Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
"Habemus Vize" und Pläne für das Restjahr 2023
EU-News | 05.10.2023
#EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Kreislaufwirtschaft #Mobilität #Tierschutz #Wald #Wasser und Meere

"Habemus Vize" und Pläne für das Restjahr 2023

Portrait Maroš Šefčovič, © European Union, 2023
© European Union, 2023

Dreistündige Vorstellungsgespräche vor mehreren Hundert Personen sind nicht jedermanns Sache: Maroš Šefčovič als potenzieller neuer „Mr. European Green Deal“ hat diese Prüfung aber bestanden. Das EU-Parlament stimmte für ihn und den neuen Klimakommissar Wopke Hoekstra (EU-News 05.10.2023). Šefčovič präsentierte dem EU-Parlament außerdem, welche Dossiers in den nächsten Monaten zu erwarten sind. Radfahrverbände loben neue Fahrrad-Erklärung, aber Tierschutzverbände sind „äußerst enttäuscht“ über ausbleibende Vorschläge.

Das „Grilling“, erst vor dem Umweltausschuss ENVI, der zusätzliche Nachfragen hatte, dann vor dem Plenum im EU-Parlament, ist geschafft. Maroš Šefčovič, der Nachfolger von Frans Timmermans, der in den Niederlanden kandidiert, wurde mit seinen neuen Aufgaben als Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal mit 322 Ja-Stimmen, 158 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen in geheimer Abstimmung bestätigt. Der 1966 im slowakischen Bratislava geborene Šefčovič war schon vorher als Kommissar für Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau tätig.

Auch wenn er sich nicht auf ein Veröffentlichungsdatum für die Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH festlegen wollte (siehe EU-News 05.10.2023), für folgende legislative und nicht-legislative Dossiers sind zumindest ungefähre Daten geplant:

  1. Europäische Erklärung zum Radverkehr - Oktober 2023 (bereits veröffentlicht)
  2. Windkraftpaket - Oktober 2023:
    • a. Aktionsplan für das europäische Windenergiepaket
    • b. Mitteilung über die Umsetzung der EU-Strategie für erneuerbare Offshore-Energie
  3. Verordnung zur Vermeidung der Verschmutzung durch Mikroplastik (Plastikpellets) - Oktober 2023
  4. Mobilitätspaket - November 2023:
    • a. Mitteilungen zum gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraum
    • b. Überarbeitung der Richtlinie über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (Travel Package)
    • c. Überprüfung des Rahmens für die Rechte von Fluggästen
  5. Überarbeitung der Richtlinie über den kombinierten Verkehr - November 2023
  6. Aktionsplan zur Erleichterung des Netzausbaus - November 2023
  7. Verordnung zur Schaffung eines Überwachungsrahmens für widerstandsfähige europäische Wälder - November 2023
  8. Schutz von Tieren beim Transport - Dezember 2023
  9. Mitteilung über Technologien zur Kohlenstoffspeicherung - Q1 2024
  10. Mitteilung zum Klimaziel 2040 - Q1 2024
  11. Mitteilung über Resilienz gegenüber Wassermangel - Q1 2024

Das Europäische Umweltbüro (EEB) reagierte eher verhalten. Der neue Vizekommissionspräsident bevorzuge „Industrieinteressen gegenüber wichtigen Verpflichtungen in den Bereichen Lebensmittel, Tierschutz und Chemikalien“. Sowohl das Tierschutz- als auch das Lebensmittelgesetz hätten im Juli grünes Licht vom Ausschuss für Regulierungskontrolle der EU erhalten. REACH sei bereits im November 2022 genehmigt worden. Laut Šefčovič dauerten die Arbeiten aber noch an. Das EEB nannte dies ein klares Zeichen dafür, dass sich die Kommission dem Druck der Industrielobbys und reaktionärer politischer Kräfte beugt, die in den letzten Monaten einen regelrechten Krieg gegen die Landwirtschaft und die chemiebezogenen Elemente des EU-Green Deal geführt haben.

Erklärung zum Radverkehr erfreut Radfahrverbände

Europäische und deutsche Fahrradverbände begrüßten die parallel am 4. Oktober von EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean in Sevilla bereits präsentierten Vorschlag für die „European Cycling Declaration“. Die Erklärung soll als „strategischer Kompass für bestehende und künftige politische Maßnahmen“ dienen, um „das volle Potenzial des Radverkehrs in der Europäischen Union auszuschöpfen“. Viele von Fahrradverbänden geforderte Aspekte seien genannt, so der ADFC: Die Declaration enthalte ein klares Bekenntnis zu besseren Radfahrbedingungen in ganz Europa - sichere und durchgehende Radwegenetze, gute Abstellmöglichkeiten, flächendeckende Ladeinfrastruktur für E-Fahrräder und ein Netz von Radschnellwegen, die Stadt und Land miteinander verbinden.

Tierschutzverbände schwer enttäuscht

Das Europabüro von Vier Pfoten kritisierte die Ankündigung des neuen Vizekommissionspräsidenten, in dieser Amtsperiode nur noch eine von vier geplanten Revisionen der Tierschutzgesetzgebung umzusetzen. Diese Kehrtwende bedeute, dass die Kommission ihr Versprechen brechen wird, bis Ende 2023 Vorschläge zur Beendigung des Käfigzeitalters vorzulegen - 1,4 Millionen europäische Bürger*innen hatten dies im Rahmen einer EU-Petition gefordert. Die Kommission habe zwar zugesagt, dass sie an den verbleibenden Vorschlägen, die die kommerzielle Tierhaltung, die Tierschutzkennzeichnung und das Schlachten betreffen, „weiterarbeiten“ werde; die Tierschutzorganisation sei dennoch „äußerst enttäuscht über die Verzögerung der Tierschutzreformen“.

Ebenso argumentierte Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt: „Die EU-Kommission tritt den Willen von Millionen Bürger:innen mit Füßen. Ursula von der Leyer und Stella Kyriakides hatten Neuregelungen nicht nur bei Tiertransporten versprochen, sondern auch bei den EU-Tierschutzvorschriften, der Schlachtung und der Kennzeichnung von Tierprodukten. Dieses Versprechen bricht die Kommission nun. Damit missachtet sie den Ruf nach mehr Tierschutz von Millionen Menschen, die sich an den Europäischen Bürgerinitiativen End the Cage Age und Fur Free Europe beteiligt hatten.“ Zudem sprächen zahlreiche wissenschaftliche Gutachten für eine umfassende Überarbeitung der EU-Tierschutzregeln. Auch viele EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament unterstützten die Novellierung. Weitere Prüfungen und Gespräche verschwendeten „kostbare Zeit für Milliarden Tiere, die in der Massentierhaltung leiden“, so Klosterhalfen. [jg]

EU-Parlament: Ja zu Wopke Hoekstra als EU-Kommissar, neue Aufgaben für Vizepräsident Šefčovič

Schriftliche Antworten von Maroš Šefčovič

EEB: https://eeb.org/top-candidate-for-green-deal-chief-favours-industry-interests-over-major-commitments-on-food-animal-welfare-and-chemicals/

ADFC: Fahrradverbände begrüßen EU-Erklärung zum Radverkehr

Vier Pfoten EU: European commission rows back on timeline of animal welfare reforms

Albert Schweitzer Stiftung: Pressemitteilung

Das könnte Sie interessieren

Symbolbild: weißes Verkehrsschild mit der Aufschrift Europäischer Rechnungshof
EU-News | 15.11.2024

#Chemikalien #EU-Umweltpolitik #Kreislaufwirtschaft #Landwirtschaft und Gentechnik #Mobilität #Wasser und Meere #Wirtschaft

Pläne der Rechnungsprüfer für 2025

Der Europäische Rechnungshof (ECA) hat in seinem Arbeitsprogramm 69 Prüfberichte vorgesehen, um die EU-Politikmaßnahmen unter die Lupe zu nehmen. Im Umweltbereich sind 2025 und 2026 insgesamt 17 Sonderberichte geplant. Nächstes Jahr sollen außerdem EU-Mittel zur Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen geprüft werden....