Handlungsmacht und die Geopolitik zu vernachlässigen, versteht sich. Kommissions-Vize Maroš Šefčovič nennt das „Europas offene strategische Autonomie“. Die zehn Handlungsfelder, „in denen unsere politische Antwort gefordert ist, damit das Wohlergehen der Menschen und der Gesellschaft beim Übergang zur Nachhaltigkeit im Mittelpunkt bleibt“, sind:

  1. Gewährleistung eines neuen europäischen Gesellschaftsvertrags mit einer erneuerten Sozialpolitik und einem Schwerpunkt auf hochwertigen sozialen Dienstleistungen.
  2. Vertiefung des Binnenmarkts zur Förderung einer widerstandsfähigen klimaneutralen Wirtschaft mit Schwerpunkt auf offener strategischer Autonomie und wirtschaftlicher Sicherheit.
  3. Stärkung des Angebots der EU auf globaler Ebene im Hinblick auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern.
  4. Unterstützung der Umstellung auf nachhaltige Produktions- und Konsummuster durch Regulierung und Förderung eines ausgewogenen Lebensstils.
  5. Entwicklung hin zu einem „Europa der Investitionen“ durch öffentliche Maßnahmen zur Mobilisierung von Finanzmitteln für den Übergang.
  6. Gewährleistung der Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte durch einen wirksamen Steuerrahmen und wirksame öffentliche Ausgaben.
  7. Weitere Anpassung politischer und wirtschaftlicher Indikatoren zur Berücksichtigung von nachhaltigem und inklusivem Wohlergehen, unter anderem durch entsprechende Anpassung des BIP.
  8. Sicherstellung, dass alle Europäerinnen und Europäer zum Übergang beitragen können, indem die Erwerbsbeteiligung erhöht und der Fokus auf künftig benötigte Kompetenzen gelegt wird.
  9. Stärkung der Demokratie, wobei die Generationengerechtigkeit im Zentrum der Politikgestaltung steht, um so die Unterstützung für den Übergang zu verstärken.
  10. Ergänzung des Katastrophenschutzes durch „Katastrophenprävention“ durch Stärkung des EU-Instrumentariums für Vorsorge und Reaktion.

Seit 2020 erarbeitet die EU-Kommission jährliche strategische Vorausschauen, die in die Prioritäten der Kommission, ihr Arbeitsprogramm und ihre mehrjährige Planung einfließen. Dies diesjährige Vorausschau baut unter anderem auf einem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle JRC auf, der sich mit einem gerechten und nachhaltigen Europa 2050 und den dafür notwendigen sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungen beim Übergang zur Nachhaltigkeit befasst.

„Massive Abschwächung“ der europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung befürchtet

Die vorgeschlagene Anpassung der delegierten Rechtsakte zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) sollen einheitliche Regeln wie die Offenlegung von Daten schaffen. Aktuell zeichnet sich allerdings ab, dass die bisherigen Vorschläge zu schwach sein könnten, um den notwendigen rechtlichen Rahmen auf EU-Ebene zu schaffen. Das jedenfalls kritisierten neun deutsche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen. Die EU-Kommission versuche, das vom eigenen Expertisegremium empfohlene Niveau der Kriterien „massiv“ abzuschwächen. Unter anderem der WWF, der NABU und Germanwatch forderten die EU-Kommission auf, die „inakzeptablen Schwächungen“ zurückzunehmen. Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) habe über die vergangenen zwei Jahre einen Kompromiss zwischen verschiedenen Akteurs-Gruppen erarbeitet. Die EU-Kommission wiederum habe die Vorschläge für die Berichtsstandards nun „zu einem guten Teil entkernt“. So könnten Unternehmen selbst einschätzen, welche Daten sie als wesentlich betrachten. „Selbst für Klimadaten, die für jedes Unternehmen wesentlich sind, gibt es dann keine verbindliche Berichtspflicht mehr“, stellte Germanwatch-Klimafinanzexpertin Yanika Meyer-Oldenburg fest. „Stattdessen sollen die Unternehmen jetzt für jeden Bereich eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen, die bestimmt, ob der Bereich für das Unternehmen von Relevanz ist oder nicht.“ Die Ergebnisse der Analyse müssten nun nicht einmal mehr erläutert werden. Fehlende Vorgaben böten einen zu großen Interpretationsraum, was die Vergleichbarkeit erschwere und Nachhaltigkeitsbemühungen potenziell unglaubhafter mache. [jg]

Übergang der EU zur Nachhaltigkeit: EU-Kommission stellt zehn Handlungsfelder vor

Germanwatch et al.: Offener Brief: Ambitionierte Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU ermöglichen

EU-Politik kurz & knapp
  • Arbeitsprogramm der spanischen Präsidentschaft: Auf der Agenda des neuen EU-Vorsitzes stehen unter anderem folgende umweltrelevante Themen: Pestizide, neue gentechnisch veränderter Pflanzen, kritische Rohstoffe, das Recht auf Reparatur, CO2-Emissonen schwere Nutzfahrzeuge, Fangquoten, Tierschutz, Abwasser, Vorbereitung der UN-Klimakonferenz in Dubai. Die Umwelträte finden am 16.10. und 18.12.23 statt. Agrar-Fischereiräte: 18.(-19.?)9., 23.-24.10., 20.(-21.?)11., 11.-12.12.23. Energierat: 17.10., 19.12. Verkehrsrat: 4.12.
  • EEB/Umwelterfolge Präsidentschaft: Das Europäische Umweltbüro (EEB) hat die Erfolge der schwedischen Ratspräsidentschaft bewertet und Forderungen an den spanischen Vorsitz gestellt: „Spanien muss wichtige Umweltthemen vorantreiben, Schweden enttäuscht”, so der Dachverband.
  • Gesundheit und Umwelt/Budapester Erklärung: Eine Erklärung der europäischen Region der Weltgesundheitsorganistion WHO befasst sich mit gesundheitlichen Herausforderungen aufgrund von Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust der Artenvielfalt und Bodendegradation. Verabschiedet wurde die Budapester Erklärung auf der Siebten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit (7MCEH) in Ungarn (5.-7.7.23). Darin vereinbaren die Länder, den Übergang zu widerstandsfähigen, gesunden, chancengerechten und nachhaltigen Gesellschaften zu beschleunigen und dabei die Lehren aus der COVID-19-Pandemie gebührend zu berücksichtigen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte: „Umweltschutz ist auch Gesundheitsschutz und die internationale Zusammenarbeit ist dabei von größter Bedeutung. Mit Georgien zum Beispiel bieten wir unter dem Dach der WHO eine neue Partnerschaft zum Human-Biomonitoring an.”
  • Eurobarometer: Das jüngste Eurobarometer vom Juni 2023 zeigt Unterstützung für die Energiewende. Mehr als acht von zehn EU-Bürger*innen wollen, dass die EU massiv in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie (85 Prozent) investieren sollte. 73 Prozent der Befragten sind für eine gemeinsame europäische Energiepolitik, in Deutschland sogar 78 Prozent. 82 Prozent europaweit sind dafür, die Abhängigkeit von russischer Energie schnellstmöglich zu beenden (Deutschland: 80 Prozent).

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