Düngerecht und Nitratwerte: Deutschland will Strafzahlungen vermeiden
Wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser steht Deutschland seit geraumer Zeit in der Kritik - es drohen über 800.000 Euro Strafzahlungen täglich. Das Bundesumwelt- und das Bundeslandwirtschaftsministerium sind zu einer Einigung gekommen, das deutsche Düngerecht zu verbessern und wollen die Vorschläge nun an die EU-Kommission weitergeben. Das Ganze war eine schwere Geburt (EU-News 11.04.2019, EU-News 04.04.2019, EU-News 25.03.2019).
Das Ergebnis: In Gebieten mit besonders hohen Nitratwerten soll die Düngung um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt reduziert werden. Außerdem gilt eine Mengen-Obergrenze in Höhe von 170 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr pro Schlag bzw. für Einzelflächen. Wenn Kulturen mehr Dünger brauchen, muss anderswo weniger gedüngt werden. Es gibt verlängerte Sperrzeiten in belasteten Gebieten und zu Gewässern teils größere Abstände - je nach Hangneigung bis zu zehn Metern. Für extensiv wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe und Ökobetriebe, die so nachhaltig und ressourcenschonend düngen, dass sie nicht zur Gewässerbelastung beitragen, gelten Ausnahmen. Sofern die EU-Kommission mit den Änderungen einverstanden ist, wird der Gesetzgebungsprozess eingeleitet. Dann wird es wohl keine zweite Klage geben.
Ob die angedachten Verbesserungen der Bundesregierung EU-rechtskonform sind und Stickstoffüberschüsse wirksam reduziert werden, bleibt nach Aussagen vom Deutschen Naturschutzring (DNR) "fraglich". Besonders in überlasteten Gebieten - auf Karten mit gemessenen Nitratwerten rot gekennzeichnet - müssten die Bestände der Nutztiere erheblich reduziert und Ausnahmeregelungen streng überprüft werden. Die derzeitige Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik biete die historische Chance, um LandwirtInnen für das Erreichen von Umweltzielen zu entlohnen. Viele Betriebe seien zu Veränderungen bereit. "Die Zeit ist abgelaufen, Bauern gegen Brüssel und Bürger gegen Bauern auszuspielen. Das gilt für Politik wie Funktionäre", mahnte DNR-Präsident Kai Niebert. "Unsere wichtigste Ressource Wasser steht durch die Folgen des Klimawandels und hohe Einträge von Nährstoffen, Pestiziden und Arzneimitteln unter enormen Druck. Die Zeit für eine Kehrtwende im Gewässerschutz ist jetzt."
Bereits am 6. Juni fand ein Treffen von Umwelt- und LandwirtschaftsvertreterInnen von Bund und Ländern statt, nach dem nur noch fachliche Detailfragen zu klären waren. Umweltverbände kritisierten die "endlose Hängepartie" in Sachen Verschärfung der Düngeregeln. "Was zu viel ist, ist zu viel: Das gilt in der Sache, aber auch in der Art und Weise, wie in Deutschland seit Jahren die erforderliche Reduzierung von Stickstoffüberschüssen schöngerechnet wird. Damit muss Schluss sein. Und zwar heute. Im Interesse des Umwelt- und Gewässerschutzes, aber auch im Interesse der Landwirtschaft selbst", kommentierte DNR-Präsident Kai Niebert den "Güllegipfel" von vergangener Woche. [jg]