Umweltrat baut Hintertüren in die LULUCF-Verordnung
Der Rat der europäischen Umweltministerinnen und -minister hat am Dienstag seine Verhandlungsposition zur neuen Landnutzungsverordnung abgestimmt. Der Vorschlag der Kommission wurde weitgehend übernommen. Umweltverbände sehen jedoch neue Schlupflöcher.
Das "Fit for 55"-Paket sieht neben den Regelungen zur beschleunigten Energiewende auch die Neufassung der Verordnung zur Reduktion der Emissionen und Stärkung natürlicher Kohlenstoffsenken im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) vor. Darin soll die Rolle von Ökosystemen, wie Wäldern, Mooren und Agrarökosystemen für den europäischen Klimaschutz gestärkt werden. Nachdem Anfang Juni das EU-Parlament seine Position zur neuen LULUCF-Verordnung diskutierte, war am Dienstag der Umweltrat an der Reihe.
Die Ministerinnen und Minister bestätigten das von der EU-Kommission für den Sektor vorgeschlagene Ziel von 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten Netto-Treibhausgasabbau bis 2030. Für den Zeitraum von 2026 bis 2030 soll jeder Mitgliedstaat ein verbindliches nationales Ziel definieren. Zusätzlich werden die Länder verpflichtet, in diesem Zeitraum eine bestimmte Summe aus Netto-Emissionen und der Festlegung von Treibhausgasen zu erreichen. Darüber hinaus hat der Rat aber auch die Möglichkeit zu mehr Flexibilität eingeräumt. So können einzelne Mitgliedstaaten von den Zielen abweichen, solange das Gesamtziel der EU eingehalten werde. Besonders viel Spielraum wird den Staaten bei Abweichungen durch Auswirkungen des Klimawandels und bei organischen Böden eingeräumt. Die Option, Emissionen aufgrund natürlicher Störungen wie Waldbränden im Zeitraum 2026-2030 nicht einzubeziehen, wurde ebenfalls übernommen.
Doch gerade die vielen Ausnahmen und möglichen Hintertüren sorgen für deutliche Kritik an der Ratsposition. Während die LULUCF-Verordnung im Allgemeinen als große Chance für den naturbasierten Klimaschutz begrüßt wird, sehen Umweltverbände in der Ratsposition eine starke Abschwächung des Kommissionsentwurfs. Die Position des Rats zeige, was für die Minister*innen wirklich zähle: „ihre Agrar- und Forstindustrien, nicht der Klimanotstand“, so Alex Mason, Leiter des Klima- und Energiebereichs des europäischen WWF-Büros. Das sei „ein schlechtes Ergebnis für Biodiversität und Klima“, so Ulriikka Aarnio, Klima und Landnutzungsexpertin des Climate Action Network (CAN). Die Mitgliedstaaten hätten die wenigen guten Elemente des Kommissionsvorschlags verwässert. Außerdem seien Transparenz und Klarheit verloren gegangen. Noch deutlicher wird Kelsey Perlman von der Waldschutzorganisation FERN. Die Ratsposition sei „das gesetzgeberische Äquivalent als würde man ein Pflaster auf eine Brandwunde kleben. Es verdeckt das Problem, aber es beendet nicht den Schmerz.“
Nachdem der Rat nun seine Positionen zum Kommissionsentwurf festgelegt hat, können die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen. Die Umweltverbände appellierten an die EU-Abgeordneten, keine Abschwächung der LULUCF-Verordnung zuzulassen. [bp]
Pressemitteilung des Umweltrats