100 Milliarden Euro verpufft: Rechnungshof kritisiert wirkungslose Klimaschutzgelder für die GAP
Die europäische Agrarpolitik (GAP) ist für ihre geringe Klimaschutzwirkung zu teuer: Zu dem Schluss kommen die Prüfer*innen des Europäischen Rechnungshofs (ECA) und fordern wirksamen Klimaschutz in der reformierten GAP ab 2023.
Obwohl mehr als ein Viertel aller EU-Agrarsubventionen in den letzten Jahren für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen waren, seien die Treibhausgasemissionen seit 2010 nicht gesunken, stellte der ECA in einem am Montag veröffentlichten Sonderbericht fest. Das liege daran, dass „die meisten der von der GAP geförderten Maßnahmen nur ein geringes Klimaschutzpotenzial“ hätten und die GAP „keine Anreize für wirksame klimafreundliche Verfahren“ biete.
Entsprechend sei es wichtig, dass die reformierte GAP für den nächsten Förderzeitraum ab 2023, deren Details gerade verhandelt werden (siehe EU-News vom 17.06.2021), „mehr Gewicht auf die Verringerung landwirtschaftlicher Emissionen“ lege und transparenter gemacht werde, „wie diese Politik zum Klimaschutz beiträgt“, erklärte der zuständige ECA-Prüfer.
Etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Emissionen in der EU stamme aus der Tierhaltung, ein Drittel aus chemischen Düngemitteln und Dung und etwa 20 Prozent aus der landwirtschaftlichen Nutzung entwässerter Torfflächen. In allen drei Bereichen seien die Emissionen seit 2010 nicht zurückgegangen und teilweise sogar gestiegen. Das liege daran, dass die derzeitige GAP durch ihre Fördermechanismen den Absatz tierischer Erzeugnisse und die Nutzung von Torfflächen unterstütze. Gleichzeitig seien wirksame Maßnahmen zur Reduzierung des Düngemitteleinsatzes und der Wiederherstellung von Torfflächen kaum gefördert worden.
Die Prüfer*innen kritisieren zudem, dass das Verursacherprinzip, das eigentlich in den EU-Verträgen verankert ist, nicht auf klimaschädliche Emissionen in der Landwirtschaft angewendet werde.
Am 24. und 25. Juni wollen die Verhandlungsführer*innen der europäischen Institutionen die Reform der Agrarpolitik endlich beschließen. Ob sie trotz der Lippenbekenntnisse der Politiker*innen tatsächlich klimafreundlicher wird, ist fraglich. Direktzahlungen, die den Erhalt von EU-Geldern an die landwirtschaftlich genutzte Fläche knüpfen und nicht an die Art der Bewirtschaftung, werden weiterhin einen Großteil der verteilten Subventionen ausmachen. Noch sind jedoch einige Verhandlungspunkte offen, die eine nachhaltigere EU-Agrarpolitik ermöglichen könnten, beispielsweise der Anteil der für Eco Schemes vorgesehenen Gelder oder Details zur Fruchtfolge. Auch ist noch nicht geklärt, ob und inwiefern der Green Deal und seine Strategien und Ziele mit der GAP in Verbindung stehen sollen.
Wie Jabier Ruiz, Senior Policy Officer für Landwirtschaft im WWF Europa-Büro, feststellt, hätten die bisherigen Trilogsitzungen allerdings bewiesen, wie wenig die Mitgliedstaaten bereit seien, die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf Klima und Biodiversität anzugehen. Er forderte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, einzugreifen und zu zeigen, „dass sie es ernst meint mit der Umsetzung ihres Green Deals und der Unterstützung einer grünen Erholung der EU-Landwirtschaft.“ [km]
WWF EU: Last call for the EU to address severe CAP shortcomings
Wo gehen die EU-Agrarsubventionen hin?
Das Institut der deutschen Wirtschaft stellt in einer Übersicht die Höhe der GAP-Direktzahlungen pro Quadratkilometer dar, die deutsche Regionen 2020 erhalten haben. Spitzenreiter ist der Landkreis Vechta, wo 21.500 Euro pro Quadratkilometer aus Brüssel ankamen. Auf Platz zwei und drei lagen der thüringische Kreis Sömmerda mit 20.000 Euro und die Region Friesland mit 18.000 Euro pro Quadratkilometer.
Studienvorstellung: Pestizidexporte in Drittstaaten
Am 27. April stellen das Pestizid Aktionsnetzwerk Germany (PAN Germany) und weitere Organisationen die Studie "Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF: Ein Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen" vor. Anschließend laden sie zur Diskussion ein. Die Studie untersucht, wie europäische Firmen Wirkstoffe ins Ausland exportieren, die aufgrund ihrer schädlichen Auswirkungen in der EU verboten sind.