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Vor EVP-Gipfel in Berlin: „Schutz von Natur und Demokratie vor Profit“
EU-News | 17.01.2025
# sozial-ökologische Transformation #EU-Umweltpolitik #Politik und Gesellschaft #Wirtschaft

Vor EVP-Gipfel in Berlin: „Schutz von Natur und Demokratie vor Profit“

Protest: Frau mit Megaphon
© pixabay/terimakasih0

Kurz vor einem Gipfel in Berlin am 17. und 18. Januar von Vorsitzenden der zur konservativen EVP-Familie gehörenden Parteien aus ganz Europa hat ein großes Bündnis aus 270 Organisationen der Zivilgesellschaft gewarnt, Schutzmaßnahmen als „regulatorische Last“ abzutun. Menschen, Natur und Demokratie seien wichtiger als Profit. Der DNR kommentiert das von Friedrich Merz anberaumte Treffen.

Über 270 zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften haben die EU-Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen am 13. Januar in einem offenen Brief aufgefordert, Schutzvorschriften für Gesundheit, Natur, Klima und soziale Gerechtigkeit, einschließlich der Rechte von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften, zu verteidigen. Die Deregulierung von essentiellen Schutzmaßnahmen habe nur negative Folgen, sie verschärfe Ungleichheit und Unsicherheit in Europa, untergrabe das Vertrauen der Bürger*innen in öffentliche Institutionen und befeuere antidemokratische Narrative, die Ängste für politische Zwecke ausnutzen. 

Lebensmittelsicherheit, öffentliche Gesundheit, sozialer Schutz, Arbeitnehmerrechte und Arbeitsvorschriften, Tierschutz und Umweltschutz sind keine regulatorischen Belastungen - sie sind die Grundlage einer gut funktionierenden, widerstandsfähigen und fairen Gesellschaft“, argumentiert das Verbändebündnis. Der Brief stammt vom europäischen Klima-Aktionsnetzwerk CAN Europe, Corporate Europe Observatory (CEO), Europäischem Umweltbüro (EEB), Friends of the Earth Europe (FoEE) und den Gewerkschaftsvereinigungen European Public Service Union (EPSU) sowie European Trade Union Confederation (ETUC) und wird von hunderten Organisationen unterstützt. Vereinfachung dürfe nicht mit Deregulierung verwechselt werden. Gesetze müssten der Gesellschaft dienen. Zudem könne die Durchsetzung von EU-Umweltgesetzen die europäischen Wirtschaft jährlich um 55 Milliarden Euro an Gesundheits- und Umweltkosten entlasten. Das Gemeinwohl müsse über kurzfristigen Unternehmensinteressen stehen. 

DNR zum EVP-Gipfel: „Bestehende Umwelt- und Sozialstandards sind ein notwendiges Gut und müssen geschützt werden“ 

Auf Einladung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz findet heute und morgen ein Entbürokratisierungsgipfel in Berlin statt. Neun zur konservativen EVP-Familie gehörenden christdemokratische Staats- und Regierungschefs aus den EU-Mitgliedstaaten werden unter anderem erwartet. Auch die EU-Kommissionspräsidentin soll nach ihrer überstandenen Lungenentzündung anreisen. Ziel des Gipfels ist es, einen umfassenden Katalog der EVP zum Bürokratieabbau in der EU vorzulegen und somit auch bestehende Vorschriften und Regelungen rückgängig zu machen. 

Dazu kommentiert DNR-Geschäftsführer Florian Schöne: „Fortschritte beim Bürokratieabbau sind für eine wettbewerbsfähige, klimaneutrale EU wichtig, und es ist gut, dass die EU dies angehen will. Allerdings darf Bürokratieabbau nicht als Deckmantel für Deregulierung dienen. Bestehende Umwelt- und Sozialstandards sind ein notwendiges Gut und müssen geschützt werden. Alles andere würde nicht nur den Verlust der biologischen Vielfalt und die Klimakrise verschärfen, sondern auch das Vertrauen in die Politik schwächen sowie Planungsunsicherheiten und Widerstände provozieren. Vielmehr liegt der Schlüssel zur Beschleunigung und Entlastung in der Modernisierung, Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen – hier setzen wir auf kluge Vorschläge der EVP.“ 

Es bleibt abzuwarten, ob Merz' Vorschläge in Brüssel Gehör finden und wirklich zur Vereinfachung beitragen oder ob sie vielmehr zu Rückschritten in Bereichen führen, in denen Regulierung notwendig bleibt, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und für globale und soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Die „Anti-Bürokratiepläne“, die von der Leyen im letzten Jahr vor dem EU-Parlament angekündigt hatte, dürften sich laut Euractiv  verzögern. Der angekündigte „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ komme wohl Ende Januar. Das Gesetz zum Bürokratieabbau (sogenanntes „Omnibus”-Gesetz) ist für den 26. Februar angekündigt, parallel zur Veröffentlichung des Clean Industrial Deal. 

Elena Hofmann, DNR: „Die EU-Kommission muss mit ihrem Vorschlag zur Entbürokratisierung Ende Februar dafür Sorge tragen, dass mithilfe von Modernisierung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen unsere Wirtschaft und Verwaltung beschleunigt und entlastet wird. Dazu darf keinesfalls ein Abbau von Umwelt- und Sozialstandards gehören.“ [jg]
 

EEB et al.: Ursula von der Leyen: Protect people, nature, and democracy in EU regulations 

DNR-Pressestatement: EVP-Gipfel in Berlin: Bestehende Umwelt- und Sozialstandards müssen geschützt werden 

 


 

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