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Mehr Abgeordnete 2024, aber weniger Parteien 2029?
EU-News | 27.06.2023
#EU-Umweltpolitik #Europawahl #Politik und Gesellschaft

Mehr Abgeordnete 2024, aber weniger Parteien 2029?

Hand hält umfallende Dominosteine auf
© pixabay / Ivana Divišová

Die Vorbereitungen zu den nächsten Europawahlen laufen. Geht es nach dem amtierenden Parlament, soll es in der kommenden Legislatur 716 statt 705 Abgeordnete geben. Der Ministerrat allerdings ist uneins über die Änderungsvorschläge des Parlaments. Der Deutsche Bundestag stimmt trotz Protesten für die Einführung einer Sperrklausel, allerdings frühestens ab 2029.

2024: Das Europaparlament soll wachsen

Mitte Juni hat das Europäische Parlament vorgeschlagen, die Anzahl der Abgeordnetensitze vor der Europawahl im Juni 2024 um 11 auf insgesamt 716 zu erhöhen. Dies spiegele die demografischen Veränderungen in der EU seit den Wahlen 2019 wider. Spanien und die Niederlande sollen je 2 zusätzliche Sitze bekommen, Österreich, Dänemark, Finnland, Slowakei, Irland, Slowenien und Lettland würden im nächsten Jahr eine zusätzliche Person wählen. Für Deutschland ändert sich nichts an der Anzahl von 96 EU-Abgeordneten (MdEP). Die Europaabgeordneten wollen außerdem eine Reserve von 28 Sitzen behalten für MdEP, die in einem künftigen unionsweiten Wahlkreis gewählt werden. Dafür hatte das Parlament im Mai 2022 eine Reform des EU-Wahlrechts vorgeschlagen, zu dem aber noch die Zustimmung des Rates fehlt. Insgesamt darf das EU-Parlament nicht größer werden als 750 Personen plus einen Präsidenten oder eine Präsidentin.

Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten (GAC) hat am 27. Juni über den Parlamentsvorschlag debattiert und sieht besonders im Spitzenkandidatenverfahren und zu einem EU-weiten Wahlkreis auf der Grundlage transnationaler Listen Schwierigkeiten. Mehrere Minister betonten, wie wichtig es sei, die nationalen Besonderheiten bei der Organisation von Wahlen zu respektieren, und äußerten Vorbehalte gegenüber verschiedenen Vorschlägen zur Harmonisierung des Wahlverfahrens in der EU. Die spanische Präsidentschaft wird sich im zweiten Halbjahr 2023 weiter mit dem Vorschlag befassen. Für die Änderung des EU-Wahlrechts müsste Einstimmigkeit herrschen.

Einführung einer Prozenthürde in Deutschland frühestens ab 2029

Der Bundestag hat am 12. Juni während einer öffentlichen Anhörung über eine Sperrklausel bei Europawahlen debattiert und am 15. Juni mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für deren Einführung gestimmt (Protokoll, TOP 15). Dies würde aber frühestens 2029 gelten und die Höhe der Klausel ist unklar, weil dafür eine Änderung des Europawahlrechts erforderlich ist. Auch der Bundesrat muss noch zustimmen.

Zuvor hatte ein Bündnis aus kleineren Parteien, Gemeinderatsvertreter*innen, Stadträten und der Organisation Mehr Demokratie gegen die Einführung einer Prozenthürde bei den Europawahlen protestiert. Die Sperrklausel sei eine „Blaupause zum Abbau der Demokratie“ und stehle umgerechnet etwa 3,2 Millionen Bürgerinnen und Bürgern ihre Stimmen. Bei der Europawahl 2019 seien 8,3 Prozent der Stimmen an Parteien gegangen, die unter einer 2-Prozent-Hürde lägen, und das bei einer Wahlbeteiligung von 61,4 Prozent der 64,8 Millionen wahlberechtigten Deutschen und weiteren Unionsbürger*innen. „Die anti-demokratische Machtpolitik der Ampel schockiert mich. Vielleicht sollte man sich auf überzeugende inhaltliche Politik konzentrieren, statt die Demokratie zu unterwandern“, sagte Damian Boeselager, EU-Abgeordneter von Volt Europa.

Bereits zwei Mal hat das Bundesverfassungsgericht die eingeführte Sperrklausel in Deutschland als nicht rechtmäßig beurteilt: 2011 und 2014. Die Begründung war unter anderem eine fehlende Rechtsgrundlage auf EU-Ebene und der Verstoß gegen die Chancengleichheit von Parteien. Im Reformvorschlag des EU-Parlaments vom Mai 2022 wäre allerdings unter anderem die Einführung einer EU-weiten Sperrklausel enthalten. [jg]

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