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Textilien: Mehr Herstellerverantwortung, wenig Vorsorge
EU-News | 06.07.2023
#Kreislaufwirtschaft

Textilien: Mehr Herstellerverantwortung, wenig Vorsorge

Blick auf einen Berg von Altkleidern für Spenden, Wohltätigkeit, Recycling und Upcycling
© AdobeStock/Ernest
Altkleider für Spenden, Wohltätigkeit, Recycling und Upcycling

Die EU-Kommission hat am 5. Juli Pläne neue Vorschriften zur Vermeidung von Textilabfällen vorgelegt. Zero Waste Europe begrüßte EU-weite Ziele, kritisierte aber zu lange Übergangszeiten und fehlende echte Anreize in einem kaputten System.

Die EU-Kommission will die Abfallrahmenrichtlinie „gezielt“ überarbeiten und hat verschiedene Vorschläge veröffentlicht (Lebensmittelverschwendung siehe EU-News 05.07.2023). Die Organisation Zero Waste Europe hat alle Vorschläge unter die Lupe genommen. ZWE-Sprecher Janek Vähk mahnte, dass jüngste Berichte der Europäischen Umweltagentur und des Europäischen Rechnungshofs „die unzureichenden Fortschritte der EU auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft“ gezeigt hätten. Der Vorschlag der EU-Kommission übersehe die entscheidenden Herausforderungen zu einem Zeitpunkt, an dem sofort gehandelt werden müsste.

Worum geht es beim Vorschlag zu Textilien?

Hersteller sollen in Zukunft verbindliche und EU-weit harmonisiert eine erweiterte Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus von Textilprodukten tragen. Nachhaltige Bewirtschaftung von Textilabfällen soll EU-weit gefördert, der Sektor für die getrennte Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und das Recycling von Textilien in der EU ausgebaut werden. Gebrauchte Textilien könnten lokal Arbeitsplätze schaffen, Geld einsparen helfen sowie negative Auswirkungen der Textilproduktion verringern, so die EU-Kommission.

Da Hersteller für die Kosten der Bewirtschaftung von Textilabfällen aufkommen müssten, schaffe dies Anreize dafür, das Abfallaufkommen zu verringern und die Kreislauffähigkeit der Textilerzeugnisse schon beim Design zu verbessern. Die Kosten würden an die Umweltleistung der Textilien angepasst („Ökomodulation“). Die Mitgliedstaaten sollen ab 2025 Textilien getrennt sammeln. Mit den Beiträgen der Hersteller sollen die notwendigen Investitionen in Kapazitäten für die getrennte Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und das Recycling finanziert werden. Im Vorschlag der Kommission sei auch die Förderung, Erforschung und Entwicklung innovativer Technologien für die Kreislaufwirtschaft im Textilsektor wie etwa im Bereich Faser-zu-Faser-Recycling enthalten. Das Gesetz soll klarstellen helfen, was als wiederverwendbare Textilie gilt und was als Abfall – so will die Brüsseler Behörde das Problem der illegalen Ausfuhr in Länder angehen, die für den Umgang mit den Abfallbergen gar nicht gerüstet sind.

In der EU fallen pro Jahr 12,6 Millionen Tonnen (Mio. t) Textilabfälle an, davon sind 5,2 Mio. t Kleidung und Schuhe, was umgerechnet pro Kopf 12 Kilogramm entspricht. Nur 22 Prozent davon werden getrennt gesammelt, um wiederverwendet oder recycelt zu werden, der Rest landet in Müllverbrennungsanlagen oder auf Deponien.

ZWE: „Unnötig lange Übergangsfristen“ und eine Art „Verschmutzungsgebühr“ statt echter Anreize

Zero Waste Europe sieht die vorgeschlagene erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien als „ersten Schritt“, damit die Hersteller mehr Verantwortung tragen. „Die unnötig lange Übergangsfrist von dreißig Monaten bedeutet jedoch, dass weiterhin tonnenweise Textilien in die Verbrennung gehen werden“, kritisierte ZWE. Außerdem gehe die Überarbeitung nicht weit genug. Die Haltbarkeit von Kleidungsstücken zu verbessern sei zwar gut, lasse aber die Tatsache außer Acht, „dass die Produktion von schnellen Modetrends und aggressivem Marketing angetrieben wird und nicht von der Notwendigkeit, kaputte Kleidung zu ersetzen“. Solange dies nicht angegangen werde, zum Beispiel durch wirksame Maßnahmen zur Abfallvermeidung, behandele man „nur die Symptome eines kaputten Systems“. Fragen, wie die Höhe der ökomodulierten Gebühren, die erhoben werden können, seien ungeklärt. Zudem richte sich die Überarbeitung größtenteils auf die Verbrauchsebene und nicht auf die Industrie.

Die erweiterte Herstellerverantwortung sollte aus Sicht von ZWE „als preislicher Anreiz für ein besseres Design dienen und nicht als Gebühr, die die Hersteller für die Verschmutzung zahlen“. Die hauptsächlichen Umweltauswirkungen des textilen Kreislaufs lägen in der Produktionsphase innerhalb der Textilindustrie, daher habe die Bewirtschaftung von Abfällen am Ende des Lebenszyklus nur einen geringen Gesamteffekt, so die Organisation.

Auch der Fachverband Textilrecycling (FTR) reagierte enttäuscht - der Entwurf bleibe hinter den Erwartungen zurück und lasse die bereits vorhandenen und funktionierenden gewerblichen Strukturen für die flächendeckende Altkleidersammlung in Deutschland und der EU außen vor. Zudem blieben viele offenen Fragen bei der Einführung von Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung. [jg]

Vorschläge der EU-Kommission:

Kreislaufwirtschaft für Textilien (europa.eu) sowie Factsheet zur erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien

ZWE: The Waste Framework Directive revision is a missed opportunity, says Zero Waste Europe

FTR: Entwurf der EU-KOM zum Umgang mit Textilabfällen bleibt hinter Erwartungen zurück

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Der Vorschlag ist Teil eines Pakets von mehreren Gesetzesinitiativen unter dem Titel „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“ (Vorschlag neue Gentechnik hier sowie zu Lebensmittelverschwendung, Bodenschutz, Saatgut).

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