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Wasserstraßenverkehr schadet der Biodiversität in europäischen Flüssen
EU-News | 05.07.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Mobilität #Wasser und Meere

Wasserstraßenverkehr schadet der Biodiversität in europäischen Flüssen

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c. pixabay

Mitte Juni hat der Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie (TTE) seine Verhandlungsposition für eine überarbeitete Richtlinie zur Verbesserung der Binnenschifffahrtsinformationsdienste angenommen. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) warnt, dass Schifffahrt der Biodiversität in Europas Flüssen schadet. Renaturierungsmaßnahmen könnten helfen. Das Gemeinsame Forschungszentrum JRC hat Kriterien für frei fließende Flussabschnitte vorgelegt. Die EU-Biodiversitätsstrategie beinhaltet unter anderem das Ziel, Flüssen auf 25.000 Kilometern Länge wieder zu freiem Fluss zu verhelfen.

Seit 18. Juni steht die allgemeine Ausrichtung des Rates zu den River Information Services (RIS) auf Binnenwasserstraßen. Hauptziel der überarbeiteten Richtlinie zu Binnenschifffahrtsinformationsdiensten ist es, den harmonisierten Einsatz von RIS auf allen Binnenwasserstraßen der EU im Kontext des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) zu erleichtern und zu beschleunigen. Der neue Rechtsakt soll die erhoffte Verkehrsverlagerung in Europa unterstützen, „indem der Weg für sicherere, ökologischere und effizientere Verkehrsdienste auf unseren Binnenwasserstraßen in den kommenden Jahren geebnet“ wird, so der im Juni noch als Ratsvorsitzender zuständige belgische Vizepremierminister und Minister der Mobilität Georges Gilkinet. Die Binnenschifffahrt soll in den multimodalen Verkehr integriert, digitale Lösungen sollen gefördert werden. Der Rat verlängerte die Umsetzungsfrist um drei Jahre und strich außerdem den von der Kommission vorgeschlagenen Mechanismus für die Bearbeitung von Beschwerden. Nun kann der Trilog mit dem neuen EU-Parlament unter ungarischer Ratspräsidentschaft starten.

IGB: Emissionsarm bedeutet nicht umweltverträglicher

Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat im Juni darauf hingewiesen, dass die Binnenschifffahrt zwar als emissionsarmer Verkehrsträger gilt, allerdings nicht umweltverträglicher sei. Das habe eine internationale Studie gezeigt. Anhand umfangreicher Langzeitdaten zeigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Beteiligung des IGB, dass der Schiffsverkehr in den letzten Jahrzehnten zu einem deutlichen Verlust der biologischen Vielfalt in europäischen Flüssen beigetragen hat. Außerdem würden die verbliebenen Tiergemeinschaften immer einheitlicher und flusstypische Arten gingen verloren. Invasive Arten hingegen nähmen deutlich zu. Das internationale Forschungsteam hat laut IGB Datensätze zur Biodiversität in europäischen Flüssen zusammengetragen und modelliert, wie sich Belastungen durch Schiffsverkehr, Hafendichte und Schleusen auf die Artenvielfalt im Wasser auswirken. Die ausgewerteten Zeitreihen von Fischen und größeren wirbellosen Tieren, wie Insektenlarven, Kleinkrebse, Muscheln und Schnecken, umfassten mehr als 19.500 Beobachtungen von über 4.000 Probestellen aus den letzten 32 Jahren.

Unter anderem beeinträchtigten neben Ausbaumaßnahmen auch die Schiffe selbst die Artenvielfalt und die funktionelle Biodiversität von Fischen und großen wirbellosen, bodenlebenden und strömungsempfindlichen Arten. Die von Schiffen verursachten Wellen und Rückströmungen übten einen Selektionsdruck aus: Fische, die ihre Eier in Gelegen an Substrate wie Steine oder Pflanzen heften, hätten bessere Vermehrungschancen als Arten, deren frei schwimmende Eier weggespült werden. Schiffswellen erodierten die Ufer und setzten Sedimente frei, was die Lebensräume sowohl für Fische als auch für Wirbellose verschlechtere. Die in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution erschienene Studie zeige, wie diese Effekte durch ein besseres Ufer- und Landmanagement abgemildert werden könnten. So könnten Renaturierungsmaßnahmen von Uferzonen Biodiversität besser schützen.

JRC: Kriterien für die Identifizierung frei fließender Flussabschnitte

Die EU-Biodiversitätsstrategie beinhaltet das Ziel, dass bis 2030 mindestens 25.000 Kilometer Flusslänge durch die Beseitigung vor allem veralteter Hindernisse und die Wiederherstellung von Überschwemmungsgebieten und Feuchtgebieten wieder zu frei fließenden Flüssen werden sollen. Das Gemeinsame Forschungszentrum (JRC) hat nun ein Dokument vorgelegt, das Kriterien für die Bestimmung frei fließender Flüsse vorschlägt, die die longitudinale (Länge), laterale (Seiten) und vertikale (Tiefe) Konnektivität auf lokaler und Einzugsgebietsebene (Zuflüsse) berücksichtigen. Ziel ist es, den Behörden ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem sie die Länge der frei fließenden Flüsse in ihren Einzugsgebieten bestimmen können. Darüber hinaus kann das Instrument zur Vorhersage der Zunahme der Länge frei fließender Flüsse infolge der Beseitigung von Hindernissen und anderer Sanierungsmaßnahmen verwendet werden. Dies werde dazu beitragen, Prioritäten für Maßnahmen zu setzen, die zur Erreichung des Ziels von 25.000 Kilometer beitragen können, so das JRC. Schlüsselelemente der Methode sind (1) die Segmentierung des Flusses in homogene Abschnitte; (2) Kriterien für die longitudinale, laterale und vertikale Konnektivität innerhalb eines homogenen Abschnitts; (3) eine großräumige Bewertung unter Berücksichtigung der Sedimentkonnektivität und der Wanderungsbarrieren für die Zielfischarten; und (4) Mindestlängenkriterien, um die hydromorphologischen Prozesse und die ökologische Funktion sicherzustellen. [jg]

Binnenschifffahrt: Rat legt Standpunkt für sicherere und effizientere Binnenschifffahrtsinformationsdienste fest

IGB: Schifffahrt schadet der Biodiversität in Europas Flüssen

JRC: Criteria for identifying free-flowing river stretches for the EU Biodiversity Strategy for 2030

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