Protest: Verbände verlassen Taxonomie-Gremium
Die Verbraucherschutzorganisation BEUC, Birdlife, die für strenge Umweltstandards eintretende Organisation ECOS, Transport &Environment und der WWF haben der Europäischen Plattform für nachhaltige Finanzen aus Protest den Rücken gekehrt. Grund: Die EU-Kommission habe sich politisch in die Gruppe eingemischt und trotz ihrer rechtlichen Verpflichtung, wissenschaftlich fundierten Ratschlägen zu folgen, gegen diese Fakten gehandelt.
Die Plattform für nachhaltige Finanzen ist eine Expertengruppe der Europäischen Kommission, die mit der Ausarbeitung technischer Empfehlungen für die EU-Taxonomie beauftragt ist. Allerdings habe die Kommission die Empfehlungen der Expertengruppe wiederholt ignoriert, insbesondere in den Bereichen Forstwirtschaft, Bioenergie, Gas und Kernenergie, ohne eine fundierte wissenschaftliche Begründung für diese Entscheidungen zu liefern, so die fünf Nichtregierungsorganisationen. Statt die Wissenschaft als Basis zu nehmen habe sich die Brüsseler Behörde jedoch dafür entschieden, in mehreren kritischen Sektoren auf die Lobbygruppen der Industrie zu hören. So seien Gas und Kernkraft nunmehr als ökologisch nachhaltige Investitionen aufgenommen und nach der positiven Bestätigung durch Rat und Parlament nun EU-Recht. Damit sei die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie und letztlich auch in die EU-Institutionen „massiv untergraben“ worden.
Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das klären soll, welche Investitionen nachhaltig sind. Ziel ist es, Greenwashing zu verhindern und Investoren bei der Beurteilung zu helfen, ob Investitionen mit politischen Verpflichtungen wie dem europäischen Green Deal vereinbar sind.
Vor der Abstimmung im EU-Parlament hatten 24 Umwelt- und Klimaorganisationen mit einem offenen Brief an die deutschen Europaabgebordneten versucht, die Aufnahme von fossilem Gas- und Atomkraft in die Taxonomie zu verhindern. Nach dem Beschluss im EU-Parlament im Juli kündigten Österreich und Luxemburg an, gegen die Einstufung von Gas und Atom als „nachhaltig“ klagen zu wollen (EU-News 07.07.2022). Auch die Nichtregierungsorganisation ClientEarth will gegen den Inhalt des delegierten Rechtsakts klagen. [jg]
WWF et al.: NGOs walk out of expert Taxonomy group over lack of independence