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Trockenheit in Deutschland – Wasser gerecht verteilen
News | 02.09.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Wasser und Meere

Trockenheit in Deutschland – Wasser gerecht verteilen

Dürre reißt den Boden auf
© Pixabay
Dürre reißt den Boden auf

In vielen Teilen der Welt herrscht Wasserknappheit. Auch hierzulande schwankt die Menge an Wasser zu manchen Zeiten und in manchen Regionen teils erheblich. Mit der Nationalen Wasserstrategie stellt sich Deutschland den Herausforderungen der Wasserkrise und erarbeitet mit fachlicher Unterstützung des Umweltbundesamts Lösungsansätze. 

In Deutschland ist die Jahresmitteltemperatur von 1881-2022 um 1,7 Grad Celsisus (°C) gestiegen. In den zurückliegenden Jahrzehnten ist ein Trend zu zunehmender Hitze erkennbar. Auch Veränderungen des Wasserhaushaltes werden sichtbar. Die Jahre 2018, 2019, 2020 und 2022 waren durch eine ausgeprägte Trockenheit gekennzeichnet. Als Folge der extrem trockenen Jahre kam es verbreitet zu Grundwasser-Rekordniedrigständen. Der regenreiche Herbst und Winter 2023 und teilweise das Frühjahr 2024 füllten die Grundwasserstände zwar weitgehend wieder auf. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. Ob die Auswirkungen der vergangenen Trockenjahre in den tieferen Grundwasservorkommen durch die hohen Niederschlagsmengen kompensiert werden, lässt sich derzeit noch nicht sagen. 

Wasserbewirtschaftung an das Klima anpassen und Wasser sparen 

Auch das Wasserdargebot insgesamt ist betroffen. Während im langjährigen Mittel der Jahre 1961-1990 noch 188 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m³) potenzielles Wasserdargebot in Deutschland zur Verfügung standen, waren dies im Zeitraum von 1991-2020 nur noch 176 Mrd. m³. Dabei gibt es deutliche jährliche Unterschiede: Insbesondere die Trockenjahre 2003 mit 103 Mrd. m³ und 2018 sowie 2020 mit jeweils 116 Mrd. m³ Wasserdargebot fallen auf. Aufgrund des Klimawandels und sozio-ökonomischen Entwicklungen werden sich auch die Wasserbedarfe in der Zukunft mengenmäßig, räumlich und zeitlich verändern. Mehr Personengruppen als heute werden um eine knapper werdende Ressource konkurrieren. Beispielsweise wird bis zur Mitte des Jahrhunderts für die landwirtschaftliche Bewässerung von Feldfrüchten eine deutliche Zunahme der Bewässerungsbedürftigkeit und -würdigkeit für viele Regionen Deutschlands vorhergesagt.

Jörg Rechenberg
Deshalb müssen wir über eine gerechte Verteilung bei langanhaltender Trockenheit nachdenken, die die Bedürfnisse der wasserabhängigen Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Wälder berücksichtigt.
Jörg Rechenberg, Umweltbundesamt
Leiter des Fachgebiets „Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden“

Deshalb müssen wir über eine gerechte Verteilung bei langanhaltender Trockenheit nachdenken, die auch und vor allem die Bedürfnisse der wasserabhängigen Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Wälder berücksichtigt. Alle Wassernutzer*innen sind aufgefordert, die Wasserressourcen zu schonen, das heißt mit Wasser sparsam umzugehen und das entnommene Wasser so effizient wie möglich zu verwenden sowie die Gewässer inklusive Grundwasser nicht zu verschmutzen. Zudem muss der Staat die Rahmenbedingungen für eine klimaangepasste Wasserbewirtschaftung schaffen. Dieser Notwendigkeit ist die Bundesregierung mit fachlicher Unterstützung des Umweltbundesamtes durch die Verabschiedung der Nationalen Wasserstrategie (NWS) im März 2023 nachgekommen.

Die NWS legt die Grundlagen für den Umgang mit den Herausforderungen der Klimakrise, des demografischen und technologischen Wandels. Der Umgang mit Trockenheit und Dürre sowie daraus resultierenden Nutzungskonkurrenzen ist dabei eine der zentralen Aufgaben, die konkret in verschiedenen Aktionen aufgriffen wird. Das sind zum Beispiel: 

  • Aktionen zur Steuerung und zum Ausgleich: Hier geht es darum, die derzeitige Datenlage zu verbessern (Aktionen 1 und 2), Regeln und Kriterien für eine Nutzungspriorisierung aufzustellen (Aktion 6) sowie die Partizipation/Mediation bei Nutzungskonflikten zu etablieren und zu stärken (Aktion 48).
  • Aktionen zur Sicherung der Ressourcen: Damit sollen Leitbilder für einen naturnahen Wasserhaushalt und für wassersensible Städte entwickelt (Aktionen 7 und 19), Flächen für Auen und Gewässer gesichert (Aktion 21), Risiken durch Stoffeinträge minimiert (Aktionen 25-40), der Bodenschutz, Bodenwasserhaushalt und die Grundwasserneubildung verbessert (Aktion 12), die Versiegelung reduziert (Aktion 20) und die Wasserinfrastrukturen klimaangepasst weiterentwickelt (Aktionen 41-44) werden.
  • Aktionen zur effizienteren Nutzung: Ziel ist die Reduzierung des Wasserbedarfs. Diese Aktionen umfassen ein besseres und zeitnahes Grundwasserentnahmemonitoring (Aktion 4), die Einführung eines Wasserregisters und den Abbau von Ausnahmen von der Erlaubnispflicht bei Grundwasserentnahmen (Aktion 5), die Entwicklung von Mindeststandards für eine effiziente Wassernutzung (Aktion 10) sowie die Fortentwicklung von ökonomische Steuerungsinstrumenten  (Wasserentnahmeentgelten) (Aktion 11).
  • Aktionen zur Erschließung neuer Ressourcen: Dabei handelt es sich um Aktionen zur naturnahen Niederschlagswasserbewirtschaftung (Aktion 13) und zur Stärkung der Wasserwiederverwendung (Aktion 54).

Die NWS verfolgt einen integrierten Ansatz, der die Lösungsansätze nicht nur auf Seiten der Wasserwirtschaft sieht, sondern Maßnahmen in allen relevanten Sektoren (Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Naturschutz, Verwaltung und Stadtentwicklung) anmahnt. Die NWS ist auf den Zeitraum bis 2050 angelegt. Sie setzt auf einen Instrumentenmix aus Förderung, rechtlichen Regelungen, Wissensaufbau und Dialog. Damit liegt ein auf Regierungsebene abgestimmter Katalog von Aktionen auf dem Tisch, zu dem bereits zahlreiche Arbeiten angelaufen sind beziehungsweise sich in Vorbereitung befinden, um einen naturnahen Wasserhaushalt wiederherzustellen und die Wasserwirtschaft klimaresilient zu machen.

Der Autor

Dr. Jörg Rechenberg studierte Jura und promovierte in europäischem Umweltrecht. Seit 2003 leitet er im Umweltbundesamt das Fachgebiet „Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden“.

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